Sonntag, 11. März 2018

Religion im alten Rom

Die Götterwelt der Antike war differenziert. Bereits die Religion der Griechen war vielfältigen Einflüssen unterworfen. Die römische Religion war zunächst geprägt von diversen Funktionsgöttern, zu Gottheiten erhobenen Naturgewalten, Werten und Dingen des alltäglichen Lebens. Es gab bäuerliche Gottheiten wie Tellus (Erde) und Ops (Ernte), Götter der Kornspeicher, der Baumfrüchte, Waldgötter wie Faunus und Silvanus und diverse Gottheiten, die sich aufs Leben in der Stadt und dessen gesetzliche Grundlagen bezogen wie der altrömische Gott Quirinus und der Flussgott Tiberius. Man verehrte die Hausgötter, Laren, den eigenen Genius, aber es gab auch eine Fiebergöttin und eine Begräbnisgöttin. Später kamen altrömische Werte hinzu wie Honos (Ehre) und Pietas (Frömmigkeit). Weitere Einflüsse kamen von den Etruskern und von den Griechen. Viele griechische Gottheiten haben römische Entsprechungen (Zeus-Jupiter, Ares-Mars, Athene-Minerva).

Staat und Religion waren eng miteinander verbunden. Kultische Handlungen und Feierlichkeiten begleiteten und strukturierten den Alltag. Kaiser Augustus wertete religiöse Bräuche wieder auf, förderte Tempelbauten, die Priestervereinigungen und die Schutzgottheiten seiner Familie. Wichtig in der römischen Religion war die Weissagung, die auf die Etrusker zurückgeht. Zunächst eher in privatem Rahmen vollzogen, wurden auch jene kultischen Handlungen von Augustus in den Dienst des Staates und vor allem des Kaisers gestellt. Praktiziert wurde die Eingeweideschau, bei der aus den Organen von Opfertieren, besonders der Leber, auf den Willen der Götter geschlossen wurde. Außerdem wurden Blitze und der Vogelflug gedeutet, ebenso Träume. Die Meinungen zur Glaubwürdigkeit jener Handlungen waren in der Antike verschieden. Unter den Philosophen befürwortete Plato die Weissagung, ebenso die Stoiker, während sich die Kyniker und Epikureer dagegen aussprachen. In Ciceros Werk "Über die Weissagung" werden die konträren Ansichten dargelegt. Ciceros Bruder Quintus ist im Text Befürworter der Weissagung, Cicero selbst hält all das für Aberglauben. Aber die Bedeutung jener Rituale im Staatswesen blieb bis zur Ablösung durch das Christentum erhalten.

Auch orientalische Götter wie Kybele und Isis wurden bereits vor Christus "importiert". Die Kulte dieser Gottheiten verbreiteten sich oft durch das Heer. Auch Mysterienkulte erfreuten sich bei den Soldaten großer Beliebtheit. Der Mithraskult, über den relativ wenig bekannt ist, stand zeitweise in Konkurrenz zum Christentum. Doch auch das Christentum gewann an Einfluss. Berühmt wurden die "Christenbriefe" zwischen Kaiser Trajan und seinem Statthalter Plinius. Die römische Oberschicht betrachtete die Religion der Christen als Gefahr für die öffentliche Ordnung, weil jene sich dem Kaiserkult verweigerten. Der Kaiserkult aber war Staatsreligion, verbindendes Element zwischen den Provinzen des Imperiums und der Zentralgewalt in Rom. Verehrt wurde der Genius der verstorbenen Kaiser. Fraglich ist, ob die Kaiser selbst daran glaubten. Das mag von Fall zu Fall unterschiedlich gewesen sein. Vespasian witzelte, als er spürte, dass sein Ende nahte: "Weh mir, ich glaube, ich werde ein Gott." Labile Herrscher, die dem Cäsarenwahn verfallen waren oder Minderwertigkeitskomplexe kompensieren mussten, waren sicher anfällig für derartige Vorstellungen. Der Kaiserkult stärkte die Monarchie und ließ auch lebende Kaiser in die Nähe der Götter rücken.

Als Senatskaiser folgte Trajan dem Beispiel des Augustus. Auf dem Relief der Trajanssäule sieht man ihn in vielen Szenen opfernd als Pontifex Maximus, umgeben von Provinzbewohnern oder Soldaten. Auch Feldzüge wurden von verschiedenen kultischen Handlungen begleitet. Im Panegyrikus hebt Plinius hervor, dass Trajan als Konsul vor seinen Amtshandlungen die Auspizien deuten ließ (76,7). Vor dem Partherkrieg soll er das Orakel im libanesischen Heliopolis befragt haben, und er weihte dem Zeus auf dem Casiosberg bei Antiochia Beutestücke aus den Dakerkriegen. Nicht nur Trajan selbst, auch seine Gattin Plotina, sein leiblicher Vater, seine Schwester Marciana und deren Tochter Matidia wurden divinisiert. Die Maßnahmen zugunsten von Marciana, Matidia und Trajanus pater dienten der antoninischen Dynastie.

Literatur:

Lexikon der Antike, VEB Bibliografisches Institut Leipzig, 1978, Stichwort Religion

Marcus Tullius Cicero: "Von der Weissagung/De divinatione", Suavis Verlag Essen, 2017, ISBN-13: 978-1544068794

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