Montag, 31. Dezember 2018

Jahresrückblick

Neulich las ich in einem Artikel, auch die Menschen in der Antike nutzten den Jahreswechsel, um Pläne und gute Vorsätze zu formulieren. Einen Beleg dafür habe ich allerdings nicht. Vermutlich waren es nachdenkliche, philosophisch interessierte Leute, die bilanzierten, reflektierten und sich für die Zukunft ermahnten, gesünder zu leben, gelassener zu sein, vielleicht auch großzügiger oder disziplinierter.

Sonntag, 30. Dezember 2018

Europa? Europa!

In einem meiner Texte hatte ich geschrieben, dass Politik nicht in diesen Blog gehört. Zum Jahresende möchte ich eine Ausnahme machen. Wer meinen Roman "Im Banne des Besten" liest, wird darin auch politische, weltanschauliche Gedanken finden, die meine Überzeugungen wiederspiegeln.

Sonntag, 23. Dezember 2018

Fruchtiger Würzwein (rot)

375 ml roter Dessertwein ("Malaga")

250 ml trockener Rotwein, z.B. Merlot

200 ml Apfelsaft

1 Apfel, 1 Lorbeerblatt, 1 Stange Zimt, 1 Sternanis, ½ Teelöffel Kardamom, geschält und im Mörser zerstoßen, 1 Messerspitze Koriander, 4 Wacholderbeeren, Pfeffer aus der Mühle

Den Apfel schälen, entkernen und in Stückchen schneiden. Süßwein, Apfelschalen, Apfelstücke und Gewürze in einen Topf geben und über Nacht ziehen lassen. Am nächsten Tag Apfelsaft und trockenen Wein hinzugeben und erhitzen. Der Würzwein ist fruchtig mit einer angenehmen Schärfe.

Auch diese Glühweinmischung ist kein archäologisches Experiment! Ich wollte Gewürze verwenden, die die alten Römer bereits kannten und verwendeten, aber das Resultat sollte uns schmecken. Die Weine der Römer waren meist sauer und wurden kräftig mit Honig gewürzt. Jenen Schritt wollte ich mir sparen und habe deswegen süßen Wein verwendet. Der Genuss von Glüh- und Würzweinen galt in der Antike als gesundheitsfördernd. Und die Gewürze wurden wirklich auch als Heilmittel eingesetzt. Eine solche Mischung kann durchaus von einem Arzt an Stelle des Mundschenks zubereitet worden sein! Leider waren Zitrusfrüchte wie Orangen und Zitronen weitgehend unbekannt. Apfel und Apfelsaft sorgten aber auch für eine fruchtige Note. Uns hat dieser Rotwein-Glühwein gut geschmeckt.

Guten Appetit! Allen Lesern dieses Blogs wünsche ich ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest!

Samstag, 22. Dezember 2018

Spielsachen und Spiele

Vor dem Weihnachtsfest sind Spielzeuggeschäfte und Discounter voller Menschen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich die Beutel mit Geschenken für unsere vier Kinder kaum nach Hause tragen konnte. Damals hieß es, Listen mit Wünschen abzuarbeiten. Im Zusammenhang mit den Festtagsvorbereitungen wurde mir die Frage gestellt: Wie war das eigentlich mit Spielsachen im alten Rom? Es gab Puppen, Tierfiguren, Gebrauchsgegenstände, die aber nicht wie heute in Massenproduktion hergestellt wurden, sondern in der Regel Einzelstücke waren, von geschickten Leuten selbst angefertigt. Wir kennen sie, da sie Kindern mit ins Grab gegeben wurden.

Sonntag, 16. Dezember 2018

Weißer Würzwein

Zutaten:

375 ml süßer Wein, weiß (Ich habe eine kleine Flasche "Petit Guiraud" verwendet, den es derzeit bei Aldi gibt), 1 Lorbeerblatt, 1 Zimtstange, 1 Sternanis, 1 Messerspitze Kardamom, 2 Wacholderbeeren, leicht zerdrückt, 1 Messerspitze Koriander, 1 Prise geriebene Muskatnuss , etwas Pfeffer aus der Mühle

Den Wein mit den Gewürzen erwärmen und mindestens eine Stunde lang ziehen lassen. Danach noch einmal erhitzen. Durch ein Sieb gießen und genießen.

Mein Versuch, einen Glühwein mit Gewürzen zuzubereiten, die auch im alten Rom schon verwendet wurden, ist kein archäologisches Experiment. Denn dazu hätte man auch Wein benötigt, der dem antiken Wein entsprechen würde. Die Weine der alten Römer hätten uns eher nicht geschmeckt, und mir ging es um ein wohlschmeckendes Resultat. Auf Orange und Zitrone musste ich leider verzichten, da beides damals im Mittelmeerraum noch nicht angebaut und somit auch nicht in der Küche verwendet wurde. Zimt war bekannt und wurde benutzt, im Unterschied zur Gewürznelke, die den Römern zwar als indisches Gewürz geläufig war, aber keine breite Verwendung fand. Kardamom und Koriander wurden benutzt, aber Piment, aus Südamerika stammend, kannte die Antike nicht. Pfeffer hingegen war begehrt und wurde gern benutzt. Die Muskatnuss ist ein Streitfall. Ich habe mich beim Weißwein entschieden, sie zu verwenden, aber es ist nicht erwiesen, ob die alten Römer sie schon kannten. Die eher sauren Weine der damaligen Zeit wurden mit Honig gesüßt. Oft wurde Würzwein auch kalt getrunken. Ich habe süßen Wein verwendet, um nicht mit Honig panschen zu müssen. Natürlich kann man auch einen preisgünstigeren Wein verwenden. Ich stelle Glühwein gern aus Wein her, den ich auch ohne Zusätze gern trinken würde. Der selbst hergestellte Glüh-oder Würzwein ist erfahrungsgemäß bekömmlicher als fertig gekaufter.

Mein Mann und ich haben mehrere Versuche verkostet und diese Mischung hat uns gut geschmeckt: angenehm würzig, aber nicht zu süß. Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren und einen schönen dritten Advent! Die alten Römer feierten übrigens weder Advent, noch Weihnachten, sondern Saturnalien - worüber ich hier schon geschrieben habe.

Samstag, 15. Dezember 2018

Phaedimus, ein vielseitiger Diener Kaiser Trajans

Marcus Ulpius Phaedimus war, wie wir aus einer Inschrift wissen, Mundschenk Kaiser Trajans, dessen Chef-Liktor und Sekretär. Er starb am 12. August des Jahres 117 in Selinus, wenige Tage nach Trajan selbst, im Alter von 28 Jahren. Die Inschrift besagt weiterhin, dass die sterblichen Überreste des Phaedimus zwölf Jahre nach seinem Tod, im Februar 130, mit Erlaubnis des Kollegiums der Pontifices nach Rom überführt wurden. Die Inschrift wurde von Valens Phaedimianus, dem Freigelassenen des Phaedimus, gestiftet. Um den Tod Trajans und die Adoption Hadrians ranken sich schon seit der Antike Gerüchte und Spekulationen. Der Tod des Phaedimus kurz nach dem Ableben des Imperators trug dazu bei. Was war in Selinus geschehen? Hat Trajan noch die Entscheidung über seine Nachfolge treffen können? Wurde die Adoption Hadrians nur vorgetäuscht? Hat Phaedimus Dinge gesehen oder gehört, die er besser nicht erfahren hätte und die ihn letztlich das Leben kosteten?

Sonntag, 9. Dezember 2018

Die Jagd, ein aristokratischer Sport

Von einigen römischen Kaisern ist überliefert, dass sie leidenschaftliche und geübte Jäger waren. Dazu zählen Trajan und besonders Hadrian. Letzterer ließ sogar eine Stadt nach seinen Jagden benennen, verfasste Gedichte zu Ehren seiner Jagdhunde und seines Lieblingspferdes, dem nach dem Tode ein Grabmal errichtet wurde. Borysthenes - "Dnepr" - hieß der Hengst. Die Überlieferung über Trajans Jagdleidenschaft verdanken wir dem Panegyrikus des Plinius. Er beschreibt Trajans Mußestunden mit der dem Text eigenen Überhöhung: Der beste Kaiser Roms verbrachte seine Freizeit natürlich mit einer ehrenhaften Tätigkeit, die eine lange Tradition hatte, die seinen Mut, seine Stärke und seine Klugheit herausforderte. Der Jäger bewahrte seit eh und je das kultivierte Land vorm Eindringen des Wildes. Künftige Heerführer übten sich in der Jagd - und all dies stimmte. Gar zu exzessiv wird Trajan seiner Leidenschaft nicht nachgegangen sein. Er war Rationalist, Realpolitiker, wie ihn Hildegard Temporini nannte. Gewiss litten die Regierungsgeschäfte nicht unter seinem Hobby.

Sonntag, 2. Dezember 2018

Bildnisse Kaiser Trajans

Die wenigsten Bewohner des römischen Imperiums bekamen den Kaiser je persönlich zu sehen. Aber Dank der vielen Bildnisse, die in der Öffentlichkeit aufgestellt wurden, hatte jeder eine Vorstellung vom jeweils regierenden Herrscher. Die Porträts des Kaisers zierten die Münzen. Allein auf diesem Weg war das Herrscherbild bei jedem Römer präsent. Unter den Münzporträts Trajans finden sich viele gelungene und charakteristische. Öffentliche Gebäude und Plätze wurden mit Herrscherstatuen geschmückt. Auch Bildnisse der Vorgänger konnten dort stehen, sofern ihr Andenken nicht geächtet worden war. In öffentlichen Gebäuden, auf Ehrenbögen und -Monumenten befanden sich Statuen oder Porträtbüsten, nicht nur in Rom, sondern auch in den Provinzen. An Feldzeichen waren Kaiserbildnisse angebracht. Rissen die Soldaten diese von den Feldzeichen, war das Rebellion. So etwas passierte unter Trajan jedoch nicht.

Sonntag, 25. November 2018

Der Saturninus-Aufstand im Jahr 89

Mitte der achtziger Jahre befand sich das Römische Imperium in einer außenpolitischen Krise. Verlustreiche Auseinandersetzungen mit dem aggressiv und selbstbewusst agierenden Dakerreich sowie den Quaden, Jazygen und Markomannen verlangten Kaiser Domitian, seinen Beratern und seinen Truppen alles ab. Zu einem Zeitpunkt, als Rom die Situation wieder unter Kontrolle hatte, folgte ein innenpolitisches Ereignis, das Erinnerungen an das Bürgerkriegsjahr 69 aufleben ließ.

Donnerstag, 22. November 2018

Ein Roman über Trajan und das römische Imperium

In Sachsen ist heute Feiertag. Ich büße und bete nicht, sondern gehe ein wenig in mich. Die vergangenen Monate stimmen mich froh und dankbar. Der Roman, an dem ich viele Jahre lang gearbeitet habe, ist erschienen. Ich freue mich über die Anerkennung, die mir zuteilwurde. Natürlich ist mir auch Kritik willkommen. Es ist gut möglich, dass ich den Roman nach einigem zeitlichen Abstand überarbeite. Manche Flüchtigkeitsfehler habe ich übersehen. Das Cover kann noch verbessert werden. Aber ich werde das Buch nicht komplett neu schreiben, denn es entspricht im Großen und Ganzen meinen Vorstellungen.

Sonntag, 18. November 2018

Das Vierkaiserjahr 69

Wenn man sich mit den dramatischen Ereignissen jenes Jahres beschäftigt, wundert man sich darüber, dass das Römische Imperium daraus wieder als Einheit hervorging und zu einer langen Phase der Stabilität zurückfand. Gaius Julius Vindex, Statthalter der Provinz Gallia Lugdunensis, ein Senator aus Aquitanien (der Gegend um das heutige Bordeaux), erhob sich im Frühjahr des Jahres 68 gegen Kaiser Nero. Er fand breite Unterstützung und konnte ein Heer aufstellen. Vindex war gegen die ausschweifende Lebensweise des Kaisers und wollte ihn stürzen, jedoch nicht selbst herrschen. Als Sohn eines Senators hätte er das dazu nötige Sozialprestige gehabt, aber es sollten noch dreißig Jahre vergehen, bis mit Trajan ein Senator provinzialer Herkunft Kaiser wurde.

Sonntag, 11. November 2018

War Trajan ein Bewunderer Neros?

Aurelius Victor, ein spätantiker Geschichtsschreiber, der im vierten Jahrhundert lebte, überliefert eine seltsam anmutende Äußerung Kaiser Trajans, kein Kaiser hätte das Imperium so gut regiert wie Nero in seinen ersten fünf Jahren. Aus dieser Bemerkung, die nirgendwo anders auftaucht, zogen manche Autoren die Konsequenz, Trajan hätte Nero geschätzt. Man kann die angebliche Bemerkung Trajans durchaus bezweifeln. Antike Autoren fühlten sich nicht der Objektivität verpflichtet, sondern sie schrieben für ein Publikum, das unterhalten werden wollte und Skandale,"sex and crime" sowie Übertreibungen liebte.

Sonntag, 4. November 2018

Kaiser Nerva

Als Domitian am 18. September 96 von Verschwörern getötet wurde, war das Amt des Princeps frei geworden - doch für wen? Mögen manche Senatoren noch der alten Republik nachgetrauert haben, wird doch niemand ernsthaft daran gedacht haben, die Monarchie zu beseitigen, die sich längst etabliert hatte. Die Senatoren wählten einen der ihren, den 65jährigen Marcus Cocceius Nerva, zum Kaiser. Vermutlich hatte es zuvor schon Absprachen darüber gegeben.

Mittwoch, 31. Oktober 2018

Schwimmen im alten Rom

Ich war wieder einmal in einer Therme und konnte mir dort einige Gedanken machen. Dieses Mal dachte ich nicht über die römischen Thermen nach, sondern über das Schwimmen. Es ist, ich gebe es gern zu, mein neuer Lieblingssport. Allerdings war ich etwas enttäuscht: Der Badebetrieb in einer Therme ist für jemanden, der schwimmen üben möchte, nicht ausgelegt. Ich hatte gehofft, im Außenbecken bei ungemütlichem Wetter und kaltem Wind Platz zu haben, aber dem war nicht so. Das Außenbecken war genauso beliebt wie die Innenbecken. Und drinnen war erst recht kein Platz, um zügig ein paar Bahnen zu schwimmen.

Sonntag, 28. Oktober 2018

Die Flavier: Domitian

Die antiken Quellen, deren Verfasser der Oberschicht angehörten, verurteilen Domitian als einen Tyrannen vom gleichen Schlag wie Caligula und Nero. Aber auch sie gaben zu, dass der dritte flavische Kaiser das Reich sorgfältig verwaltete, gewissenhaft Recht sprach und beim Heer beliebt war. Selten arbeiteten die Beamten so ehrlich und uneigennützig wie unter Domitian. Moderne Historiker betrachten seine Regierung differenziert, sind skeptisch gegenüber den Tyrannen-Klischees, die nachträglich über den Kaiser verbreitet wurden. Aber gerät man unweigerlich ins Psychologisieren, wenn man versucht, seine Persönlichkeit zu erfassen.

Sonntag, 21. Oktober 2018

Die Flavier: Titus

Titus Flavius Vespasianus, der Sohn Kaiser Vespasians, wurde am 30. Dezember 39 geboren. Die Familie lebte in relativ einfachen Verhältnissen. Als Vespasian unter Claudius Karriere machte, wurde Titus zusammen mit Britannicus, dem Sohn des Kaisers, erzogen. Die Quellen beschreiben ihn als vielseitig talentiert und liebenswürdig. Bei Hofe war ihm eine vorzügliche Erziehung und Ausbildung sicher. Vermutlich hat auch Caenis, die Gönnerin und Geliebte Vespasians, darauf Einfluss genommen.

Sonntag, 14. Oktober 2018

Die Flavier: Vespasian

"Die Flavier" von Hermann Bengtson ist eine der wenigen umfassenden Darstellungen jener Dynastie und trotz der widersprüchlichen Persönlichkeit des Verfassers empfehlenswert - im Unterschied zu Auszügen aus dem Werk Suetons, die zwar als Quelle ihren Wert haben, aber kritisch betrachtet werden sollten. Bereits im Vorwort schrieb Bengtson: "Traian steht auf den Schultern seiner Vorgänger, in manchen Einzelheiten hat er an die Flavier wieder angeknüpft".

Sonntag, 7. Oktober 2018

Hilfstruppen (Auxilia)

Die Legionen waren die Kerntruppe des römischen Heeres. Sie wurden aus römischen Bürgern rekrutiert und waren in Provinzen mit strategischer Bedeutung stationiert. Aber sie machten nicht das gesamte Heer aus. Hilfstruppen, in den Provinzen rekrutiert, wurden seit Augustus nach dem Vorbild der Legionen organisiert. Ihre Kommandanten waren römische Bürger, meist ehemalige Legionscenturionen. Die Grenzen des Imperiums wurden von Hilfstruppen geschützt; die Legionslager befanden sich meist nicht direkt an der Grenze. Ein typisches Beispiel ist das Mainzer Legionslager, das sich auf dem Gebiet der heutigen Oberstadt erstreckte, während die Grenze im Taunus verlief.

Sonntag, 30. September 2018

Publius Cornelius Tacitus

Tacitus, einer der berühmtesten Schriftsteller unter den römischen Politikern, lebte und wirkte unter Trajans und Hadrians Herrschaft. Er war unter Vespasian in den Senat aufgenommen worden und galt als erfolgreicher Anwalt und Gerichtsredner. Man muss bedenken, dass er diese Tätigkeit nicht zur Existenzsicherung ausübte, sondern ehrenamtlich - wie alle Senatoren, die ihre Einkünfte aus ihrem Vermögen bezogen. Über die Stationen seiner Ämterlaufbahn gibt es diverse Vermutungen, aber kaum Belege.

Sonntag, 23. September 2018

Gaius Suetonius Tranquillus

Der Kaiserbiograf Sueton zählt zu jenen historischen Persönlichkeiten, die in meinem Roman "Im Banne des Besten" nicht in Erscheinung treten. Ich musste eine Auswahl an Personen treffen, und für Sueton fand ich schlicht keinen passenden Auftritt in meiner Geschichte. Aber wer sich für die frühe römische Kaiserzeit interessiert, kommt an seinen Kaiserbiografien (De vita Caesarum) nicht vorbei.

Dienstag, 18. September 2018

18.09.18 Geburtstag im Feld

Heute vor 1965 Jahren wurde Kaiser Trajan geboren. Das Datum ist überliefert. Kaiser Domitian wurde an einem 18. September (96) ermordet, und Plinius der Jüngere sah darin einen schicksalhaften Zusammenhang.

Sonntag, 16. September 2018

Trajan und der Obergermanisch-Raetische Limes

Wenn wir in Deutschland vom Limes sprechen, ist meist der Obergermanisch-Raetische Limes gemeint, jene Befestigungslinie, die die Römer zwischen Rhein und Donau errichteten und die seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Immer wieder vergleichen Autoren und Journalisten den Limes mit neuzeitlichen Grenzsicherungsanlagen - mehr oder weniger zutreffend (meiner Meinung nach eher weniger).

Sonntag, 9. September 2018

Centurionen

Ein römischer Centurio in Paradeuniform muss einen beeindruckenden Anblick geboten haben. Man erkannte ihn an seinem quer verlaufenden Helmbusch, seinen Beinschienen und den vielen Medaillen und Auszeichnungen, die er trug. Aber auch im Alltag strahlte er Autorität aus. Er trug einen Rebstock bei sich, den er zur Züchtigung der Soldaten gebrauchte.

Sonntag, 2. September 2018

Tribunenhäuser in Vindobona

In den Standlagern der Legionen bewohnten die Tribunen eigene Häuser. Sie zählten neben dem Haus des Legionslegaten oder Statthalters (Prätorium) und dem Stabsgebäude (Principia) zu den größeren Bauten im Lager. Die Soldaten waren in Baracken untergebracht. Acht Mann bildeten ein Contubernium, eine Zimmergemeinschaft oder, im Feldlager, eine Zeltgemeinschaft. Die Soldaten lebten zu acht in einer Kammer und schliefen vermutlich in Etagenbetten. Zehn Contubernien bildeten eine Centurie. Der Kommandant der Einheit, der Centurio, besaß eine Dienstwohnung am Kopfende der Mannschaftsbaracke.

Samstag, 25. August 2018

Wenn die Romanfiguren im Urlaub anklopfen

Wir sind in den Bergen, weit weg vom Alltag. In den Alpen angekommen, konnte ich sofort abschalten, was ja zur Erholung wichtig ist. Aber nun, da die verbleibenden Urlaubstage gezählt sind, denke ich wieder öfter an meine Romanfiguren.

Sonntag, 19. August 2018

Militärtribunen

Ein Militärtribun war ein adliger Offizier in der römischen Armee. In Historienfilmen und historischen Romanen ist dieser Rang sehr beliebt; hochrangige Feldherren sind darin meist Tribunen. In Wirklichkeit waren Tribunen eher zweit- oder drittrangige Kommandanten.

Sonntag, 12. August 2018

Trajanus pater und Marcia: die Eltern Kaiser Trajans

Marcus Ulpius Trajanus, der Vater des späteren Kaisers und im Unterschied zu diesem Traianus pater genannt, wurde etwa 30 n. Chr. geboren. Entweder unter Claudius oder unter Nero wurde er in den Senat aufgenommen. Man kann das ungefähre Alter eines Senators aus seinen Ämtern erschließen.

Sonntag, 5. August 2018

Der Partherkrieg Trajans

Im Herbst des Jahres 113 verließ Kaiser Trajan mit seinen Gardeeinheiten Rom und brach zum Partherkrieg auf. Für jenen Feldzug ist die Überlieferung, wie für Trajans gesamte Regierung, sehr spärlich. Der parthische König Osroes oder Chosroes, der zu jenem Zeitpunkt mit zwei weiteren Königen um das Großkönigtum im Partherreich konkurrierte, setzte den Klientelkönig Roms in Armenien ab und ersetzte ihn durch seinen Wunschkandidaten. Damit verstieß er gegen den Vertrag von Rhandeia, der im Jahr 63 geschlossen worden war.

Sonntag, 29. Juli 2018

Wer will der Beste sein?

Mir wurde kürzlich die Frage gestellt, worin ich die Beste sein möchte. Der Fragesteller kannte weder meinen Roman, noch dessen Titel. Ich habe seine Frage nicht in positivem Sinne beantworten können. Aber sie beschäftigt mich. Wollte ich überhaupt jemals in irgendeinem Bereich die Beste sein? Auf den "Optimus Princeps" Trajan bezogen, lässt sich der Sachverhalt einigermaßen fassen und definieren. Er galt zunächst als "bester Kaiser", und zwar von Anfang seiner Regierung an.

Sonntag, 22. Juli 2018

Das Buch X der Briefsammlung des Plinius

Die Briefsammlung Plinius des Jüngeren ist vollständig überliefert. Die Kunstbriefe der Bücher I-IX waren zur Veröffentlichung bestimmt und geben einen guten Überblick über das Leben der Oberschicht im alten Rom zu Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts. Nach dem Tod des Plinius (um 113-115) wurde seine amtliche Korrespondenz mit Kaiser Trajan gefunden und der Briefsammlung als X. Buch hinzugefügt. Diesem Glücksumstand verdanken wir ein einzigartiges Zeugnis über die römische Provinzialverwaltung und Trajans Regierungsgrundsätze.

Sonntag, 15. Juli 2018

Der Panegyrikus des Plinius

Im Jahr 100 wurde Plinius der Jüngere Nachfolgekonsul. Es war üblich, dass der Konsul beim Amtsantritt in einer Senatsrede dem Kaiser dankte. Plinius entschied sich, seine Dankesrede an Trajan ausführlicher zu gestalten und in einem Buch zu veröffentlichen.

Mittwoch, 11. Juli 2018

"Im Banne des Besten" nun auch als e-Book erhältlich

Mein Roman über Kaiser Trajan und seine Zeit ist nun auch als e-Book bei tredition erhältlich und wird innerhalb der nächsten Tage in allen wichtigen e-Book-Shops verfügbar sein. Das e-Book ist ein echtes Schnäppchen!

Sonntag, 8. Juli 2018

Romanschauplatz Lanuvium

Lanuvium, heute Lanuvio, liegt 34 Kilometer südöstlich von Rom in Latium. Der Ort ist auf einem Ausläufer der Albanerberge erbaut. Man hat von dort aus einen schönen Ausblick bis zum Meer. Ein wahrhaft idyllischer Ort und bereits in der Antike bedeutsam durch mehrere Tempel, vor allem den der Göttin Juno. Ich war leider noch nicht dort, kann mir den Ort aber mit Hilfe zahlreicher Fotos relativ gut vorstellen. Die Familie des Laberius Maximus, einer meiner Hauptfiguren, stammte von dort.

Sonntag, 1. Juli 2018

Antike Skulpturen in Dresden

Gestern war Dresdner Museumsnacht, wie immer eine schöne Veranstaltung mit besonderer Atmosphäre. Es gibt in meiner Heimatstadt eine Skulpturensammlung, besser gesagt, die Überreste davon. Jahrelang wurden antike Skulpturen, Originale, wohlgemerkt, im Albertinum gezeigt. Ich war gern dort und habe mir all die wirklich schönen Bildnisse und Statuen angesehen. Heute fristen diese Werke ein Schattendasein.

Samstag, 30. Juni 2018

Der Antiheld

Ich schrieb, dass mich Kaiser Trajan als historische Persönlichkeit motiviert. Motivation ist sehr wichtig, wenn man an einem Roman arbeitet. Mein Buch handelt vom Vorzeigekaiser Roms und von dessen nahezu idealer Gattin. Plinius der Jüngere berichtet vom "zuchtvollen Schweigen" im Palast Trajans (Panegyrikus, 47,6). Die Kaiserin Plotina nennt er sanctissima femina, übersetzt so viel wie "höchst ehrenwerte Frau" oder "Muster weiblicher Tugend") (Plinius der Jüngere, Briefe, IX, 28). Für die Zeitgenossen des Herrscherpaares war es zweifellos angenehm, dass die beiden bemüht waren, sich ihrer Position würdig zu erweisen. Aber man spürt auch, wie autoritär das gesellschaftliche System bereits ausgerichtet war,

Sonntag, 24. Juni 2018

Der ideale Monarch?

Kaiser Trajan kam dem Herrscherideal im alten Rom sehr nahe. Und ich will gar nicht bestreiten, dass eine Persönlichkeit wie er an der Spitze eines Staates für Stabilität sorgen kann. Dass die Monarchie als Staatsform aber auch enorme Risiken in sich birgt, zeigen jene Fälle, in denen Kaiser ihrem Amt nicht gewachsen waren wie Commodus oder Domitian in seinen letzten Jahren oder der Princeps gar geistesgestört war wie Caligula.

Mittwoch, 20. Juni 2018

Im Banne des Besten

Als ich Anfang April des vergangenen Jahres diesen Blog eröffnete, rechnete ich damit, ihn maximal bis zum Jahresende zu betreiben. Ich hatte die Arbeit, die bis zur Veröffentlichung meines historischen Romans noch vor mir liegen würde, gewaltig unterschätzt. Aber nun ist es soweit: das Buch ist fertig und ab sofort bei tredition erhältlich.

Sonntag, 17. Juni 2018

Wohltätigkeit und Sozialfürsorge

Im letzten Text bin ich geradezu panegyrisch geworden. Die Großzügigkeit reicher Privatleuten, an deren Spitze der römische Kaiser stand, mutet heutzutage etwas seltsam an, so dass man sich fragt: Warum taten diese Leute so etwas? Warum bauten sie sich nicht die einundzwanzigste Landvilla oder feierten täglich Luxuspartys?

Schon Kaiser Augustus soll auf dem Sterbebett geäußert haben, er habe eine Stadt (Rom) aus Ziegeln vorgefunden und eine aus Marmor hinterlassen. (Sueton, Augustus, 28,3). Alle Kaiser bemühten sich, Rom und zunehmend auch Italien zu verschönern. Ihrer Freigebigkeit folgten die Angehörigen der Oberschicht, um ihren Reichtum und ihre Großzügigkeit öffentlich zu präsentieren und - in Stein gemeißelt - der Nachwelt zu hinterlassen. Manche Römer verschwendeten aber auch Riesensummen für privaten Luxus. Diejenigen, die Wert auf eine positive Wirkung in der Öffentlichkeit legten, hielten in ihren privaten Aufwendungen Maß und zeigten sich den Städten gegenüber großzügig, in denen sie lebten oder zu denen sie gute Beziehungen pflegten. Dies tat auch Trajan, einer der mächtigsten Herrscher des römischen Imperiums.

Die damalige Gesellschaft war auf privates Engagement dringend angewiesen. Die Unterschichten lebten in Armut, viele Menschen waren unterernährt. Eine staatliche Sozialfürsorge gab es nicht. Reiche Römer unterstützten ihre Klienten, Freigelassenen und sonstige Anhänger mit Geld, Fürsprache und auch Lebensmittelspenden. Auch die kostenlose Getreideversorgung sollte Elend in der Stadt Rom lindern, wenn auch jene Spenden lediglich ein Zubrot waren. In ihrer Not setzten Eltern ihre Kinder aus oder verkauften sie in die Sklaverei. Vielen Angehörigen der Unterschichten blieb nur das Betteln oder die Prostitution.

Dagegen waren Senatoren und der Kaiser geradezu unermesslich reich. Das Streben nach Ruhm stand ganz oben im römischen Wertekanon. Also war es naheliegend, großzügig zu sein und in der öffentlichen Wohltätigkeit auch miteinander zu konkurrieren. Der Kaiser stand freilich außerhalb jeglicher Konkurrenz durch Senatoren. An ihm lag es, mit gutem Beispiel voranzugehen, so dass Senatoren und angesehene Provinzbewohner folgten.

Die Alimentarstiftung, die Kaiser Nerva initiierte und die Trajan umsetzte und ausbaute, war so etwas wie eine Sozialfürsorge, ein monatlicher Betrag zur Versorgung frei geborener Kinder in mehreren Städten Italiens. Der Kaiser stellte eine Summe aus dem Fiscus zur Verfügung, woraus verschiedenen Privatleuten Darlehen gewährt wurden. Diese verpfändeten einen wesentlich höheren Wert an Grundbesitz und zahlten einen Zinsbetrag von fünf Prozent an die jeweilige Stadt zurück. Mit diesem Geld wurden die Kinder unterstützt.

Plinius der Jüngere folgte dem Beispiel des Imperators und stiftete 500.000 Sesterzen, aus deren Darlehenszinsen Kinder in seiner Heimatstadt Comum unterstützt wurden. Aber Privatleute spendeten auch Bauten wie Straßen, Wasserleitungen, Bäder, Tempel und öffentliche Gebäude. Licinius Sura, engster Freund und Berater Trajans, ließ auf dem Aventin in Rom Thermen erbauen. Dion Chrysostomos, der zeitweise am Hof Trajans weilte, ließ in seiner Heimatstadt Prusa eine Säulenhalle und eine Bibliothek errichten. Aus den Briefen des jüngeren Plinius wissen wir von ehrgeizigen Bauprojekten in verschiedenen Städten. Dabei kam es auch zu Neid gegenüber spendablen Bauherren, oder zu Kritik.

Öffentliche Wohltaten waren eine Möglichkeit für vermögende Römer, sich als Stifter zu präsentieren und ihr Umfeld zu verschönern. Noch heute künden Inschriften von der Großzügigkeit jener Privatleute. Von Trajan sind unzählige Baumaßnahmen in Rom, Italien und in den Provinzen bekannt. Mit diesem Engagement folgte er seinen Vorgängern, aber es gelang ihm auch, sie öfter zu übertreffen. Zahlreiche Inschriften, Reliefs und Statuen beziehen sich auf ihn und seine Familie. Er sicherte sich durch seine Politik lang anhaltenden Ruhm und einen Platz als herausragender Herrscher in der Geschichte, handelte also nicht uneigennützig. Aber man konnte in der Geschichte auch negative Berühmtheit erlangen. Und ebenso war es möglich, ein Vermögen ausschließlich für privaten Luxus einzusetzen. Es geht mir nicht darum, privates Engagement herabzusetzen, sondern es differenziert zu betrachten.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus: "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Private Freigebigkeit und die Verschönerung von Stadtbildern", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Karl Strobel: "Kaiser Traian. Eine Epoche der Weltgeschichte", darin: Die Sorge für Italien - Pater Patriae, Verlag Pustet, Regensburg, 2010, ISBN 978-3-7917-2172-9

Sonntag, 10. Juni 2018

Straßen und Häfen

Vom Bau des Hafens bei Centumcellae - Civitavecchia habe ich bereits erzählt. Es ist ein besonderes Glück, dass Plinius der Jüngere Augenzeuge war und in seiner überlieferten Briefsammlung davon berichtete. Aber noch bedeutsamer war der Ausbau des Hafens von Ostia in unmittelbarer Nähe zu Rom.

Jener Hafen "portus" befand sich etwa 3 Kilometer vor der Stadt Ostia. Dort legten bereits seit der frühen Kaiserzeit die Getreideschiffe aus Ägypten und Nordafrika an. Schon vor Trajan wurde der Hafen mehrmals um- und ausgebaut, war er doch nicht nur zur Versorgung der Millionenstadt Rom unverzichtbar, sondern auch von strategischer Bedeutung. Kaiser Claudius ließ ein geschütztes Hafenbecken erbauen, aber die Baumaßnahmen gestalteten sich als so kompliziert, dass sie erst unter Nero vollendet wurden. Leider bot jener Bau noch nicht genügend Schutz: Im Jahr 62 wurden während eines Sturms 200 Schiffe im Hafen zerstört (Tacitus, Annalen 15.18).

Trajan nahm sich bald nach seinem Regierungsantritt der Aufgabe an, den Hafen sicher auszubauen. Die Arbeiten dazu dauerten während seiner gesamten Regierungszeit, immerhin 19 Jahre, an. Auch später wurden sie fortgesetzt. Dabei waren Fachleute am Werk. Der Hafen hatte die Form eines Sechsecks, war fast vier Meter tief und etwa 32 ha groß. Er befand sich landeinwärts hinter dem Hafen des Claudius und war durch einen Kanal mit Rom und dem Tiber verbunden. Es gab genügend Ankerplätze und Flächen, um mehrere große Schiffe zu entladen, außerdem Magazine mit Verwaltungsräumen in unmittelbarer Nähe. Auch die Stadt Ostia erlebte durch die Baumaßnahmen Trajans einen Aufschwung.

Während der Regierung Kaiser Trajans fanden in allen Häfen Italiens Bauarbeiten statt. Damit war es jedoch nicht getan. Dem Imperator war auch an der Verbesserung der Handelswege auf dem Land gelegen. Er ließ eine Straße von Beneventum nach Brundisium bauen, die nach ihm benannt wurde. Dies war ein Abzweig der Via Appia, der den Süden Italiens besser an die Hauptstadt anbinden sollte. Die Straße war von hoher Qualität, gepflastert mit Granitsteinen. Aus Inschriften wissen wir, dass der Kaiser den Bau der Straße aus seinem Privatvermögen finanzierte. Die erforderlichen Mittel werden auf mindestens zwanzig Millionen Sesterzen geschätzt. (Wir erinnern uns an das Mindestvermögen eines Senators von einer Million Sesterzen!). Zum Dank wurde dem Herrscher der Ehrenbogen in Benevent im Jahr 114 geweiht. Solche Ehrungen beauftragte der Senat, und die Kosten dafür übernahm das Aerarium, die Staatskasse.

Vom Ehrenmonument zurück zum Straßenbau. Die Kaiser sorgten durch spektakuläre Baumaßnahmen dafür, dass die Reisewege bequemer wurden. Bei Terracina wurde ein Felsen abgetragen, damit man auf Höhe der Küste weiterreisen konnte, ohne einen Berg überwinden zu müssen. Brücken überwanden Täler, und Tunnel sorgten für Abkürzungen und mehr Bequemlichkeit. All diese Maßnahmen sollten vielen Menschen Arbeit verschaffen, aber auch die Versorgung der Bevölkerung mit verschiedensten Gütern sicherstellen.

Kaiser Trajan lebte und wirkte in der Überzeugung, ein Reich in Blüte, allgemeinem Wohlstand und Freiheit zu regieren. Davon zeugen unter anderem Äußerungen in seinen amtlichen Schreiben (Plinius, Briefe, X,89 und X,97). Die Lobrede des Plinius, der Panegyrikus, hat immer wieder Anlass zu Kritik gegeben. Zur Freizügigkeit jener Epoche kann man auch rechnen, dass der Finanzfachmann Plinius (er verwaltete zeitweise die Staatskasse, das Aerarium) den Kaiser für seine Verwaltung und Offenlegung des Fiscus, seines Privateinkommens, loben konnte, ohne dass dies als Anmaßung verstanden wurde. Den Titel "Optimus Princeps" hat sich Trajan nicht selbst verliehen. Er war bereits in aller Munde, als er die Macht übernahm. Darin lagen Erwartungen des Senats, die der Princeps annahm. Der Bau der Via Traiana ist vielleicht eines der löblichsten Zeugnisse seines öffentlichen Wirkens.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus: "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Die Bautätigkeit Traians in Italien", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Heiner Knell: "Kaiser Trajan als Bauherr", WGB (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) Darmstadt, 2010, ISBN 978-3-534-23659-6

Dienstag, 5. Juni 2018

Römermuseum in Nîmes

Brandaktuelle Meldung in den Medien! Ich verweise auf die Sächsische Zeitung: In Nîmes in der Provence wurde ein (äußerlich) futuristisches Römermuseum eröffnet.

Mir ist es wichtig zu erwähnen, dass Trajans Gattin, die Kaiserin Plotina, aus Nemausus, dem heutigen Nîmes stammte. Gallien und Spanien waren die ältesten Provinzen Roms und stellten Ende des ersten/Anfang des zweiten Jahrhunderts bereits die führenden Männer Roms - und deren Ehefrauen. Noch heute sind in Nîmes beachtliche römische Ruinen zu bewundern. Das wäre also auch ein interessantes Reiseziel.

Sonntag, 3. Juni 2018

Sextus Julius Frontinus

Ich habe im Roman bezüglich der historisch belegten Personen eine Auswahl treffen müssen. Frontinus, der von 97 bis zu seinem Tod im Jahre 103 die Aufsicht über die Aquädukte der Stadt Rom hatte, ist nicht von der Partie. Dafür entschied ich mich nicht etwa, weil ich wenig über ihn zu erzählen wüsste, sondern eher, weil er zu viel Raum beansprucht hätte.

Wie Julius Ursus, der Prätorianerpräfekt Domitians, zählte Frontinus zu jenen Männern, die Trajan zur Macht verhalfen. Als der Kaiser Anfang 100 Konsul war, wählte er nacheinander Julius Ursus und Julius Frontinus zu Kollegen. Beide wurden zum dritten Mal Konsul gemeinsam mit dem Kaiser, der ebenfalls zum dritten Mal Konsul war. Dies war eine außergewöhnliche Ehrung. Plinius berichtet im Panegyrikus davon, ohne die Namen der beiden Männer zu nennen, und erwähnt, dass sie dem Kaiser große Dienste im zivilen Leben geleistet hatten. Frontinus war damals schon ein älterer Mann, der der gleichen Generation wie Trajans bereits verstorbener Vater und auch Nerva angehörte.

Es ist auch die Persönlichkeit eines Mannes wie Frontinus, die dafür spricht, dass sich im Jahr 97 der bessere Kandidat um die Nachfolge Nervas durchsetzte. Beide Männer, Julius Ursus und Julius Frontinus, einte die Tatsache, dass sie neue Männer im Senat waren. Trajans Vater war bereits Patrizier und hatte die höchsten Ämter bekleidet. Sein Sohn war der geeignete Kandidat einer engagierten Gruppe, die einen Bürgerkrieg vermeiden wollte.

Frontinus war nacheinander Statthalter von Britannien und Niedergermanien gewesen. Wahrscheinlich war er Prokonsul von Asia - dies war eins der höchsten Ämter der senatorischen Laufbahn. Anschließend wurde ihm die Aufsicht über die Aquädukte der Stadt Rom übertragen. Frontinus erkannte, dass er sich umfassend einarbeiten musste, um sein Amt verantwortungsvoll auszuüben. Er verfasste seine Schrift "De aquaeductu urbis Romae" über die Wasserversorgung der Stadt Rom im Rahmen seiner eigenen Qualifikation. Ihm war bewusst, dass das Buch seinen Nachfolgern die Einarbeitung in ihr Amt erleichtern würde. Die Versorgung der römischen Bevölkerung mit Wasser war eine Aufgabe von politischer Dimension. Ihre Verwaltung wurde nur zuverlässigen und bewährten Personen übertragen.

Außerdem brachte Frontinus mehrere Bücher über Kriegslisten heraus. Diese lesen sich erstaunlich unterhaltsam. Die Abhandlung über die Wasserleitungen Roms habe ich noch nicht gelesen. Frontinus starb während seines letzten Amtes. Plinius der Jüngere berichtet, dass er ein Denkmal für sich ablehnte (Briefe, 9, 19,6). Seine Tochter Julia Frontina war mit Sosius Senecio verheiratet, einem einflussreichen Freund und Berater Kaiser Trajans, der außerdem sehr gebildet war - Plutarch widmete ihm seine Parallelbiografien. Senecio war auch Freund Hadrians. Die Tochter des Senecio und Enkelin des Frontinus wurde mit einem ebenfalls bedeutenden Mann verheiratet, Pompejus Falco, der uns zu einem späteren Zeitpunkt interessieren wird.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus. "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Traian - Der Weg zum Kaisertum", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Plinius der Jüngere, Briefe, IX, 19, Philipp 'Reclam Jun., Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4

Wikipedia

Sonntag, 27. Mai 2018

Der Kaiser in der Sommerfrische

Über das Privatleben Kaiser Trajans wissen wir nur wenig. Plinius erwähnt in seiner Briefsammlung einen Landsitz des Imperators bei Centumcellae, wo dieser nicht nur Mußestunden verbrachte, sondern Besprechungen und Gerichtsverhandlungen abhielt. Plinius gehörte zeitweise seinem Beraterstab an. Er erzählt auch von Erholungszeiten und abendlichen Gastmählern. Centumcellae heißt heute Civitavecchia und die kaiserliche familia sowie sonstige Besucher erreichten die Villa gewiss über die Via Aurelia, die immer noch als Straße genutzt wird.

Vor zehn Jahren waren mein Mann, unsere Tochter und ich nicht nur in Rom, sondern anschließend auch ein paar Tage in Civitavecchia. Wo genau sich die Villa Trajans befand, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Nach Plinius war das Landhaus sehr schön und lag direkt an der Küste. Ringsum erstreckten sich grüne Felder. In der Bucht war mit dem Bau eines Hafens begonnen worden, der den Namen des Imperators tragen sollte. Der Baubeginn wird auf 107 datiert. Der zweite Dakerkrieg war beendet; der Kaiser hielt sich wieder in Rom und gelegentlich auf seinen Landgütern auf. Plinius konnte beobachten, wie ein Schiff große Steine brachte, die im Meer zu einer künstlichen Insel aufgeschichtet wurden, welche das Hafenbecken schützen sollte. Leider ist die Altstadt von Civitavecchia im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden und es gibt kaum Überreste aus der Antike.

Das Gelände steigt von der Küste aus an. Man konnte auch vom Hang aus einen guten Blick auf diese Hafenbauten haben. Bei der Beschreibung des Landsitzes habe ich mich von den Schilderungen der Villen des Plinius inspirieren lassen. In den Tolfabergen hatte der Kaiser Gelegenheit zur Jagd, einer seiner überlieferten Freizeitbeschäftigungen. Ich wollte mir einen Eindruck von der Gegend verschaffen. Civitavecchia ist heute noch als Seehafen der Stadt Rom bedeutend. Von dort aus fahren Kreuzfahrtschiffe und Fähren ab. Darüber hinaus ist die Stadt für Touristen wenig attraktiv. Es gibt einen winzigen Strand, wo man aber wegen der schlechten Wasserqualität nicht baden sollte. Die Küste ist verbaut und die Promenade ist kurz. Sehenswert sind die Ruinen der Terme Taurine, die unter Hadrian ausgebaut wurde.

Als Erbauer des Hafens von Centumcellae/Civitavecchia ist der Kaiser heute noch in der Gegend präsent. Ob Eisdiele, Autowerkstatt oder Fischkutter: Der Name "Traiano" ist überall zu lesen. Während unseres Aufenthaltes dort wohnten wir - wie sollte es anders sein - im Hotel Traiano. Im vorigen Jahr las ich, dass Kaiser Trajan auch eine Villa in Arcinazzo bei Tivoli zugeschrieben wird. Eindeutig lassen sich diese Ruinen der trajanischen Zeit aber nicht zuordnen; es wird sogar vermutet, dass sie zu einem Landsitz Neros gehören. Centumcellae ist Romanschauplatz und eine Reise nach Arcinazzo spare ich mir: Schließlich ist mein Budget nicht unerschöpflich. Wahrscheinlich besaß Trajan außer dem Landsitz bei Centumcellae weitere Villen. Ob der Architekt Apollodoros neben dem Hafen auch die Villa erbaute, ist fraglich. Das Landhaus war, als der Hafen errichtet wurde, schon in Benutzung. Trajan kann es auch von seinem Vater oder anderen Angehörigen geerbt haben. Dies würde zu seiner Politik passen: er legte weniger Wert auf private Prachtbauten, sondern wollte durch seine öffentlichen Bauprogramme als Wohltäter Roms, Italiens und der Provinzen wahrgenommen werden.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus. "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Die Bautätigkeit Traians in Italien", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Plinius der Jüngere, Briefe, IV, 31, Philipp 'Reclam Jun., Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4

Samstag, 19. Mai 2018

Römische Thermen

Kürzlich verbrachte ich einige Stunden in einer Therme im Elbsandsteingebirge. Ich brauchte Abstand, auch vom Romanprojekt und verschiedenen Persönlichkeiten vergangener Zeiten. Und während ich mich im warmen Wasser ausstreckte und die Seele baumeln lassen wollte, kam mir die Frage in den Sinn: Wer hat es erfunden? Und schon war ich wieder mitten im Thema.

Die Badekultur der alten Römer ist fast schon sprichwörtlich. Die ersten Mietbäder entstanden in Rom Ende des zweiten und im ersten Jahrhundert vor Christus. Jene Bäder wurden von Unternehmern betrieben und der Eintritt war so preiswert, dass sich das Baden zum alltäglichen Vergnügen aller Schichten der Bevölkerung entwickelte. Mitunter konnte man sogar kostenlos baden.

Große Thermen, die unseren heutigen Spaß- und Wellnessbädern nicht nur entsprachen, sondern diese an Pracht und Ausstattung sogar übertrafen, entstanden in der Kaiserzeit. Die ersten nachweislich kaiserlichen Thermen ließ Trajan erbauen. Höchstwahrscheinlich stammten die Entwürfe von Apollodorus, dem Chefarchitekten des Imperators.

Ein Feuer hatte Teile des "Goldenen Hauses" des Kaisers Nero auf dem Esquilin zerstört. Auf den Erdgeschossräumen des ehemaligen Palastes wurden die Thermen Trajans gebaut. Römische Thermen bestanden aus Kaltwasserbad, einem Bad mit lauwarmen Wasser und einem Schwitzbad. Zusätzlich gab es Umkleideräume, Ruheräume, Sportplätze, Speiseräume, Getränkeausschank und dienstbares Personal vom Sklaven, der gegen Bezahlung auf die Kleidung aufpasste bis hin zum Masseur und Friseur. Man konnte gut mehrere Stunden in den Thermen verbringen. Auch reiche, vermögende Römer gingen in die öffentlichen Bäder, um sich sehen zu lassen und Bekannte zu treffen. Sogar die Kaiser badeten gelegentlich in der Öffentlichkeit, und auch Sklaven suchten die Thermen auf. Man kann sich die Thermen als einen ausgedehnten Komplex aus überdachten und nicht überdachten Bereichen vorstellen, in deren Zentren sich meist Kuppeln befanden. Fenster sorgten für Helligkeit, und die Wände der Räumlichkeiten waren mit Marmor verkleidet. Wände und Fußböden wurden beheizt. Das Wasser wurde von Aquädukten in die Stadt gebracht. Die Thermae Traiani wurden von zwei Aquädukten versorgt. Es gab große Wasserspeicher unweit der Thermen. Nero hatte mit seinem Luxusanwesen inmitten der Stadt Ärger erregt, und Trajan gab einen Teil des Geländes an die Öffentlichkeit zurück.

Neben Trajan ließen auch Agrippa, Titus, Caracalla, Diokletian und Konstantin Thermen bauen. Die Ruinen der Caracalla-Thermen in Rom haben mich stärker beeindruckt als das Kolosseum. Man kann die Pracht und Schönheit des ursprünglichen Komplexes nur noch ahnen, aber allein die Überreste sind gewaltig und faszinierend. Mein Geheimtipp ist die Terme Taurine bei Civitavecchia: sehr sehenswert und gut erhalten. Der Ort (römisch Centumcellae) steht in Zusammenhang mit Kaiser Trajan. Er besaß dort ein Landgut und ließ einen Hafen errichten. Plinius der Jüngere erwähnt beides in seiner Briefsammlung (VI, 31).

Literatur:

Peter Conolly "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln 1998, ISBN 3-8290-1104-0

Sonntag, 13. Mai 2018

Die Trajanssäule

Ich möchte der Säule des Trajan einen gesonderten Text widmen. Sie gehört zu den am besten erhaltenen Bauten der römischen Antike und war vermutlich der Prototyp einer Siegessäule mit umlaufendem Reliefband. Leider haben die Reliefs im Laufe der Zeit Schaden genommen. Es gibt Gipsabgüsse davon, die in besserem Zustand sind als das Original. Meine Informationsquelle sind die Kupferstiche von Pietro Santi Bartoli.

Die Trajanssäule überragte das Forum Traiani. Sie wurde auf Senatsbeschluss zu Ehren des Kaisers errichtet. Die Gesamthöhe der Säule beträgt über 35 m, was ungefähr hundert römische Fuß sind, über der sich die Statue des Kaisers erhob, die den Abschluss der Säule bildete. Vom Forum aus konnten Betrachter sie zunächst nicht sehen, weil die Basilika Ulpia und das Reiterstandbild des Kaisers, das ungefähr doppelt so groß war wie das des Marcus Aurelius auf dem Kapitol, in unmittelbarer Nähe die Sicht verdeckten. Sie besteht aus 29 Blöcken von etwa 1,5 m Höhe und einem Gewicht von 32 t. Es wird angenommen, dass eine spezielle kranähnliche Konstruktion errichtet wurde, um diese Blöcke in die Höhe zu hieven. Aber auch Zugtiere und Menschen mit ihrer Muskelkraft waren dabei im Einsatz.

Die Fugen der Blöcke passen noch heute exakt aufeinander. Im Inneren der Säule verläuft eine Wendeltreppe bis nach oben. Ob die Säule ständig als Aussichtspunkt zugänglich war, wissen wir nicht. Denkbar ist aber auch eine Öffnung zu bestimmten Anlässen.

Das Relief der Trajanssäule enthält Szenen aus den beiden Dakerkriegen des Kaisers. Die Darstellungen sind in vielfältiger Hinsicht interessant: sie geben Aufschluss über die Ausrüstung der Soldaten und Offiziere, über Truppenteile, die an den Feldzügen beteiligt waren, über Kleidung und Ausrüstung der Daker und anderer Völker, so der Sarmaten, aber auch über Schiffe, die auf der Donau zum Einsatz kamen. Dennoch handelt es sich um keine realistische Kriegsberichterstattung, sondern um ein ideologisches Programm. Der Kaiser hat einen Bericht über die Kriege verfasst, der vermutlich Caesars Kommentaren über den Gallischen Krieg ähnelte. Sie wurden sicher auch als Quelle genutzt, aber dennoch wurden die Szenen sorgfältig entsprechend ihrer Wirkung ausgewählt, sogar hinsichtlich des Platzes, von wo aus sie zu sehen waren.

Sehr viele Szenen stellen keine Kämpfe oder Schlachten dar, sondern die logistische Vorbereitung, rituelle Opfer vor dem Heer und der Provinzbevölkerung, die Begrüßung des Kaisers in den Städten Moesiens, seinen Kriegsrat oder den Empfang von Gesandtschaften. Dargestellt ist das römische Imperium als überlegene Zivilisation, die im Krieg perfekt organisiert und offensiv vorgeht. Trajan ist nicht nur beispielhafter Feldherr, sondern auch Beschützer der Provinzialen. Seine Sorge um das Reich wird immer wieder herausgehoben. Opfer leitet er selbst und zeigt darin seine Frömmigkeit. Er ist von Beratern umgeben und beobachtet Schlachten meist von einem Aussichtspunkt, was der Realität entsprach. In Schlachten sind die Römer laut Darstellung siegreich und schrecken auch vor Grausamkeiten nicht zurück. Der Kaiser ist in sechzig Szenen zu sehen, in deren Mittelpunkt er steht. Obwohl er sich äußerlich kaum von seinen Begleitern unterscheidet, erkennt man ihn an seiner Position innerhalb der jeweiligen Gruppe. Das gesamte Relief war bemalt, Rückstände von Farbe sind erhalten.

Wie aber betrachtete man die Reliefs? Antike Beobachter konnten nur Szenen der unteren Wendungen erkennen und jene auch nur ausschnittsweise. Lange Zeit wurde vermutet, dass man die Säule aus den Fenstern der umliegenden Bibliotheksgebäude oder sogar von deren Dächern aus betrachtete. Aber auch von erhöhtem Standpunkt sah man immer nur Teile des Reliefs. Vermutlich war einkalkuliert, dass der Betrachter den Stil der Darstellung erfasste und jene Szenen, die er nur noch undeutlich bis gar nicht erkennen konnte, in seiner Phantasie ergänzte. Ich habe inzwischen alle Szenen betrachtet, entweder auf Fotografien oder Kupferstichen, und sie sind mir in gewissem Grade vertraut. Als ich Abbildungen von der Mark-Aurel-Säule sah, erkannte ich sie auf ersten Blick als nicht zur Trajanssäule gehörend. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist der Kaiser selbst: Trajan war rasiert und trug eine schlichte Kurzhaarfrisur, Marcus Aurelius hatte Locken und einen langen Vollbart.

Papst Sixtus V. ließ 1587 die Statue Trajans von der Säule entfernen und durch ein Bildnis des Petrus ersetzen. Ich habe mich oft darüber geärgert, denn schließlich hat Petrus weder einen Bezug zum Forum Traiani, noch zur Siegessäule des Kaisers oder zu den einzelnen Szenen. So etwas wie Denkmalschutz gab es leider damals noch nicht. Aber der Säule hätte Schlimmeres geschehen können - sogar die völlige Zerstörung. Vielleicht hat die Petrusstatue dafür gesorgt, dass sie heute noch in Rom bewundert werden kann.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus. "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Er baute für das Volk", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Die Traiansäule, Die Geschichte des ersten und zweiten dakischen Feldzuges. Kupferstiche aus dem Jahre 1667 von Pietro Santi Bartoli - Die Erklärungen der Reliefs Neubearbeitung und Ausstattung von E. A. P. Dzur, 1941

Wikipedia

Sonntag, 6. Mai 2018

Das Trajansforum

Das bekannteste Bauwerk des Architekten Apollodoros ist das Trajansforum. Es war das letzte und größte Kaiserforum und der schönste Platz im antiken Rom. Noch in der Spätantike war Kaiser Constantius II. überwältigt vom Anblick des Forums, das wie kein anderer Bau den Glanz Roms während seiner Blütezeit repräsentierte.

Wer heute die Überreste des Forums betrachtet, kann diese Begeisterung kaum nachvollziehen. Es wurde zum Teil überbaut und antike Bauwerke dienten im Mittelalter als Steinbrüche. Als ich 2008 in Rom war, erblickte ich die Trajanssäule inmitten der - überwiegend modernen - Häuserfronten und an jenen Moment werde ich mich immer wieder erinnern. Das Forum liegt einige Meter tiefer als die heutigen Straßen. Es war, als ich dort war, nicht zugänglich und der Sockel der Säule war eingerüstet. In Rom entsteht derzeit ein archäologischer Park, der das Gelände um Kolosseum und die Foren umfasst, und ich hoffe, dass eines Tages wieder größere Bereiche betreten werden dürfen. Sehenswert sind die an das Forum angrenzenden Märkte Trajans, heute Museum. In den Märkten befanden sich auch Büros und Verwaltungsgebäude für das Forum, das aber damals durch eine Mauer von den Märkten abgetrennt war.

Mit dem Bau des Forum Traiani wurde 107 begonnen. Zuvor musste ein Ausläufer des Quirinal abgetragen werden und die Märkte, die ab ca. 100 errichtet wurden, dienten auch zur Stabilisierung des Hanges. Die Ausdehnung des Forums betrug 300 x 180 Meter, der Platz in der Mitte war 200 x 120 Meter groß. Dort befand sich das Reiterstandbild des Imperators. Auf Rekonstruktionszeichnungen wird die großzügige Gestaltung deutlich. Vielleicht spendeten Bäume angenehmen Schatten. Heller Marmor dominierte neben vergoldeten Statuen, Trophäen und Standarten. Die überdachten Wandelhallen und das Innere der Basilika Ulpia sowie der beiden Bibliotheksgebäude wirken auf Abbildungen angenehm kühl.

Auf dem Forum fand das öffentliche Leben statt. Vor allem Gerichtsverhandlungen wurden abgehalten. Verdiente Persönlichkeiten erhielten Ehrenstatuen. Kaiser Hadrian ließ auf dem Trajansforum zu Beginn seiner Herrschaft Schuldscheine verbrennen. Und natürlich war das Forum ein Ort, um zu sehen und gesehen zu werden. Es gibt verschiedene Ausführungen über die Programmatik Trajans, die sich im Forum manifestierte. War es der Form eines Feldlagers nachempfunden, oder hatte es eher zivilen Charakter? Sollte es Rom, das Imperium, verherrlichen oder vorrangig den Kaiser und seine Familie? Ich bin der Meinung, dass alle Faktoren ineinander spielten. Ob man das Forum als überladen, protzig oder würdig-pietätvoll bezeichnet, ist auch Frage des persönlichen Geschmacks. Natürlich werden öffentliche Gebäude und Plätze heute völlig anders gestaltet. Mir gefallen Rekonstruktionszeichnungen des Forums sehr gut. Es wirkt erhaben, klar strukturiert und ist längst nicht so überladen wie manches barocke Bauwerk. Als ich in einem der letzten Beiträge schrieb, ich würde mir vielleicht doch einen Zeitsprung ins alte Rom wünschen, dachte ich vor allem ans Forum Traiani, das ich gern in seinem ursprünglichen Zustand sehen würde.

Zu Beginn des Jahres 112 wurde das Forum mit der Basilika Ulpia eingeweiht. Im Jahr 113 waren die Trajanssäule und die Bibliotheksgebäude fertiggestellt und wurden der Öffentlichkeit übergeben. Dennoch wurde am Bereich hinter der Basilika noch gebaut. Erst unter Hadrian wurde das Forum vollendet, insbesondere der Tempel, in dem Trajan und Plotina nach ihrem Tode verehrt wurden. Der Sockel der Säule war von vornherein als Grabmal für den Kaiser und seine Gattin konzipiert.

Vor zehn Jahren habe ich es bedauert, dass ich das Forum Traiani nicht betreten durfte. Mein Protagonist Gaius kommt noch vor der offiziellen Einweihung des Forums in den Genuss einer privaten Führung. Mit dieser Schilderung habe ich mir einen Wunsch erfüllt.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus. "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Er baute für das Volk", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Peter Conolly "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln 1998, ISBN 3-8290-1104-0

Sonntag, 29. April 2018

Apollodoros, der Chefarchitekt Kaiser Trajans

Apollodoros aus Damaskus war der bedeutendste Architekt Kaiser Trajans. Er begleitete den Kaiser in die Dakerkriege und war auch Militäringenieur. Mit der Donaubrücke bei Drobeta setzte Apollodoros Maßstäbe: Sie war die erste dauerhafte Brücke über die untere Donau und in ihrer Gesamtlänge ein Rekordbauwerk. Sie ist auf dem Relief der Trajanssäule abgebildet. Wahrscheinlich ist auch Apollodoros in einer Szene unter den Begleitern des Kaisers dargestellt. Eine schöne Rekonstruktion vom Bau der Donaubrücke findet sich bei Peter Conolly in "Tiberius Claudius Maximus, ein römischer Reiter".

Eine Porträtbüste des Apollodoros befindet sich in der Glyptothek in München. Ich war positiv überrascht, sie dort zu sehen, denn ich hatte bis dahin nicht gewusst, dass ein Bildnis von ihm überliefert ist.

Apollodoros war einer der berühmtesten Architekten der römischen Kaiserzeit. Alle bedeutenden Bauprojekte der trajanischen Zeit sollen unter seiner Leitung entstanden sein: das Forum Traiani und die angrenzende Markthalle, die Thermen Trajans und seine Hafenbauten in Ostia und Civitavecchia. Damals wurden zunehmend Gewölbe gebaut. Das Baumaterial dafür war mit Ziegeln verkleideter Beton. Auch unter Hadrian war Apollodoros als Architekt tätig. An der Planung des Tempels der Venus und Roma in Rom war er beteiligt. Der Entwurf dazu stammte wahrscheinlich sogar vom Kaiser selbst, denn dieser war vielseitig begabt und beschäftigte sich auch mit Architektur. Nach Cassius Dio schickte der Herrscher den Entwurf an Apollodoros zur Begutachtung. Jener hielt sich mit Kritik nicht zurück und verärgerte Hadrian, der jedoch die Hinweise des Architekten berücksichtigte. Hadrian war leicht zu kränken und wechselnd in seinen Stimmungen. Schon unter Trajan soll Apollodoros Hadrian kritisiert haben: er verstehe nichts von Architektur und solle weiter seine Kürbisse zeichnen. Das angespannte Verhältnis zwischen Hadrian und Apollodoros führte zur Verbannung des Architekten und später zu dessen Hinrichtung. Ob Apollodoros das Pantheon entwarf, ist umstritten.

Cassius Dio ist der Einzige, der vom Zerwürfnis zwischen Hadrian und Apollodoros berichtet. Allerdings ist die Quellenlage über jene Zeit ohnehin dürftig. Trajan erscheint einmal mehr als umgänglicher Herrscher, der keine Ambitionen hatte, Fachleuten ihre Kompetenzen streitig zu machen, während Hadrian mit vielen Leuten konkurrierte und schwer einzuschätzen war. Fakt ist, dass es unter Hadrian mehrere Todesurteile gegen Senatoren gab und weitere einflussreiche Personen in Ungnade fielen. Hadrian war sicher eine faszinierende Persönlichkeit mit vielen Talenten, aber ein schwieriger Vorgesetzter.

Literatur:

Peter Conolly "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln, 1998, ISBN3-8290-1104-0

Peter Conolly "Tiberius Claudius Maximus, Ein römischer Reiter", Tessloff Verlag Nürnberg, 1990, ISBN 3-7886-0185-X

Cassius Dio: Epitome of Book 68

Sonntag, 22. April 2018

Kaiser Trajan und die Abrafaxe

Als Kind war ich begeisterte Leserin der Mosaik-Comics mit ihren Helden, den Digedags. Wir hatten eins der begehrten Abos. Als die Abrafaxe 1976 die Digedags ablösten, ließ mein Interesse daran nach. Nun erfuhr ich zufällig, dass die Mosaik-Hefte 459-482, erschienen 2014-2016, nicht nur vom antiken Rom handeln, sondern speziell von der Zeit Kaiser Trajans. Wollte ich mir wirklich 23 Mosaikhefte kaufen? Ich überlegte eine Weile, und meine Neugier siegte.

Abrax, Brabrax und Califax begegnen in Germanien dem Wanderzirkus "Spontifex". Spontifex hat die Idee, mit einem für jene Zeit ganz ungewöhnlichen Zirkus, in dem Artisten Kunststücke aufführen, bis nach Rom zu ziehen. Allein das schon ist amüsant, denn Kenner des antiken Roms wissen, dass damals im Zirkus andere, weitaus dramatischere Attraktionen geboten wurden. Gleichzeitig beginnen diplomatische Verwicklungen zwischen Rom und Germanien. Einer der Berater Kaiser Trajans möchte einen Krieg anzetteln, ein anderer Berater spricht sich für eine friedliche Lösung aus. Trajan lädt zwei germanische Fürstenkinder an seinen Hof nach Rom ein, eine diplomatische Geste und ein Unterpfand für den Frieden. Aber der kriegsbegeisterte Berater gibt nicht auf, sondern setzt alle Hebel in Bewegung, damit die Kinder Rom nicht erreichen. Bald werden der Zirkus Spontifex und die Abrafaxe Beschützer des Mädchens Vada und des Jungen Ule. Mehr vom Verlauf der Geschichte sei nicht verraten. Ich habe die Hefte mit Erstaunen und Vergnügen gelesen. Sie vermitteln viele historische Fakten auf unterhaltsame Weise und liefern darüber hinaus viele Detailinformationen: Über die Götter, die Kaiser, die römische Ämterlaufbahn, das Leben der Germanen … und immer wieder werden lateinische Vokabeln vorgestellt: "Latein rockt".

Mir gefällt besonders das clevere und abenteuerliche Mädchen Vada, das unbedingt nach Rom möchte, während Ule öfter Heimweh hat. Als Leser schließt man beide ins Herz. Hellauf begeistert war ich, als der Kaiser bei seinem ersten Comic-Auftritt sprach: "Ich war lange Zeit in Germania Superior stationiert." Über die Jahre habe ich schon so viele Fehler in Artikeln und Büchern entdecken müssen, dass mich so viel Stimmigkeit im Detail überrascht. Der Kaiser ist überzeugend gezeichnet worden: Die typischen Merkmale seiner Erscheinung wurden erfasst. Seine Reaktionen sind die eines besonnenen, um Menschlichkeit und Gerechtigkeit bemühten Staatsoberhauptes. Er ist aber auch wegen eines (vermeintlichen) Fleckes auf seinem Mantel besorgt, und ich mag es, dass der Humor nicht zu kurz kommt. Meine Lieblingsszene ist jene, in der Vada Brabrax und Trajan über den Zweck des Dodekaeders aufklärt. Sehr schön finde ich die Feststellung, dass das Relief der Trajanssäule auch eine Bildergeschichte, ein Comic ist.

Bei all den positiven Eindrücken bleiben nur drei kleine Kritikpunkte. Die Kaiserin Plotina ist im Mosaik klug, diplomatisch und nicht ohne Einfluss, was der Überlieferung entspricht. Aber sie sieht aus wie eine kleine Schwester der Meerhexe Ursula aus "Arielle". Das wird ihr nicht gerecht und ich wundere mich über diese Unähnlichkeit, wo doch mehrere Bildnisse von ihr erhalten sind. Und warum läuft Trajan mitten in Rom in Rüstung herum? Seine Nichte hieß Salonia Matidia, nicht Salonina. Aber Letzteres ist zu verschmerzen.

Zum Ende der Geschichte fällt mir nur ein: "Happy Optimus-Time!", auch wenn ich, bei aller Faszination, keinen Zeitsprung in jede Epoche unternehmen würde. Oder vielleicht doch?

"Die Abrafaxe erobern Rom", Mosaik Nr. 459-482, Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag Berlin, 2014-2016

Sonntag, 15. April 2018

Der römische Name

Der Text vom vergangenen Wochenende erinnerte mich daran, dass ich schon längst auf römische Namen näher eingehen wollte. Lucius Julius Ursus Servianus war von Lucius Julius Ursus adoptiert worden: Man sieht sogleich den Zusammenhang und es handelt sich hierbei um ein klassisches Beispiel, wie sich der Name eines Römers durch Adoption veränderte.

In der der Kaiserzeit trug jeder römische Bürger drei Namen: praenomen/Vorname (Gaius), nomen gentile/Name der Sippe bzw. des Geschlechts (Julius) und cognomen/Familien- bzw. Individualname (Caesar). Es gab nur wenige gebräuchliche römische Vornamen, so Gaius, Marcus, Lucius, Tiberius, Gnaeus. Einige Vornamen entsprachen Ordnungszahlen wie Quintus (der Fünfte), Sextus (der Sechste) - die Söhne wurden einfach nummeriert. Manche Vornamen waren geradezu typisch für ein Geschlecht und wurden von Generation zu Generation weiter vererbt. Kam jedoch ein Familienmitglied auf die schiefe Bahn und wurde zum Staatsfeind, wurde dessen Vorname nicht mehr benutzt. Der Individualname leitete sich oft von einer körperlichen Eigentümlichkeit ab: Crassus - dick , Longus - groß.

Frauen trugen in der Kaiserzeit nomen gentile mit weiblicher Endung und einen angehängten Individualnamen, der sich oft von dem der Mutter oder des Vaters ableitete: Ulpia Marciana, die Schwester Trajans, war vermutlich Tochter einer Marcia. Salonia Matidia, die Tochter der Marciana, hieß nach ihrem Vater Salonius Matidius.

Sklaven erhielten bei ihrer Freilassung praenomen und nomen gentile ihres Herrn und fügten ihren eigenen, fremdländischen Namen als cognomen hinzu: Marcus Ulpius Phaedimus, der Mundschenk Kaiser Trajans, war dessen Freigelassener.

Viele Ehen blieben kinderlos, und deshalb war die Adoption eine gängige Methode, um Beziehungen zu knüpfen und Vermögen und Prestige zu vererben. Besonders in der Oberschicht wurden oft schon erwachsene Männer adoptiert, die praenomen, nomen gentile und cognomen des Adoptierenden übernahmen und ihren eigenen cognomen mit dem Zusatz -an hinzufügten. Servianus war vermutlich vor seiner Adoption durch Lucius Julius Ursus ein Servius.

Marcus Ulpius Trajanus, der spätere Kaiser, trug seinen Namen mindestens in zweiter Generation: Er hieß exakt so wie sein Vater. Tatsächlich könnte aber einer seiner Ahnen adoptiert worden sein. Im archäologischen Museum von Sevilla befindet sich der Rest einer Inschrift für einen Marcus Trahius, der möglicherweise einer der Vorfahren des Imperators war. Als Kaiser nannte sich Trajan Imperator Caesar Nerva Trajanus Augustus, nahm also cognomen seines Adoptivvaters Nerva wie auch das eigene in die Titulatur auf.

Auch andere Angehörige der Oberschicht hatten zu dieser Zeit bereits zahlreiche Namen, die durch familiäre Beziehungen und Adoption zusammengekommen waren. Beispiele sind Gnaeus Pinarius Aemilius Cicatricula Pompejus Longinus, Senator und Feldherr unter Trajan, sowie Quintus Roscius Coelius Murena Silius Decianus Vibullius Pius Iulius Eurycles Herculanus Pompeius Falco, Senator und Offizier unter Trajan und Hadrian. Für Historiker sind all die Namen interessant und lassen Schlüsse über Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen jener Personen zu.

Wie wurde der Römer aber nun angeredet? Vermutlich mit dem cognomen: Plinius der Jüngere, mit vollständigem Namen Gaius Plinius Caecilius Secundus, wurde mit "Secundus" angesprochen. Unter Freunden und innerhalb der Familie wurden wahrscheinlich auch Vornamen verwendet. Einer der wenigen Römer, der unter seinem praenomen in die Geschichte einging, war Kaiser Titus. Dessen Vorname funktionierte als Unterscheidungsmerkmal zu seinem Vater, wenn man jenen auf sein cognomen reduzierte. Vespasian trug die gleichen drei Namen wie sein erstgeborener Sohn: Titus Flavius Vespasianus.

Literatur:

Georg Ürögdi: "Reise in das Alte Rom", Prisma-Verlag Leipzig, 1966

Sonntag, 8. April 2018

Lucius Julius Ursus Servianus

Servianus wurde um 47 geboren. Er stammte wie Trajan, dessen Vertrauter er war, aus einer Provinz, eventuell aus Gallien. Er wurde von Domitians Gardepräfekten Julius Ursus adoptiert. Jener war ein enger Freud Trajans und ebnete ihm den Weg zur Herrschaft. Vermutlich waren beide Männer Anhänger von Trajans Vater.

Servianus war mit Hadrians Schwester Paulina verheiratet. Als Trajan von Nerva adoptiert und zum Mitregenten erhoben wurde, war er Statthalter der Provinz Germania superior. In Folge gab er dieses Amt an Servianus ab und begab sich nach Colonia Claudia Ara Agrippinensis (Köln). Hadrian wiederum diente unter seinem älteren Schwager in Mogontiacum (Mainz) als Militärtribun. Anfang 98 starb Nerva, und Trajan wurde Alleinherrscher.

Die Hadrian-Biografie der Historia Augusta berichtet, dass Servianus Hadrian erst lange aufhielt und außerdem seinen Reisewagen manipulierte, um zu verhindern, dass dieser als erster Gratulant bei Trajan ankam. Hadrian soll dennoch schneller als der Bote des Servianus unterwegs gewesen sein. Jene Geschichte ist schon deswegen fragwürdig, weil ein Schnellbote wohl kaum mit dem Wagen reiste, sondern zu Pferde. Auch soll sich Servianus bei Trajan über Hadrians Lebensstil und Schulden beschwert haben. Letzteres halte ich, da Trajan für Hadrians Erziehung und Karriere verantwortlich war, für wahrscheinlich.

Servianus unterstützte vielleicht nicht die Interessen Hadrians als Nachfolger Trajans, aber auch das ist hypothetisch. Neben Licinius Sura zählte er zu den bedeutendsten Ratgebern des Kaisers. Sura unterstützte Hadrian als Nachfolgekandidat Trajans. Mit seinem dritten Konsulat überflügelte Sura Servianus an Ehre und Prestige.

Servianus bereitete den ersten Dakerkrieg vor und nahm als Begleiter des Kaisers daran teil. Für seine Verdienste wurde er 102 mit dem Konsulat belohnt, das er gemeinsam mit Licinius Sura bekleidete. Während Sura auch im zweiten Dakerkrieg enger Berater des Kaisers war und 107 mit einem dritten Konsulat geehrt wurde, wissen wir nichts von Tätigkeiten, Ämtern oder Auszeichnungen des Servianus. Ebenso wenig ist eine Teilnahme jenes Mannes am Partherkrieg Trajans überliefert. Man könnte daraus schließen, dass es irgendwann zu einer Entfremdung zwischen Trajan und Servianus kam, aber nichts dergleichen ist überliefert.

Servianus war ein Freund und Förderer Plinius des Jüngeren. Er ist Adressat zweier Briefe in dessen Briefsammlung. In III, 17 ist Plinius in Sorge um ihn, weil er lange keine Nachricht von ihm erhalten hat. In VI, 26 beglückwünscht er ihn zur Hochzeit seiner Tochter, der Nichte Hadrians, mit Fuscus Salinator, den er als Patrizier und gebildeten, sympathischen, charakterfesten Mann beschreibt. In X, 2 bedankt sich Plinius beim Kaiser für die Verleihung des Dreikinderrechtes, das mit besseren Aufstiegschancen und Steuervergünstigungen verbunden war, und erwähnt, dass er diese Gunst der Fürbitte des Servianus verdankte.

Servianus überlebte Trajan um viele Jahre. Hadrian ehrte seinen betagten Schwager und ernannte den über Achtzigjährigen zum Konsul des Jahres 134. Aber zwei Jahre später fiel Servianus in Ungnade. Hadrian hatte Lucius Ceionius Commodus adoptiert und verdächtigte Servianus, gemeinsam mit seinem Enkel Gnaeus Pedanius Fuscus Salinator gegen seinen Nachfolger zu intrigieren. Die Historia Augusta berichtet, dass Servianus die Götter zu Zeugen für seine Unschuld anrief und Hadrian einen qualvollen Tod wünschte. Servianus und der erst neunzehnjährige Fuscus starben, entweder durch Freitod oder Hinrichtung.

Quellen:

Historia Augusta: Hadrianus, Artemis Verlag Zürich und München, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

Cassius Dio: Epitome of Book 68

Sonntag, 1. April 2018

Publius Acilius Attianus

Im Sommer des Jahres 117 verließ Kaiser Trajan Antiochia, seine Residenz während des Partherkrieges. Begleitet wurde er von seiner Gattin Plotina, seiner Nichte Matidia und Acilius Attianus, einem der beiden Prätorianerpräfekten. Das gesamte, an der Partherfront stationierte Heer hatte der Imperator an Hadrian übergeben.

Denkbar ist, dass Trajan Hadrian mit der siegreichen Beendigung des Krieges beauftragte. Er erwartete, dass sein Ziehsohn sein Werk vollendete, so wie einst Titus den Jüdischen Krieg, während Vespasian nach Rom zurückkehrte.

Aber es kam anders: Trajan sollte Rom nicht mehr erreichen. Anfang August 117 starb er in Selinus in Kilikien (bei Gazipasa in der heutigen Türkei). Bei seinem Tod war neben den beiden Augustae der Gardepräfekt Acilius Attianus zugegen. Wir wissen sehr wenig über diesen Mann. Er war ein Landsmann von Trajan und Hadrian, stammte wahrscheinlich aus Italica in der Provinz Baetica (im heutigen Andalusien) und war Ritter. Italica ist nur wenige Kilometer von Hispalis, dem heutigen Sevilla, entfernt. Einige Historiker meinen, dass Hispalis eher ein Ort war, in dem Handwerker und Fischer lebten, während in Italica die vornehmeren Leute wohnten. Aber erst Hadrian erhob Italica in den Rang einer Colonia, und die Gebäude aus jener Zeit, unter anderem das Amphitheater, können heute besichtigt werden, während Überreste des älteren Ortsteils unter dem heutigen Santiponce verborgen sind. Wer eine Karriere anstrebte, musste die Provinz verlassen und in Rom Ämter übernehmen.

Vor allem Trajan strebte eine politische und militärische Karriere an. Als Prätor übernahm er die Vormundschaft über den damals zehnjährigen Hadrian, dessen Vater verstorben war - zusammen mit Acilius (nicht Caelius) Attianus. Letzterer hat sich vielleicht in den Zeiten um den jungen Mann gekümmert, als Trajan wegen seiner militärischen Kommandos abwesend war. Aber auch Hadrians Schwester Domitia Paulina war Mündel der beiden Männer. Sie hieß ebenso wie ihre und Hadrians Mutter, die aus Gades, dem heutigen Cadíz, stammte. Paulina wurde mit Trajans Freund Servianus verheiratet.

War es Zufall, dass Attianus während der Zeit, als die Nachfolge drängte, Gardepräfekt war und sich in der Nähe des noch amtierenden Kaisers aufhielt? Es wird allgemein vermutet, dass er daran beteiligt war, Hadrian die Nachfolge zu sichern. Denn was um den Tod Trajans herum geschah, weiß niemand genau. Cassius Dio, der im dritten Jahrhundert lebte, behauptete, Hadrian sei von Trajan nicht adoptiert worden. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass Attianus und die beiden kaiserlichen Damen die Adoption nur vorgetäuscht haben. Das Schreiben an den Senat, das von der Adoption Hadrians berichtete, sei von Plotina unterzeichnet worden, obwohl sie so etwas nie zuvor getan hatte.

Tatsächlich weiß niemand, ob Trajan die Adoption Hadrians noch selbst vollziehen konnte, ob er Plotina und Attianus damit beauftragte, alles Nötige zu veranlassen, oder ob er gar einen anderen Nachfolger wünschte. Es war vielleicht die größte Schwäche Trajans, in diesem Punkt nicht rechtzeitig für Klarheit gesorgt zu haben.

Attianus, Plotina und Matidia überführten die Urne mit den Überresten des verstorbenen Herrschers nach Rom. Die Hadrian-Biografie der Historia Augusta berichtet, dass der neue Kaiser seinen Widersacher Lusius Quietus entmachten ließ. Wenig später kam es zur Hinrichtung der vier Konsulare Cornelius Palma, Publilius Celsus, Avidius Nigrinus und Lusius Quietus. Jene Männer standen im Verdacht, eine Verschwörung gegen den Kaiser geplant zu haben, und Attianus ließ sie beseitigen. Nach der Historia Augusta soll Attianus auch dazu geraten haben, die Verschwörer Crassus Frugi und Laberius Maximus zu töten, die unter Trajan verbannt worden waren, was jedoch unterblieb. Die Todesurteile gegen Senatoren hingen Hadrian lebenslang an und kosteten ihn beinahe die Vergöttlichung und sein Ansehen als guter Herrscher.

Es ist möglich, dass Attianus etwas radikal darin war, seinem ehemaligen Mündel die Macht zu ebnen und zu sichern. Als Gardepräfekt erfüllte er seine Pflicht, beiden Herrschern zu dienen und sie zu schützen. Darüber hinaus sind keine Details über ihn bekannt. In meinem Roman wirkt er vermutlich etwas unsympathisch. Dass er vor seinem Amt als Prätorianerpräfekt Tribun der Gardereiter war, habe ich erfunden. Eine solche Abfolge in der Hierarchie war üblich, aber es gab auch andere Karriereschritte. Seine Vorliebe für Frauen ganz unterschiedlichen Typs ist ein Versuch von mir, eine menschlich-liebenswürdige Seite an ihm zu zeigen, die jedoch ebenfalls erfunden ist.

Marcus Ulpius Phaedimus, der Mundschenk Trajans, starb kurz nach dem Ableben seines Herrn, was die Gerüchte um die vorgetäuschte Adoption zusätzlich anheizte. War da ein Zeuge beseitigt worden? Wir werden es nicht erfahren. Trajan und Phaedimus starben, Attianus wurde nach der Hinrichtung der vier Konsulare kaltgestellt.

Literatur:

Historia Augusta: "Hadrianus", Artemis Verlag Zürich, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

Cassius Dio, Epitome of Book 68

Sonntag, 25. März 2018

Jenseitsvorstellungen im alten Rom

Die alten Römer nannten sich selbst sehr fromm. Es mag überraschen, dass in ihren Vorstellungen ein gottesfürchtiges Leben auf Erden nicht zu einem guten, sorgenfreien Leben in einem "Paradies" nach dem Tode führte.

Ursprünglich nahmen die Römer an, dass die Verstorbenen in den Gräbern wohnten. Es herrschte eine gewisse Furcht, deren Seelen könnten in die Räume der Lebenden zurückkehren. Später verbreiteten sich Jenseitsvorstellungen, die an jene der Griechen angelehnt waren. Die Unterwelt befand sich unter der Erde. Dort herrschten Pluto und Proserpina (Hades/Persephone). Nur die Toten, die bestattet worden waren, durften dorthin. Sie reisten entweder mit Pferd oder Wagen oder mit dem Schiff zum Fluss Styx. Der Fährmann Charon brachte sie auf die andere Seite zum Eingang der Unterwelt. Deshalb war es üblich, den Toten eine Münze unter die Zunge zu legen, damit sie die Überfahrt bezahlen konnten. Beeindruckend komisch ist der personifizierte Styx aus Jacques Offenbachs Operette "Orpheus in der Unterwelt", wo der trottelige und ständig Betrunkene Euridike "anbaggert", die von Pluto zwar ins Jenseits entführt, aber zunächst vergessen wurde.

Auch ein Totengericht, wo den Verstorbenen Strafen auferlegt wurden, gehörte zu diesen Vorstellungen. Tiefer im Abgrund befand sich der Tartarus, wo aber nur die schlimmsten Sünder und Verbrecher weilen mussten. In der Unterwelt tranken die Toten vom Fluss des Vergessens (Lethe), wo alle Erinnerungen an ihr irdisches Dasein ausgelöscht wurden. Das Leben der Schatten im Jenseits war grau und freudlos. Ablenkungen versprachen nur die Totengedenkfeiern.

Aber es gab Ausnahmen. Besonders verdienstvolle Persönlichkeiten und Helden, Lieblinge der Götter, gelangten auf die Insel der Seligen, das Elysium. Dort lebten die Schatten auf blühenden Wiesen bei Spielen, Gesängen und Tänzen, begleitet von der Musik des Orpheus.

In "Scipios Traum", einem separaten Text aus Ciceros Schrift "de republica", wird eine weitere Vorstellung vom Jenseits beschrieben. Scipio Aemilianus schildert in einer Tischrunde einen Traum, den er hatte. In diesem Traum befindet er sich im Kosmos bei den Sternen und begegnet seinem Adoptivgroßvater Scipio Africanus, der ihm von der Beschaffenheit des Weltalls erzählt. Schließlich trifft er dort auch seinen leiblichen Vater. Es ist eine sehr berührende und faszinierende Geschichte. Der Blick vom Weltall zur Erde, der in diesem Text beschrieben wird, hätte auch der Schilderung eines Astronauten entsprungen sein können! Für mich ist "Scipios Traum" einer der erstaunlichsten literarischen Texte der Antike. Scipio ist in seinem Traum so angerührt von diesem Wunder und der Begegnung mit anderen Seelen, dass er am liebsten dort bleiben will. Aber Africanus ermahnt ihn, dass er zunächst auf Erden etwas leisten und sich das Leben im Himmel quasi verdienen muss. Es ist ein Privileg verdienter Staatsmänner.

Die "guten" römischen Kaiser wurden nach ihrem Tod unter die Staatsgötter erhoben. Während der Kremation trug ein Adler die Seele des verstorbenen Kaisers in den Himmel. Trajan ließ seinen Vorgänger Nerva, seinen leiblichen Vater und seine Schwester divinisieren. Unter Hadrian wurden Trajan, dessen Gattin Plotina und Matidia, die Nichte Trajans und Schwiegermutter Hadrians divinisiert. Nach Plotinas Ableben ließ Hadrian Goldmünzen mit der Aufschrift "divis parentibus" (den vergöttlichten Eltern) prägen, auf deren Rückseite Trajan und Plotina unter Sternen abgebildet sind.

Dass ein Leben im Jenseits auf einer paradiesähnlichen Insel oder im Himmel nur wenigen hochrangigen Verstorbenen zugestanden wurde, ist Spiegelbild der gesellschaftlichen Hierarchie, in der eine Minderheit über die Mehrheit herrschte. Aber bereits in den Mysterienkulten wie denen von Eleusis und weiteren Erlösungskulten offenbart sich die Sehnsucht vieler Menschen nach einem besseren Leben nach dem Tode, das sie sich im Diesseits durch das Befolgen ethischer und moralischer Regeln verdienen konnten. Jene Wünsche und Vorstellungen gipfelten im Christentum, dessen Einfluss zunahm.

Literatur:

Dennis Graen: Tod und Sterben in der Antike, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-38062-2306-4

Marcus Tullius Cicero: De republica/Vom Gemeinwesen, lateinisch/deutsch, Philipp Reclam Jun., Stuttgart 2001, ISBN 3.15-009909-9

Sonntag, 18. März 2018

Tod und Bestattung

In der Antike war der Tod allgegenwärtig und konnte nicht verdrängt werden wie heute. Die Lebenserwartung lag bei durchschnittlich dreißig Jahren und die Kindersterblichkeit war hoch. Gegen viele Krankheiten, Unfälle und Verletzungen waren die Ärzte machtlos. Die Bestattung verstorbener Angehöriger und die Ehrung ihres Andenkens waren gesetzliche Pflicht im römischen Imperium.

Die Familie versammelte sich um den Sterbenden. Ein naher Angehöriger fing seinen letzten Atemzug mit einem Kuss auf. Die Familie rief den Namen des Verstorbenen, auch Klagerufe wurden laut. Bald kamen die Bestatter und richteten den Leichnam her. Der Tote wurde gewaschen, gesalbt, mit einem Festgewand bekleidet und bekränzt. Dann wurde er im Atrium des Hauses aufgebahrt. Das Haus des Verstorbenen wurde mit Tannen- oder Zypressenzweigen gekennzeichnet. Es galt als verunreinigt und musste nach dem Begräbnis durch kultische Handlungen gereinigt werden. Nun hatten Angehörige, aber auch Freunde und Bekannte Gelegenheit, sich vom Verstorbenen zu verabschieden. Die Zeit der Aufbahrung war unter anderem auch vom gesellschaftlichen Status des Verstorbenen abhängig. Angehörige der Unterschichten und Kinder wurden meist schon in der ersten Nacht aus dem Haus getragen und begraben bzw. zuvor verbrannt. Im alten Rom waren sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen üblich. In der Kaiserzeit dominierte die Feuerbestattung.

Aristokraten wurden in einer pompösen Prozession zum Friedhof getragen. Der Leichenzug wurde an den Tagen zuvor öffentlich bekanntgemacht. Der Trauerzug formierte sich nach den Vorgaben des Bestatters morgens vor dem Haus des Verstorbenen. An der Spitze gingen Musikanten mit Blasinstrumenten, gefolgt von den Klageweibern. Diese wurden oft engagiert und sangen Trauerlieder. Dann folgten die Bilder der Ahnen, die mitgeführt wurden. Auf diese Weise reihte sich der Verstorbene unter sie ein und der Leichenzug ehrte die gens, die Familie im weiten Sinne. Auf die Ahnenbilder folgte der Tote auf einer verzierten Bahre, getragen von engen Angehörigen. Oftmals handelte es sich nur um ein Abbild aus Wachs, während der Leichnam in einem Sarg transportiert wurde. Es war aber auch üblich, dass ein Schauspieler in die Rolle des Verstorbenen schlüpfte und ihn nachahmte. Dabei wurden auch Witze gemacht, die das Volk zum Lachen brachten. Dem Leichnam folgten die Freigelassenen, die in ihrer Zahl auch ein Statussymbol waren. Anschließend folgte die Familie in Trauerkleidung, die Frauen mit offenem Haar und ohne Schmuck, die Männer ließen sich einen Bart zum Zeichen der Trauer wachsen. Begleitet wurde der Leichenzug von Fackelträgern.

Handelte es sich um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, erreichte die Prozession das Forum, wo der Sohn des Verstorbenen oder ein beauftragter Redner eine Lobrede auf den Verstorbenen hielt. Seine Verdienste und auch die der Ahnen wurden aufgezählt. Anschließend bewegte sich der Trauerzug zum Verbrennungsplatz in der Nähe der Begräbnisstätte. Die Bahre wurde nun auf den vorbereiteten Scheiterhaufen gestellt. Beigaben waren persönliche Gegenstände und Duftstoffe. Der Scheiterhaufen wurde angezündet, und eine gemeinsame Totenklage wurde angestimmt. Damit endete die Begräbnisfeier. Nicht jeder folgte dem Trauerzug bis vor die Stadt.

Die Beisetzung der Urne erfolgte oft erst später in kleinem Kreis, wenn das Grabmal errichtet worden war. Grabstätten der Reichen waren größer und prachtvoller, ähnelten manchmal Häusern und waren oft phantasievoll gestaltet und mit Reliefs geschmückt. Vor den Gräbern wurden Bäume und Blumen gepflanzt. Oftmals gab es davor auch einen Speiseraum mit Liegen für das Totenmahl. Die Armen konnten keinen derartigen Aufwand treiben, aber sie hatten die Möglichkeit, einem Bestattungsverein beizutreten und für ihr Begräbnis vorzusorgen. Reiche Römer bestatteten ihre Sklaven in sogenannten Columbarien, die in übereinander angebrachten Nischen viele Urnen aufnehmen konnten. Romreisenden ist ein Abstecher zur Via Appia Antica sehr zu empfehlen: es ist dort angenehm ruhig und die verschiedenen Gräber wirken keineswegs düster.

Die Begräbnisfeier eines Kaisers kann man sich noch prunkvoller als die der anderen Aristokraten vorstellen. Menschen aus ganz Rom und vermutlich auch aus Italien und den Provinzen kamen zusammen. Der verstorbene Herrscher wurde auf dem Palatin aufgebahrt und die Prozession führte zum Marsfeld, wo ein prunkvoller, mehrstöckiger Scheiterhaufen errichtet worden war. Ringsum standen Tribünen für die Zuschauer. Die Trauerrede wurde vom Nachfolger des Kaisers gehalten. Durch die Verbrennung wurde der Kaiser zum Gott: Seine Seele wurde in der Vorstellung der Menschen von einem Adler oder geflügelten Genius in den Himmel getragen. Dem vergöttlichten Herrscher wurden Tempel errichtet, und er wurde fortan als Staatsgott verehrt.

Kaiser Trajan starb Anfang August 117 fern von Rom, in Selinus an der Küste Kilikiens in der heutigen Türkei. Sein Leichnam wurde dort verbrannt; seine sterblichen Überreste wurden in einer goldenen Urne nach Rom gebracht. Es ist überliefert, dass er dort als Toter seinen Triumphaleinzug hielt, wobei sein Bildnis auf einem Wagen stand und vermutlich auch mit den Triumphalabzeichen geschmückt war. Die Urne wurde im Sockel der Trajanssäule beigesetzt, wo später auch die Kaiserin Plotina bestattet wurde. Auf diese Weise brachen der Senat und der "Optimus Princeps" mit Gesetz und Tradition, wonach Bestattungen in der Stadt nicht zulässig waren. Auch daran erkennt man die Ausnahmestellung Trajans unter den römischen Kaisern.

Literatur:

Dennis Graen: Tod und Sterben in der Antike, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-38062-2306-4

Georg Ürögdü: "Reise in das alte Rom", Prisma-Verlag, Leipzig 1966

Sonntag, 11. März 2018

Religion im alten Rom

Die Götterwelt der Antike war differenziert. Bereits die Religion der Griechen war vielfältigen Einflüssen unterworfen. Die römische Religion war zunächst geprägt von diversen Funktionsgöttern, zu Gottheiten erhobenen Naturgewalten, Werten und Dingen des alltäglichen Lebens. Es gab bäuerliche Gottheiten wie Tellus (Erde) und Ops (Ernte), Götter der Kornspeicher, der Baumfrüchte, Waldgötter wie Faunus und Silvanus und diverse Gottheiten, die sich aufs Leben in der Stadt und dessen gesetzliche Grundlagen bezogen wie der altrömische Gott Quirinus und der Flussgott Tiberius. Man verehrte die Hausgötter, Laren, den eigenen Genius, aber es gab auch eine Fiebergöttin und eine Begräbnisgöttin. Später kamen altrömische Werte hinzu wie Honos (Ehre) und Pietas (Frömmigkeit). Weitere Einflüsse kamen von den Etruskern und von den Griechen. Viele griechische Gottheiten haben römische Entsprechungen (Zeus-Jupiter, Ares-Mars, Athene-Minerva).

Staat und Religion waren eng miteinander verbunden. Kultische Handlungen und Feierlichkeiten begleiteten und strukturierten den Alltag. Kaiser Augustus wertete religiöse Bräuche wieder auf, förderte Tempelbauten, die Priestervereinigungen und die Schutzgottheiten seiner Familie. Wichtig in der römischen Religion war die Weissagung, die auf die Etrusker zurückgeht. Zunächst eher in privatem Rahmen vollzogen, wurden auch jene kultischen Handlungen von Augustus in den Dienst des Staates und vor allem des Kaisers gestellt. Praktiziert wurde die Eingeweideschau, bei der aus den Organen von Opfertieren, besonders der Leber, auf den Willen der Götter geschlossen wurde. Außerdem wurden Blitze und der Vogelflug gedeutet, ebenso Träume. Die Meinungen zur Glaubwürdigkeit jener Handlungen waren in der Antike verschieden. Unter den Philosophen befürwortete Plato die Weissagung, ebenso die Stoiker, während sich die Kyniker und Epikureer dagegen aussprachen. In Ciceros Werk "Über die Weissagung" werden die konträren Ansichten dargelegt. Ciceros Bruder Quintus ist im Text Befürworter der Weissagung, Cicero selbst hält all das für Aberglauben. Aber die Bedeutung jener Rituale im Staatswesen blieb bis zur Ablösung durch das Christentum erhalten.

Auch orientalische Götter wie Kybele und Isis wurden bereits vor Christus "importiert". Die Kulte dieser Gottheiten verbreiteten sich oft durch das Heer. Auch Mysterienkulte erfreuten sich bei den Soldaten großer Beliebtheit. Der Mithraskult, über den relativ wenig bekannt ist, stand zeitweise in Konkurrenz zum Christentum. Doch auch das Christentum gewann an Einfluss. Berühmt wurden die "Christenbriefe" zwischen Kaiser Trajan und seinem Statthalter Plinius. Die römische Oberschicht betrachtete die Religion der Christen als Gefahr für die öffentliche Ordnung, weil jene sich dem Kaiserkult verweigerten. Der Kaiserkult aber war Staatsreligion, verbindendes Element zwischen den Provinzen des Imperiums und der Zentralgewalt in Rom. Verehrt wurde der Genius der verstorbenen Kaiser. Fraglich ist, ob die Kaiser selbst daran glaubten. Das mag von Fall zu Fall unterschiedlich gewesen sein. Vespasian witzelte, als er spürte, dass sein Ende nahte: "Weh mir, ich glaube, ich werde ein Gott." Labile Herrscher, die dem Cäsarenwahn verfallen waren oder Minderwertigkeitskomplexe kompensieren mussten, waren sicher anfällig für derartige Vorstellungen. Der Kaiserkult stärkte die Monarchie und ließ auch lebende Kaiser in die Nähe der Götter rücken.

Als Senatskaiser folgte Trajan dem Beispiel des Augustus. Auf dem Relief der Trajanssäule sieht man ihn in vielen Szenen opfernd als Pontifex Maximus, umgeben von Provinzbewohnern oder Soldaten. Auch Feldzüge wurden von verschiedenen kultischen Handlungen begleitet. Im Panegyrikus hebt Plinius hervor, dass Trajan als Konsul vor seinen Amtshandlungen die Auspizien deuten ließ (76,7). Vor dem Partherkrieg soll er das Orakel im libanesischen Heliopolis befragt haben, und er weihte dem Zeus auf dem Casiosberg bei Antiochia Beutestücke aus den Dakerkriegen. Nicht nur Trajan selbst, auch seine Gattin Plotina, sein leiblicher Vater, seine Schwester Marciana und deren Tochter Matidia wurden divinisiert. Die Maßnahmen zugunsten von Marciana, Matidia und Trajanus pater dienten der antoninischen Dynastie.

Literatur:

Lexikon der Antike, VEB Bibliografisches Institut Leipzig, 1978, Stichwort Religion

Marcus Tullius Cicero: "Von der Weissagung/De divinatione", Suavis Verlag Essen, 2017, ISBN-13: 978-1544068794

Sonntag, 4. März 2018

Essen und Trinken

Die einfachen Leute in Italien und den Provinzen ernährten sich von Getreide, der oft zu Brei verarbeitet wurde, Speck, Käse und Gemüse. Daran änderte sich auch in der Kaiserzeit wenig, vor allem auf dem Lande. Nach 174 v. Chr. gab es dann die ersten Bäcker in Rom, und Brot wurde zu einem wichtigen Nahrungsmittel.

Die Auswüchse eines verschwenderischen Tafelluxus prägen das Bild, das wir heute vom antiken Rom haben. Man muss aber bedenken, dass es sich dabei um Ausnahmen handelte und nur Angehörige der Oberschicht in solchem Luxus schwelgen konnten, wofür sie schon von Zeitgenossen getadelt wurden. Man denkt sofort an Lucullus, der sich nach Beendigung seiner politischen Karriere ganz dem Schlemmen zuwandte. Er importiere den Kirschbaum aus Kleinasien, der sich bald in Europa verbreitete. Zu jener Zeit begannen die Römer, Luxusgüter wie seltene Früchte, Gewürze und Tiere zum Verzehr aus dem Orient einzuführen.

Der Tagesablauf und die Abfolge der Mahlzeiten waren ähnlich wie heute in vielen Ländern des Mittelmehrraumes. Man stand bei Tagesanbruch auf, und erst gegen neun Uhr gab es ein bescheidenes Frühstück, bestehend aus etwas Brot und Käse. Auch das Mittagessen war vergleichsweise einfach. Es gab meist Reste vom Vortag, die schnell nebenbei gegessen wurden. Gegen siebzehn Uhr begann die Hauptmahlzeit, die sich in vornehmen Häusern über mehrere Stunden hinzog. Zu allen Mahlzeiten wurde vermischter Wein getrunken. Von Hadrian ist überliefert, dass er zum Frühstück keinen Wein trank - offenbar eine erwähnenswerte Ausnahme.

Die einfachen Leute in den Städten hatten meist keine Möglichkeit, zuhause zu kochen. Deshalb aßen sie in Gaststuben oder in einer Bar, wo es ein breites Angebot an Speisen gab: Brot, gegrilltes oder geschmortes Fleisch, Würstchen, Teigtaschen, Oliven, Süßigkeiten. Die alten Römer sollen auch schon Teigböden belegt haben ähnlich der heutigen Pizza, nur fehlten ihnen die Tomaten. Luxusrestaurants gab es in der Antike nicht. Die Gaststuben wurden nur von Angehörigen der unteren Schichten aufgesucht und die Mehrheit der Bevölkerung wurde selten richtig satt.

In der frühen Kaiserzeit bis ins Vierkaiserjahr hinein nahm der Luxus Ausmaße an, über die man nur den Kopf schütteln kann. Manche Römer, speziell Kaiser wie Caligula, Nero und Vitellius, gaben Vermögen für Gastmähler aus. Die Verschwendung wurde zum Ziel satirischer Schriften wie dem "Gastmahl des Trimalchio" von Petronius. Er erzählt auf amüsante Weise von der Protzerei eines reichen Emporkömmlings. Auch Seneca prangert solche Exzesse in seinem Ausspruch an: "vomunt ut edunt, edunt ut vomant" - sie erbrechen, um zu essen, und essen, um zu erbrechen. Manche seiner Zeitgenossen mussten sich zwischendurch erleichtern, um sich durch all die Gänge essen zu können. Als Stoiker lehnte Seneca Völlerei und übermäßigen Luxus ab.

Eine Besonderheit der antiken Tischkultur war die Tatsache, dass man zur Tafel lag: Normalerweise waren drei Speisesofas (Klinen) um einen Tisch gruppiert, dessen eine Seite frei blieb, denn von dort aus wurde bedient. Die Sofas waren zum Tisch hin erhöht und jeweils drei Personen fanden auf einem Sofa Platz. Sie legten sich so, dass sie dem Tisch und den anderen Gästen zugewandt waren. Gegessen wurde mit nur einer Hand - und meist mit den Fingern. Besteck war unüblich; Sklaven zerlegten die Speisen in mundgerechte Stücke und servierten sie ihren Herren. Vornehme Gäste brachten auch eigene Diener mit. Die Antike war sehr gastfreundlich und man war immer auf unerwartete Gäste eingestellt. Außerdem erwarteten die Klienten Zuwendungen in Form von Lebensmitteln oder eine Einladung zu Tisch. In größeren Gesellschaften wurde an mehreren Tafeln gespeist. In Häusern, wo bessere Sitten herrschten, nahmen Frauen auf separaten Sofas Platz oder saßen auf Stühlen.

Unter den Flaviern und den nachfolgenden Kaisern kehrte eine gewisse Mäßigung ein. Immer mehr Provinzialrömer, von der stoischen Philosophie beeinflusst, dominierten die Oberschicht und stellten mit Trajan den ersten Kaiser. Umsicht und Vernunft waren angesagt. Zwar ist von Trajan und Hadrian bekannt, dass sie keine Kostverächter waren, aber sie übertrieben nicht.

Plinius der Jüngere berichtet von der Tafel Trajans: "Sie war bescheiden, wenn man an einen Kaiser denkt." (Plinius, Briefe, VI, 31 (13)). Er wollte sicher nicht den Eindruck erwecken, des Princeps Tafel wäre spartanisch. Er berichtet von Musik, Vorlesern und Gesprächen. Künstlerische Darbietungen und angeregte Diskussionen waren bei Gastmählern üblich. Leider erzählt Plinius nichts über die Speisen. Von einem Essen bei sich zuhause berichtet er in einem anderen Brief (I, 15) an einen Freund, der sich angekündigt hatte und doch nicht gekommen war: "Es gab einen Kopf Salat, für jeden drei Weinbergschnecken, zwei Eier, Graupen mit Honigwein und Eis, Oliven, Gurken, Zwiebeln, Mangoldwurzeln …" und andere Köstlichkeiten, die er nicht mehr präzisiert. Flamingozungen, Straußenhirn, Singvögel und exotische Fische fehlen in dieser Aufzählung. Auch Plinius war von der stoischen Philosophie beeinflusst und sprach sich für Mäßigung aus.

Zum Essen wurde Wein gereicht, oft gekühlt oder mit Wasser vermischt. Der Wein der Antike war schwer und ähnelte heutigen Dessertweinen. Man begann mit den feinsten Sorten und war im Laufe des Abends weniger wählerisch. Dem Gastmahl folgte meist ein Gelage, an dem Frauen und Kinder nicht mehr teilnahmen. Die alten Römer tranken oft und reichlich, auch über ein vernünftiges Maß hinaus. Vielen Persönlichkeiten wurde Trunksucht vorgeworfen: Marcus Antonius, Tiberius und auch Trajan. Ich halte es allerdings für übertrieben, ihn als Alkoholiker zu bezeichnen, wie das manche modernen Autoren tun. Dennoch wird Trajans Mundschenk Phaedimus sein Handwerk verstanden haben und zur Hauptmahlzeit gut beschäftigt gewesen sein.

Literatur:

Theodor Birt: "Aus dem Leben der Antike", Quelle & Meyer, Leipzig 1922

Georg Ürögdü: "Reise in das alte Rom", Prisma-Verlag, Leipzig 1966

Peter Conolly: "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln, 1998, ISBN 3-8290-1104-0

Sonntag, 25. Februar 2018

Haarmode, Kosmetik und Make up

In der römischen Kaiserzeit diktierte der Hof die Mode. Das galt auch für Haar- und Barttracht. Deshalb sind Porträts der Kaiser und ihrer Ehefrauen hilfreich, um Bildnisse unbekannter Römer zeitlich einzuordnen. Die einfachen Leute hatten aber oftmals weder Muße noch die Mittel, um dem Herrscher oder dessen Gattin nachzueifern.

Schon unter den Flaviern trugen die vornehmen Damen wahre Kunstwerke von Frisuren, die wir heute als überladen bezeichnen würden. Die Bildnisse der Frauen am Hofe Kaiser Trajans sind aufschlussreich über das Können der Friseurinnen, ornatrices genannt. Die Kaiserin Plotina, die Kaiserschwester Marciana und deren Tochter Matidia trugen kunstvolle Hochfrisuren, bestehend aus zahlreichen geflochtenen Zöpfen, Haarknoten oder Zopfschleife, Stirntoupets, Lockenreihen, oft von Diademen gekrönt. Eine ornatrix brauchte für ihre Arbeit Kamm, Haarbänder, Haarnadeln, einen Ondulierstab zum Brennen von Locken, mitunter auch Nadel und Faden, um Teile der Frisur zu fixieren. Die ornatrix zupfte graue Haare aus und färbte das Haar, wenn gewünscht. Es gab Perücken, sicher auch Haarteile. Zum Färben der Haare benutzte man Hennapulver, aber auch Mixturen aus Asche. Zum Blondieren wurden Färbemittel aus Germanien bezogen. Auch Blautönungen waren bekannt. Die ornatrix musste behutsam vorgehen, wenn sie ihre Herrin frisierte, damit es nicht schmerzte. So manche Dame bestrafte ihre Sklavin durch Schläge, Nadelstiche oder mit den Fingernägeln. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich die Kaiserin Plotina wie eine Furie gebärdete. Ihre ornatrix ist eine der Hauptpersonen in meinem Roman. Gewiss verfügte die Augusta über geschickte Sklavinnen und Freigelassene - in einer Zeit, in der gutes Personal nicht mehr in beliebiger Zahl zur Verfügung stand. Am kaiserlichen Hof wurde auch ausgebildet. Ich kann mir Plotinas Dienerinnen als enge Vertraute vorstellen. Vertrauenswürdig musste man bei so viel Nähe zur Kaiserin sein.

Zu kosmetischen Behandlungen wurden vor allem Gesichtsmasken benutzt. Eselsmilch galt als Schönheitsmittel; die Kaiserin Poppea, Neros Gattin, badete sogar darin. Das Make up der vornehmen Römerinnen bestand aus einer hellen Pudergrundierung, die mit Fett und Honig angereichert wurde. Darüber wurde Rouge aufgetragen, entweder aus einer Lackmusflechte oder aus Purpurfarbe. Die Wimpern und Augenbrauen wurden geschwärzt, Lidschatten und Lidstrich waren grün oder blau. Es gab auch Schönheitspflästerchen, die sogar Männer benutzten. Unverzichtbar waren duftende Öle, Salben und Parfums. Die Frauen ließen ihren gesamten Körper rasieren, was sicher schmerzhaft war.

Die Männer trieben weniger Aufwand als die Frauen. Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. verbreitete sich das Rasieren in Rom. Die Prozedur muss unangenehm gewesen sein. Soldaten und Männer unterer Schichten kann man sich eher stoppelbärtig vorstellen. Die Körperrasur galt als weibisch. Die Männer achteten nur darauf, dass Achselhaare nicht über der Kleidung zu sehen waren. Salböle waren auch unter Männern beliebt; es galt als gesund, sie zu verwenden. Zur Zeit Trajans trugen die meisten Männer die einfache Kurzhaarfrisur des Monarchen. Der Kaiser färbte sein Haar nicht, denn Plinius berichtet, dass es schon zu Beginn seiner Herrschaft grau oder sogar weiß war. Als Licinius Sura, der engste Freund des Herrschers, von Neidern verleumdet wurde, ging Trajan ohne Bewachung zu ihm und ließ sich von seinem Barbier rasieren, um ihm dadurch sein Vertrauen zu bezeugen. Erst Hadrian brachte den Bart wieder in Mode.

Literatur:

Georg Ürögdü: "Reise in das alte Rom", Prisma-Verlag, Leipzig 1966

Karl-Wilhelm Weeber: Alltag im Alten Rom, Das Leben in der Stadt, Patmos Verlag, Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-69042-0

Daniela F. Mayr, Klaus Mayr: "Von der Kunst, Locken auf Glatzen zu drehen", Eichborn Verlag, Frankfurt 2003, ISBN: 3-8218-0734-2

Sonntag, 18. Februar 2018

Medizin, Behinderung und Dienstuntauglichkeit

Die ersten griechischen Ärzte kamen relativ spät, 292 v. Chr. nach Rom, um dort zu wirken. Lange Zeit misstrauten ihnen die Römer und verließen sich lieber auf ihre Hausmittel, die der Hausherr, der pater familias, verordnete. Das änderte sich spätestens zu Beginn der Kaiserzeit, als mit dem stehenden Berufsheer, das Augustus schuf, auch die medizinische Versorgung der Armee organisiert wurde.

In unmittelbarer Nähe der Militärlager entstanden Krankenhäuser mit einem relativ hohen Standard an Zweckmäßigkeit und Hygiene. Auch in Marschlagern wurden solche Stützpunkte geschaffen. Die römischen Soldaten waren gut ausgebildet, und deshalb lag den Kaisern viel daran, dass sie am Leben erhalten und wieder diensttauglich gepflegt wurden. Die Gladiatoren wurden auf ähnliche Weise medizinisch betreut wie die Soldaten. Im zivilen Leben gab es praktizierende Ärzte, und reiche Römer leisteten sich eigene Ärzte. Trajans Leibarzt T. Statilius Crito war mit Sicherheit eine Koryphäe unter den Medizinern der damaligen Zeit. Wie die meisten seiner Kollegen war er auch Pharmazeut: Er stellte seine Medikamente selbst her.

Die Kenntnisse der Ärzte von der menschlichen Anatomie, vom Kreislauf und den inneren Organen waren begrenzt. Medizinische Eingriffe erfolgten vor allem oberflächlich. Pfeilwunden, die nicht tief gingen, konnten relativ gut behandelt werden, wenn auch solche Operationen sehr schmerzhaft waren. Es gab keine Anästhesie, wenn man von Alkohol, dem Saft des Schlafmohns und Kräutern wie der Alraunenwurzel absieht, die damals zur Betäubung eingesetzt wurden. Es gab Allgemeinärzte und Spezialisten wie Augenärzte, Zahnärzte, Chirurgen. Auch Ärztinnen gab es, nicht nur Hebammen. In Ostia ist das Grab eines Gynäkologen und einer Hebamme überliefertes Zeugnis einer Praxisgemeinschaft.

Bei inneren Verletzungen waren die antiken Ärzte meist machtlos. Amputationen wurden durchgeführt, aber wenn der Patient überlebte, war er mit hoher Wahrscheinlichkeit dienstuntauglich. Es gibt literarische Berichte von Holzfüßen und eisernen Händen, aber derartige Verletzungen waren mit solchen Einschränkungen verbunden, dass die Betroffenen am ehesten noch Hilfstätigkeiten bei der Armee versehen konnten, die normalerweise Sklaven oder Freigelassene erledigten. Ähnlich war das wohl im zivilen Leben. Gut dran waren diejenigen, die mit Hilfe von Angehörigen und Sklaven noch ein Gewerbe ausüben oder Land bestellen konnten. Beinprothesen sind erst aus dem frühen Mittelalter erhalten, aber zweifellos gab es sie schon früher. Menschen mit Behinderungen wurden damals eher gemieden. Krankheiten, Fehlbildungen, sogar Kriegsverletzungen galten als Strafen der Götter. Ein Gegenbeispiel ist der römische Kaiser Claudius, der unter leichten körperlichen Behinderungen litt und dennoch auf den Thron gelangte. Zwar konnte ihn Seneca, immerhin ein Intellektueller, nach seinem Tod verspotten, aber die Überlieferung würdigt auch seine Vorzüge als Herrscher.

Mein Protagonist ist ein hoffnungsvoller junger Mann, der das Vertrauen des Kaisers genießt und dem eine glänzende Karriere mit Aufstieg in den Ritterstand so gut wie sicher ist. Aber er verliert zu Beginn des ersten Dakerkrieges seinen rechten Unterarm. Warum ich so etwas schreibe? Unter anderem deswegen, weil mir ein solcher Fall realistischer vorkommt als das Gegenteil: der strahlende, unverwundbare Held. Gaius hat Glück: Die Protektion durch den Kaiser und seine persönlichen Fähigkeiten sorgen dafür, dass er nicht in Armut abstürzt oder betteln muss. Aber in der Garde kann er nicht mehr dienen, und auch in anderem Zusammenhang erfährt er Zurücksetzung, weil es, wie er gelegentlich hört, auch aufs Äußere ankommt.

Seine Art, sein Schicksal anzunehmen und nicht aufzugeben, beeindruckt mich. Diese Figur hat sich allmählich geformt, und der Mann ist mir ein Vorbild. Er weigert sich, die Erwartungen seiner Familie zu erfüllen. Er lässt sich beeinflussen, wenn er es für richtig hält. Und trotz seiner Verletzung wird er attraktiver. Gaius lässt sich Prothesen anfertigen und ist zeitweise wieder als Leibwächter im Einsatz. Oft ist ihm die Prothese aber auch hinderlich, und er geht immer offener mit seinem körperlichen Makel um. Ich gebe zu, dass er ein ziemlich moderner Charakter ist.

Die jüngere Matidia, Großnichte Kaiser Trajans und im Roman Freundin des Protagonisten, ist in meiner Geschichte auch ein wenig beeinträchtigt: Sie schielt. Es ist seltsam, dass diese Frau im Unterschied zu ihren beiden Halbschwestern keine Rolle in der Dynastie spielte. Eine Behinderung kann ein Grund dafür gewesen sein, aber auch andere, nicht überlieferte Gründe sind denkbar.

Literatur:

Ernst Künzl: "Medizin in der Antike", Theiss Verlag GmbH; Stuttgart 2002, ISBN 3-8062-1669-X

Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0886-8