Sonntag, 5. November 2017

Der Senatorenstand

An der Spitze des römischen Imperiums stand eine überschaubare Gruppe von Männern: Zunächst der Princeps, unumschränkter Herrscher, gefolgt von ausgewählten Senatoren, den Konsularen, seinen engsten Helfern und Freunden. Nicht jeder Senator rückte in eine derartige Position auf.

Kaiser Augustus, der den Prinzipat schuf, legte die Zahl der Senatoren auf 600 fest. Daran änderte sich auch in der "Hohen Kaiserzeit" unter den sogenannten Adoptivkaisern nicht viel. Seit Augustus war die Zugehörigkeit zum Senatorenstand erblich: Die Söhne von Senatoren wurden ebenfalls Senatoren. Auch gab es seitdem eine Trennung senatorischer und ritterlicher Ämter. Geeignete Ritter wurden in den Senat aufgenommen. Darüber entschied der Kaiser. Ein Senator musste mindestens über ein Vermögen von einer Million Sesterzen verfügen.

Viele Senatoren waren jedoch weitaus reicher. Plinius der Jüngere, dessen Vermögen auf 20.000.000 Sesterzen geschätzt wird, war kein sonderlich reicher Senator. Das Vermögen erwarb man durch Erbschaften und Heirat, auch durch Geldverleih; vor allem aber bestand es aus Grundbesitz und den Erträgen daraus. Das Römische Reich war ein Agrarstaat. Die Senatoren waren stolz darauf, dem vornehmsten Stand anzugehören. Sie kannten untereinander, waren durch familiäre und freundschaftliche Beziehungen miteinander verbunden. Natürlich gab es auch Konkurrenzdenken und Intrigen innerhalb des Senats.

Zum Selbstverständnis der Senatoren gehörte die Bereitschaft, dem Staat zu dienen, Ämter auszuüben und durch Patronatsverhältnisse sowie Spenden, Unterstützung weniger Vermögender bzw. Schenkungen Verantwortung und Fürsorge zu tragen. Gewiss war diese Bereitschaft unterschiedlich ausgeprägt, aber sie trifft in hohem Maße auf die Konsulare und den Kaiser zu. Ihren luxuriösen Lebensstil verstanden jene Männer als verdienten Ausgleich zu ihren Pflichten und Mühen im Dienste des Staates. Prächtige Stadthäuser und komfortable Villen außerhalb von Rom zeugen davon. Ein vermögender Römer zeigte seinen Reichtum und seine Erfolge gern öffentlich. Auch Wohltaten für die Öffentlichkeit zählten letztlich zur Selbstdarstellung.

Die Kaiser standen in ihrer Entscheidungsgewalt zwar über dem Senat, aber die erfolgreichen unter ihnen waren um ein gutes Einvernehmen mit dem Hohen Haus bemüht. Dies trifft besonders auf Trajan zu. Domitian hatte sich in seinen letzten Jahren durch sein zunehmendes Misstrauen gegen seine Umgebung und sein despotisches Gebaren den Hass des Senats zugezogen. Trajan grenzte sich deutlich davon ab. Durch Gesten der Bescheidenheit, aber auch durch Gesetze wertete er den Senat wieder auf. Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass seine Fürsorge und sein Bemühen um Akzeptanz als Herrscher nicht nur dem Senat, sondern allen Schichten galten.

Plinius der Jüngere gibt im Panegyrikus die Begeisterung der Senatoren wider, die sich freier und durch das zuvorkommende Verhalten Trajans aufgewertet fühlten. Trajan betete, dass die Wahlen der Konsuln zu einem guten, glücklichen Ergebnis führen sollten für den Senat, den Staat und für ihn selbst - die Reihenfolge erregte Aufsehen. Die Senatoren antworteten darauf mit begeisterten Rufen und "Lobpreisungen", sprangen vor Aufregung von ihren Sitzen. Trajan war gerührt. (Plinius, Panegyrikus, 72).

Kaiser Trajan erließ auch Gesetze zum Wohle der Senatoren. Es kam vor, dass der Kaiser als Zwischenerbe eingesetzt wurde. Der vierte Teil des Erbes hätte ihm als Testamentsvollstrecker zugestanden. Trajan verzichtete darauf und war somit lediglich ehrenamtlicher Treuhänder. Solche Fälle betrafen in erster Linie die Oberschicht. Aus derartigen Geschäften hatten die Delatoren in früheren Zeiten, besonders unter Domitian, ihre Vermögen aufgebessert. Den Majestätsbeleidigungsprozessen machte Trajan ein Ende. Er vertrieb die Delatoren aus Rom und ließ keine derartigen Anklagen mehr zu.

Plinius der Jüngere berichtet, dass Trajan, wenn er Konsul war, das Amt (das zu jener Zeit eher eine formale Auszeichnung war) achtete und sich wie ein "großer Konsul vom alten Schlag" verhielt: Es gab, wenn er das Haus verließ, keinen großen Aufwand, keine kaiserliche Prachtentfaltung und keine Verzögerungen. Auf der Schwelle des Hauses wurden die Auspizien eingeholt. Die Liktoren verhielten sich rücksichtsvoll und drängten niemanden beiseite. (Plinius, Panegyrikus, 76,6) Ich kann mir derartige Szenen zur Zeit Trajans gut vorstellen.

Literatur:

Geza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Der Senatorenstand; Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-515-09841-0

Martin Fell: Optimus Princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Trajans, tuduv-Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-88073-417-8

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen