Sonntag, 26. November 2017

Gladiatorenkämpfe

Mit den "Spielen", die, so ein weit verbreitetes Urteil, neben den Getreidespenden das waren, wonach das römische Volk lechzte und womit es von den Kaisern ruhig gestellt wurde, sind vor allem die Gladiatorenkämpfe gemeint, die als Massenunterhaltung im Amphitheater aufgeführt wurden. Fast jede Stadt verfügte über eine solche Arena, aber das Kolosseum war das größte jener Bauwerke.

Die Auseinandersetzung mit dieser Form der Unterhaltung gerät oft etwas einseitig. Mit dem Thema ist es wie mit vielen anderen auch. Ich gestatte mir hier eine Abschweifung in die Literatur. In seinem Roman "Bis ich dich finde" schildert John Irving die Erlebnisse der Hauptfigur einmal aus der Perspektive des Kindes, in der die Sicht der Mutter dominiert, und ein zweites Mal aus der Sicht des Erwachsenen, wo sich vieles ganz anders darstellt. Der veränderte Blickwinkel und die Details führen zu einer anderen, neuen Geschichte. Ich will damit nicht behaupten, eine Geschichte sei wahr und die andere falsch. Es gibt viele Wahrheiten.

Es ist ein Verdienst des Historikers Dr. Marcus Junkelmann, Themen aus der römischen Geschichte einem breiten Publikum nahe zu bringen und mit Liebe zum Detail Klischeevorstellungen auszuräumen. Sein Buch "Das Spiel mit dem Tod - so kämpften Roms Gladiatoren" möchte ich jedem ans Herz legen, der tiefer in das Thema eindringen will.

Ursprünglich fanden Gladiatorenkämpfe zu Leichenfeiern und Totengedenktagen statt, zunächst vorzugsweise auf dem Forum. In der Kaiserzeit waren die Spiele Geschenke des Herrschers an das Volk. Augustus regelte Ablauf und Organisation ebenso wie die Sitzordnung der Zuschauer. Trajan gab anlässlich des Sieges über die Daker dem Volk Spiele, die alle bisherigen übertrafen. Innerhalb von 123 Tagen kämpften 10.000 Gladiatoren in der Arena. Ausbildung, Ausrüstung, Verpflegung und Versorgung der Gladiatoren waren ein lukratives Geschäft von privaten Unternehmern, bei denen die Veranstalter der Spiele die Leistungen beauftragten und einkauften. In der Kaiserzeit kümmerten sich zunehmend die Herrscher darum.

Jene Kämpfe waren keinesfalls ein wildes gegenseitiges Abschlachten von Männern, die dazu gezwungen wurden. Die römische Gladiatur war ein Kampfsport mit oftmals tödlichem Ausgang, der genauen Regeln unterworfen war und von exzellent ausgebildeten und gut verpflegten Männern ausgeübt wurde. Zu jener Zeit waren die meisten Gladiatoren Freiwillige. Nicht alle starben in Ausübung ihres Berufes. Es geschah gar nicht so selten, dass die Fechter nach mehreren erfolgreich absolvierten Kämpfen ehrenvoll aus ihrem Beruf entlassen wurden. Und so manche Gladiatoren machten trotzdem weiter. Die erfolgreichen unter ihnen waren Publikumslieblinge, hatten zahlreiche Fans und Verehrerinnen. Im Amphitheater kochten die Emotionen hoch. Eindrücklich wurde das Kolosseum der Römerzeit im Hollywood-Film "Gladiator" zum Leben erweckt. Ich empfehle Peter Conollys Bildband "Die antike Stadt". In Rekonstruktionen wird deutlich, dass das heutige Wahrzeichen Roms nur noch ein Schatten des antiken Bauwerkes ist. Das Amphitheater war prachtvoll wie zweckmäßig, mit Stuck und Malerei verziert, ausgestattet mit Sonnensegeln, die ausgefahren werden konnten. Im Innern gab es ein komplexes System von Treppen und Korridoren, Hebebühnen und Falltüren. Zur Eröffnung des Kolosseums im Jahr 80 wurde die Arena geflutet, um eine Seeschlacht nachzustellen. Unklar ist, ob dies noch möglich war, als die Kellerräume ausgebaut wurden. Dort befanden sich die Bühnentechnik, Gefängnisse für die zum Tode Verurteilten, Käfige für wilde Tiere sowie ein unterirdischer Gang zum ludus magnus, der Gladiatorenkaserne.

Grausam muten vor allem die Hinrichtungen an, die in den Mittagspausen stattfanden. Straftäter wurden entweder zum Kampf Mann gegen Mann oder verschärft ad bestias verurteilt. Letztere wurden von wilden Tieren zerrissen. Dass sich die Bevölkerung daran ergötzte, sich gar über die Verurteilten lustig machten, erfüllt uns heute mit Unverständnis und Entsetzen. Ähnlich urteilten aber schon damalige Intellektuelle.

Der Kampf auf Leben und Tod in der Arena faszinierte die alten Römer. Tapferkeit, Mut, das Streben nach Ruhm und die Bereitschaft, den Tod im Kampf als Schicksal anzunehmen, galten als römische Tugenden. Somit entsprach die Begeisterung für die Spiele nicht nur dem Bedürfnis nach Zerstreuung, sondern dem römischen Verständnis von Ehre. Plinius der Jüngere berichtet im Panegyrikus: "Nun wurden der Schaulust Spiele geboten! Doch nicht solche mit erschlaffender Wirkung, geeignet, die Energien der Männer zu schwächen und zu brechen, sondern Spiele, die anspornten, ehrenvolle Wunden zu empfangen und den Tod zu verachten, weil man sogar an kämpfenden Sklaven und Verbrechern den Drang zum Ruhm und das Verlangen nach Sieg beobachten konnte. " (Panegyrikus, 33). Auch Angehörige der Oberschicht ließen sich in der Gladiatur ausbilden. Waffentraining zur Körperertüchtigung galt als ehrenhaft und gehörte zur Ausbildung junger Männer der Aristokratie. Traten Adlige oder gar der Kaiser öffentlich in der Arena auf, galt das als anstößig.

Wir müssen uns heute vergegenwärtigen, wie hart und entbehrungsreich das Leben für die Bevölkerung damals war. Essen und gelegentliche Höhepunkte im Alltag sind menschliche Grundbedürfnisse. Und man tut den alten Römern Unrecht, wenn man das Kolosseum nur als antike Hinrichtungsstätte betrachtet. Neben staatspolitischen und technischen Errungenschaften gehören auch die Spiele im Amphitheater zu jener Hochkultur, die wir nicht bis ins Letzte verstehen können. In einer Zeit, da Heerscharen von Spezialisten Horroreffekte produzieren, damit sich die Zuschauer an entsprechenden Bildern ergötzen, sollte man vorsichtig sein mit der Verurteilung antiker Grausamkeit. Voyeurismus beim Filmen von Pannen, Missgeschicken bis hin zu Unfällen und Katastrophen und Verbreiten solcher Bilder sind ebenfalls allzu menschlich.

Literatur:

Marcus Junkelmann: Das Spiel mit dem Tod, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2563-0

Peter Conolly: "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft Köln 1998, ISBN 3-8290-1104-0

Sonntag, 19. November 2017

Die Unterschichten der Stadt Rom

Über Jahre und Jahrzehnte hinweg hat sich ein Bild des römischen Volkes verfestigt, das der Differenzierung bedarf.

Man kann das Volk der Stadt Rom und anderer Städte des Imperiums grob unterscheiden in frei Geborene, Freigelassene und Sklaven. Die Stellung und der Reichtum der Menschen hingen aber nicht nur von diesen Unterscheidungsmerkmalen ab. Die kaiserlichen Freigelassenen waren mächtig und wurden auch von Angehörigen der Oberschicht respektiert. Sie waren gut ausgebildet und spezialisiert, hatten einträgliche Stellungen und lebten in Sicherheit, während frei Geborene, die als Händler, Handwerker, aber auch Tagelöhner tätig waren, ein größeres wirtschaftliches Risiko trugen und in vielen Fällen sehr arm waren. Viele Sklaven reicher Römer oder des Kaisers führten ein deutlich besseres Leben als manche Freie. Zur Scheu vor den kaiserlichen Freigelassenen passt eine bei Plinius dem Jüngeren überlieferte Begebenheit. Eurythmus, Freigelassener Trajans, wurde zusammen mit einem römischen Ritter beschuldigt, Zusätze zu einem Testament gefälscht zu haben. Die Erben hatten den Kaiser gebeten, den Fall zu untersuchen. Einige von ihnen wollten aus Rücksicht auf Eurythmus auf die Anklage verzichten. Trajan antwortete darauf: "Weder ist er ein Polyclit, noch bin ich ein Nero." Er spielte auf einen Freigelassenen Neros an, der seine Macht missbrauchte, und wollte die Erben gleichermaßen ermutigen wie ihnen vermitteln, dass er nicht aufgrund seines Patronatsverhältnisses Partei für Eurythmus übernehmen würde (Plinius der Jüngere, Briefe, VI, 31, (7). Jener Fall ist auch exemplarisch dafür, dass sich jeder Bürger mit seinem Anliegen an den Kaiser wenden konnte. Für derartige Eingaben gab es eine spezielle Kanzlei (a libellis).

In der Kaiserzeit, Ende des ersten und Anfang des zweiten Jahrhunderts, herrschten andere Verhältnisse als zum Ende der Republik. Es gab längst keinen ständigen Nachschub mehr von Sklaven aus eroberten Gebieten. Die Bevölkerung unterworfener Gebiete wurde durchaus nicht komplett versklavt. Sklavinnen wurden sogar belohnt, wenn sie Kinder gebaren und damit für Nachwuchs sorgten. Sklaven in den Städten konnten damit rechnen, nach einer gewissen Anzahl von Dienstjahren von ihrem Herrn freigelassen zu werden. Oft erfolgte die Freilassung um das 30. Lebensjahr herum. Die Aussicht auf Freilassung motivierte die Sklaven. Zu jener Zeit setzte es sich in der römischen Oberschicht, auch unter Einfluss der philosophischen Schulen, immer mehr durch, die Sklaven human zu behandeln. Ihre Herren fühlten sich für sie verantwortlich, sorgten für Unterkunft und Ernährung. Auf dem Land lebten die Sklaven unter schlechteren Bedingungen und wurden seltener freigelassen.

Die Kaiser erließen verschiedene Gesetze zugunsten der Sklaven, um sie vor Willkür zu schützen. Freigelassene waren ehemalige Sklaven, und bereits das Kind eines Freigelassenen galt als frei geboren. Viele Angehörige der oberen Schichten stammten von Freigelassenen ab. Die Gesetzgebung war darauf bedacht, dass nicht zu viele Sklaven gleichzeitig freigelassen wurden, damit diese nicht in großer Zahl gesellschaftlichen Einfluss nehmen konnten. Wenn ein reicher Römer plante, seinen Sklaven nach seinem Ableben die Freiheit zu schenken, musste er das schrittweise tun.

Die Unterschichten in Rom wurden vom Kaiser mit Getreide versorgt. Es gab Listen mit den Namen der Empfangsberechtigten. Trajan nahm alle Kinder unter die Empfänger dieser Spenden auf. In den anderen Städten sorgten Angehörige der Oberschicht auf ähnliche Weise für die Bevölkerung. Lebensmittelknappheit konnte zu Aufständen und gar zu Gewalt gegen die Herrschenden führen. Die Getreideversorgung der Stadt Rom lag den Kaisern am Herzen. Eine Flotte von Frachtschiffen sorgte für die Lieferungen vor allem aus Ägypten. Augustus muss die Verwaltung der "Kornkammer Roms" als so sensibel erachtet haben, dass er die Provinz durch einen Präfekten (Ritter) verwalten ließ, um dort keinen potentiellen Konkurrenten (Senator) einzusetzen. Seine Nachfolger behielten diese Verfahrensweise bei.

Die Freigelassenen waren ihren ehemaligen Herrn als Klienten verbunden und wurden von ihnen unterstützt, revanchierten sich aber auch durch ihre Gefolgschaft, durch anteilige Zahlungen aus ihren Einkünften und persönliche Dienstleistungen bis hin zur Krankenpflege. Manche von ihnen empfanden das Patron-Klient-Verhältnis als demütigend und mitunter wurden die Freigelassenen sogar von den Sklaven des Herrn herablassend behandelt.

Neben den regelmäßigen Getreidespenden und sonstigen Schenkungen des Kaisers hatte die Bevölkerung Roms auch bessere und vielfältigere Verdienstmöglichkeiten als auf dem Land. Nicht zuletzt bot die Stadt auch diverse Möglichkeiten, sich zu amüsieren und zu zerstreuen: bei den Gladiatorenkämpfen im Amphitheater, beim Wagenrennen, im Theater, aber auch in Bordellen. Die - meiner Meinung nach zu Unrecht - geschmähte Massenunterhaltung in der römischen Antike werde ich in den folgenden Texten etwas genauer betrachten. Aber nicht nur im Amphitheater oder im Circus begegneten die Römer dem Kaiser. Wenn er in der Öffentlichkeit erschien, fanden die Leute Gelegenheit, ihn anzusprechen. Viele Herrscher, so auch Trajan, galten als zugänglich. Plinius berichtet im Panegyrikus: "Wenn der Princeps mitten durchs Volk geht, können die Leute ungehindert stehenbleiben, auf ihn zugehen, ihn begleiten, ihn überholen." (Plinius der Jüngere, Panegyrikus 24,3). Cassius Dio erzählt über Hadrian, dass er auf der Straße von einer Frau angesprochen wurde, die ihn um etwas bitten wollte. Er antwortete ihr, er hätte keine Zeit, worauf sie ihm zurief, dass er dann auch nicht Kaiser sein solle. Da blieb Hadrian stehen und hörte sie an.

Literatur:

Geza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-515-09841-0

Cassius Dio, Epitome of Book 68

Montag, 13. November 2017

Der Ritterstand

Die Prätorianerpräfekten, denen die Garde unterstand, hatten die Spitze des Ritterstandes erreicht und wurden meist als Dank für ihre Dienste in den Senatorenstand erhoben. An Macht und Ansehen übertrafen diese Männer viele Senatoren. Dies galt auch für andere ritterliche Spitzenpositionen. Es gab Ritter, die reicher als Senatoren waren.

Das Mindestvermögen für einen Ritter betrug 400.000 Sesterzen. Die Besitzunterschiede innerhalb dieses Standes waren beträchtlich, was jedoch auch auf den Senatorenstand zutraf. Es gab wesentlich mehr Ritter als Senatoren. Unter Augustus gehörten um die 20.000 Männer dem Ritterstand an. Den Angehörigen der Oberschicht waren bestimmte Sitzreihen im Theater vorbehalten. Die besten Plätze nahmen der Kaiser und die Senatoren ein, gefolgt von den Rittern. Jene trugen zwei schmale Purpurstreifen an der Toga, die Senatoren einen breiten. Allein schon an diesen äußerlichen Zeichen ihres Ranges wird deutlich, dass sich die Angehörigen des Ritterstandes in ihren Werten an denen des Senatorenstandes orientierten. Der Tradition zufolge waren sie beritten, was sie alljährlich mit einer Reiterparade in Rom feierten. Jener Festumzug entstammte den Traditionen der römischen Republik und war ursprünglich eine Musterung der Ritter, die jährlich von Censoren durchgeführt wurde. Augustus ließ diesen Brauch wieder aufleben. Ritter, die weiter von Rom entfernt bzw. in den Provinzen lebten, nahmen an der Parade nicht teil. Ab dem 35. Lebensjahr war man davon befreit.

Während die Zugehörigkeit zum Senatorenstand erblich war, trifft dies auf den Ritterstand nicht zu. Zwar wurden die Söhne von Rittern oft ebenfalls Ritter, aber die Aufnahme in diesen Stand erfolgte durch persönliche Verdienste, Eignung, Beförderung bzw. Protektion. Der Ritterstand war der Finanzadel Roms. Viele Ritter waren Steuerpächter, Händler und Bankiers, aber ihre Haupteinnahmequelle war der Grundbesitz. Ein weiterer Weg in den Ritterstand war die Offizierslaufbahn. Centurionen, vor allem die ranghöchsten unter ihnen, strebten in den zweiten Adel. Als Tribunen und Präfekten übernahmen sie hohe Kommandos beim Heer und den städtischen Kohorten sowie der Feuerwehr. Im zivilen Bereich wurden geeignete Ritter kaiserliche Beamte (Prokuratoren), oder sie fanden Beschäftigung am kaiserlichen Hof. Die Prokuratoren übernahmen Aufgaben in der Provinzverwaltung und entlasteten die Statthalter. Gegenseitige Kontrolle war Nebenerscheinung der Zusammenarbeit zwischen ritterlichen und senatorischen Beamten. Adlige unterworfener oder befreundeter Völker wurden Ritter. Ein berühmtes Beispiel ist der Cheruskerfürst Arminius. Die Eliten jener Völker wurden auf diese Weise schnell integriert und trugen die Romanisierung mit - was in den meisten Fällen funktionierte. Normalerweise war eine freie Geburt Bedingung für eine Aufnahme in den Ritterstand, aber es gab auch Ausnahmen, in denen Freigelassene befördert wurden.

Manchen Rittern ging es weniger gut, und sie waren auf die Unterstützung reicher Patrone angewiesen, so der Dichter Martial, der in seinen Epigrammen seinen Gönnern huldigt, aber auch über die Abhängigkeit von ihnen klagt. Zu den Zuwendungen der Patrone zählten Fürsprachen, Einladungen und (Geld-) Geschenke, aber auch Lebensmittelspenden. Die Klienten revanchierten sich durch diverse Gefälligkeiten und Dienstleistungen sowie ihre Gefolgschaft, die dem Patron öffentliches Ansehen verlieh. Jene Beziehungen waren enorm wichtig, da die staatliche Fürsorge begrenzt war. Patrone Martials waren neben den Kaisern Titus und Domitian die Senatoren Licinius Sura und Plinius der Jüngere. Letzterer schenkte dem Dichter das Reisegeld, als dieser in seine spanische Heimat zurückkehrte.

Unter Trajan sind drei Prätorianerpräfekten namentlich bekannt: Attius Suburanus, Claudius Livianus und Acilius Attianus. Aber auch andere Ritter hatten Spitzenpositionen inne wie Pompeius Planta, der Präfekt von Ägypten, den Trajan als seinen Freund bezeichnete. Marcius Turbo, der Freund Hadrians, war zunächst Centurio, anschließend Tribun der vigeles (Feuerwehr), der equites singulares Augusti und der Prätorianer, kommandierte im Partherkrieg die Flotte von Misenum, bewährte sich in verschiedenen militärischen Aufgaben und wurde schließlich Hadrians Prätorianerpräfekt. Neben diesen mächtigen Männern gab es aber auch Ritter, die nicht unter die führenden Beamten und Offiziere aufstiegen.

Literatur:

Geza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-515-09841-0

Marcus Junkelmann: Die Reiter Roms, Teil II, Vom Reiteradel zum Offiziersadel, Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 1991, ISBN 3-8053-1139-7

Sonntag, 5. November 2017

Der Senatorenstand

An der Spitze des römischen Imperiums stand eine überschaubare Gruppe von Männern: Zunächst der Princeps, unumschränkter Herrscher, gefolgt von ausgewählten Senatoren, den Konsularen, seinen engsten Helfern und Freunden. Nicht jeder Senator rückte in eine derartige Position auf.

Kaiser Augustus, der den Prinzipat schuf, legte die Zahl der Senatoren auf 600 fest. Daran änderte sich auch in der "Hohen Kaiserzeit" unter den sogenannten Adoptivkaisern nicht viel. Seit Augustus war die Zugehörigkeit zum Senatorenstand erblich: Die Söhne von Senatoren wurden ebenfalls Senatoren. Auch gab es seitdem eine Trennung senatorischer und ritterlicher Ämter. Geeignete Ritter wurden in den Senat aufgenommen. Darüber entschied der Kaiser. Ein Senator musste mindestens über ein Vermögen von einer Million Sesterzen verfügen.

Viele Senatoren waren jedoch weitaus reicher. Plinius der Jüngere, dessen Vermögen auf 20.000.000 Sesterzen geschätzt wird, war kein sonderlich reicher Senator. Das Vermögen erwarb man durch Erbschaften und Heirat, auch durch Geldverleih; vor allem aber bestand es aus Grundbesitz und den Erträgen daraus. Das Römische Reich war ein Agrarstaat. Die Senatoren waren stolz darauf, dem vornehmsten Stand anzugehören. Sie kannten untereinander, waren durch familiäre und freundschaftliche Beziehungen miteinander verbunden. Natürlich gab es auch Konkurrenzdenken und Intrigen innerhalb des Senats.

Zum Selbstverständnis der Senatoren gehörte die Bereitschaft, dem Staat zu dienen, Ämter auszuüben und durch Patronatsverhältnisse sowie Spenden, Unterstützung weniger Vermögender bzw. Schenkungen Verantwortung und Fürsorge zu tragen. Gewiss war diese Bereitschaft unterschiedlich ausgeprägt, aber sie trifft in hohem Maße auf die Konsulare und den Kaiser zu. Ihren luxuriösen Lebensstil verstanden jene Männer als verdienten Ausgleich zu ihren Pflichten und Mühen im Dienste des Staates. Prächtige Stadthäuser und komfortable Villen außerhalb von Rom zeugen davon. Ein vermögender Römer zeigte seinen Reichtum und seine Erfolge gern öffentlich. Auch Wohltaten für die Öffentlichkeit zählten letztlich zur Selbstdarstellung.

Die Kaiser standen in ihrer Entscheidungsgewalt zwar über dem Senat, aber die erfolgreichen unter ihnen waren um ein gutes Einvernehmen mit dem Hohen Haus bemüht. Dies trifft besonders auf Trajan zu. Domitian hatte sich in seinen letzten Jahren durch sein zunehmendes Misstrauen gegen seine Umgebung und sein despotisches Gebaren den Hass des Senats zugezogen. Trajan grenzte sich deutlich davon ab. Durch Gesten der Bescheidenheit, aber auch durch Gesetze wertete er den Senat wieder auf. Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass seine Fürsorge und sein Bemühen um Akzeptanz als Herrscher nicht nur dem Senat, sondern allen Schichten galten.

Plinius der Jüngere gibt im Panegyrikus die Begeisterung der Senatoren wider, die sich freier und durch das zuvorkommende Verhalten Trajans aufgewertet fühlten. Trajan betete, dass die Wahlen der Konsuln zu einem guten, glücklichen Ergebnis führen sollten für den Senat, den Staat und für ihn selbst - die Reihenfolge erregte Aufsehen. Die Senatoren antworteten darauf mit begeisterten Rufen und "Lobpreisungen", sprangen vor Aufregung von ihren Sitzen. Trajan war gerührt. (Plinius, Panegyrikus, 72).

Kaiser Trajan erließ auch Gesetze zum Wohle der Senatoren. Es kam vor, dass der Kaiser als Zwischenerbe eingesetzt wurde. Der vierte Teil des Erbes hätte ihm als Testamentsvollstrecker zugestanden. Trajan verzichtete darauf und war somit lediglich ehrenamtlicher Treuhänder. Solche Fälle betrafen in erster Linie die Oberschicht. Aus derartigen Geschäften hatten die Delatoren in früheren Zeiten, besonders unter Domitian, ihre Vermögen aufgebessert. Den Majestätsbeleidigungsprozessen machte Trajan ein Ende. Er vertrieb die Delatoren aus Rom und ließ keine derartigen Anklagen mehr zu.

Plinius der Jüngere berichtet, dass Trajan, wenn er Konsul war, das Amt (das zu jener Zeit eher eine formale Auszeichnung war) achtete und sich wie ein "großer Konsul vom alten Schlag" verhielt: Es gab, wenn er das Haus verließ, keinen großen Aufwand, keine kaiserliche Prachtentfaltung und keine Verzögerungen. Auf der Schwelle des Hauses wurden die Auspizien eingeholt. Die Liktoren verhielten sich rücksichtsvoll und drängten niemanden beiseite. (Plinius, Panegyrikus, 76,6) Ich kann mir derartige Szenen zur Zeit Trajans gut vorstellen.

Literatur:

Geza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Der Senatorenstand; Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-515-09841-0

Martin Fell: Optimus Princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Trajans, tuduv-Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-88073-417-8