Sonntag, 29. April 2018

Apollodoros, der Chefarchitekt Kaiser Trajans

Apollodoros aus Damaskus war der bedeutendste Architekt Kaiser Trajans. Er begleitete den Kaiser in die Dakerkriege und war auch Militäringenieur. Mit der Donaubrücke bei Drobeta setzte Apollodoros Maßstäbe: Sie war die erste dauerhafte Brücke über die untere Donau und in ihrer Gesamtlänge ein Rekordbauwerk. Sie ist auf dem Relief der Trajanssäule abgebildet. Wahrscheinlich ist auch Apollodoros in einer Szene unter den Begleitern des Kaisers dargestellt. Eine schöne Rekonstruktion vom Bau der Donaubrücke findet sich bei Peter Conolly in "Tiberius Claudius Maximus, ein römischer Reiter".

Eine Porträtbüste des Apollodoros befindet sich in der Glyptothek in München. Ich war positiv überrascht, sie dort zu sehen, denn ich hatte bis dahin nicht gewusst, dass ein Bildnis von ihm überliefert ist.

Apollodoros war einer der berühmtesten Architekten der römischen Kaiserzeit. Alle bedeutenden Bauprojekte der trajanischen Zeit sollen unter seiner Leitung entstanden sein: das Forum Traiani und die angrenzende Markthalle, die Thermen Trajans und seine Hafenbauten in Ostia und Civitavecchia. Damals wurden zunehmend Gewölbe gebaut. Das Baumaterial dafür war mit Ziegeln verkleideter Beton. Auch unter Hadrian war Apollodoros als Architekt tätig. An der Planung des Tempels der Venus und Roma in Rom war er beteiligt. Der Entwurf dazu stammte wahrscheinlich sogar vom Kaiser selbst, denn dieser war vielseitig begabt und beschäftigte sich auch mit Architektur. Nach Cassius Dio schickte der Herrscher den Entwurf an Apollodoros zur Begutachtung. Jener hielt sich mit Kritik nicht zurück und verärgerte Hadrian, der jedoch die Hinweise des Architekten berücksichtigte. Hadrian war leicht zu kränken und wechselnd in seinen Stimmungen. Schon unter Trajan soll Apollodoros Hadrian kritisiert haben: er verstehe nichts von Architektur und solle weiter seine Kürbisse zeichnen. Das angespannte Verhältnis zwischen Hadrian und Apollodoros führte zur Verbannung des Architekten und später zu dessen Hinrichtung. Ob Apollodoros das Pantheon entwarf, ist umstritten.

Cassius Dio ist der Einzige, der vom Zerwürfnis zwischen Hadrian und Apollodoros berichtet. Allerdings ist die Quellenlage über jene Zeit ohnehin dürftig. Trajan erscheint einmal mehr als umgänglicher Herrscher, der keine Ambitionen hatte, Fachleuten ihre Kompetenzen streitig zu machen, während Hadrian mit vielen Leuten konkurrierte und schwer einzuschätzen war. Fakt ist, dass es unter Hadrian mehrere Todesurteile gegen Senatoren gab und weitere einflussreiche Personen in Ungnade fielen. Hadrian war sicher eine faszinierende Persönlichkeit mit vielen Talenten, aber ein schwieriger Vorgesetzter.

Literatur:

Peter Conolly "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln, 1998, ISBN3-8290-1104-0

Peter Conolly "Tiberius Claudius Maximus, Ein römischer Reiter", Tessloff Verlag Nürnberg, 1990, ISBN 3-7886-0185-X

Cassius Dio: Epitome of Book 68

Sonntag, 22. April 2018

Kaiser Trajan und die Abrafaxe

Als Kind war ich begeisterte Leserin der Mosaik-Comics mit ihren Helden, den Digedags. Wir hatten eins der begehrten Abos. Als die Abrafaxe 1976 die Digedags ablösten, ließ mein Interesse daran nach. Nun erfuhr ich zufällig, dass die Mosaik-Hefte 459-482, erschienen 2014-2016, nicht nur vom antiken Rom handeln, sondern speziell von der Zeit Kaiser Trajans. Wollte ich mir wirklich 23 Mosaikhefte kaufen? Ich überlegte eine Weile, und meine Neugier siegte.

Abrax, Brabrax und Califax begegnen in Germanien dem Wanderzirkus "Spontifex". Spontifex hat die Idee, mit einem für jene Zeit ganz ungewöhnlichen Zirkus, in dem Artisten Kunststücke aufführen, bis nach Rom zu ziehen. Allein das schon ist amüsant, denn Kenner des antiken Roms wissen, dass damals im Zirkus andere, weitaus dramatischere Attraktionen geboten wurden. Gleichzeitig beginnen diplomatische Verwicklungen zwischen Rom und Germanien. Einer der Berater Kaiser Trajans möchte einen Krieg anzetteln, ein anderer Berater spricht sich für eine friedliche Lösung aus. Trajan lädt zwei germanische Fürstenkinder an seinen Hof nach Rom ein, eine diplomatische Geste und ein Unterpfand für den Frieden. Aber der kriegsbegeisterte Berater gibt nicht auf, sondern setzt alle Hebel in Bewegung, damit die Kinder Rom nicht erreichen. Bald werden der Zirkus Spontifex und die Abrafaxe Beschützer des Mädchens Vada und des Jungen Ule. Mehr vom Verlauf der Geschichte sei nicht verraten. Ich habe die Hefte mit Erstaunen und Vergnügen gelesen. Sie vermitteln viele historische Fakten auf unterhaltsame Weise und liefern darüber hinaus viele Detailinformationen: Über die Götter, die Kaiser, die römische Ämterlaufbahn, das Leben der Germanen … und immer wieder werden lateinische Vokabeln vorgestellt: "Latein rockt".

Mir gefällt besonders das clevere und abenteuerliche Mädchen Vada, das unbedingt nach Rom möchte, während Ule öfter Heimweh hat. Als Leser schließt man beide ins Herz. Hellauf begeistert war ich, als der Kaiser bei seinem ersten Comic-Auftritt sprach: "Ich war lange Zeit in Germania Superior stationiert." Über die Jahre habe ich schon so viele Fehler in Artikeln und Büchern entdecken müssen, dass mich so viel Stimmigkeit im Detail überrascht. Der Kaiser ist überzeugend gezeichnet worden: Die typischen Merkmale seiner Erscheinung wurden erfasst. Seine Reaktionen sind die eines besonnenen, um Menschlichkeit und Gerechtigkeit bemühten Staatsoberhauptes. Er ist aber auch wegen eines (vermeintlichen) Fleckes auf seinem Mantel besorgt, und ich mag es, dass der Humor nicht zu kurz kommt. Meine Lieblingsszene ist jene, in der Vada Brabrax und Trajan über den Zweck des Dodekaeders aufklärt. Sehr schön finde ich die Feststellung, dass das Relief der Trajanssäule auch eine Bildergeschichte, ein Comic ist.

Bei all den positiven Eindrücken bleiben nur drei kleine Kritikpunkte. Die Kaiserin Plotina ist im Mosaik klug, diplomatisch und nicht ohne Einfluss, was der Überlieferung entspricht. Aber sie sieht aus wie eine kleine Schwester der Meerhexe Ursula aus "Arielle". Das wird ihr nicht gerecht und ich wundere mich über diese Unähnlichkeit, wo doch mehrere Bildnisse von ihr erhalten sind. Und warum läuft Trajan mitten in Rom in Rüstung herum? Seine Nichte hieß Salonia Matidia, nicht Salonina. Aber Letzteres ist zu verschmerzen.

Zum Ende der Geschichte fällt mir nur ein: "Happy Optimus-Time!", auch wenn ich, bei aller Faszination, keinen Zeitsprung in jede Epoche unternehmen würde. Oder vielleicht doch?

"Die Abrafaxe erobern Rom", Mosaik Nr. 459-482, Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag Berlin, 2014-2016

Sonntag, 15. April 2018

Der römische Name

Der Text vom vergangenen Wochenende erinnerte mich daran, dass ich schon längst auf römische Namen näher eingehen wollte. Lucius Julius Ursus Servianus war von Lucius Julius Ursus adoptiert worden: Man sieht sogleich den Zusammenhang und es handelt sich hierbei um ein klassisches Beispiel, wie sich der Name eines Römers durch Adoption veränderte.

In der der Kaiserzeit trug jeder römische Bürger drei Namen: praenomen/Vorname (Gaius), nomen gentile/Name der Sippe bzw. des Geschlechts (Julius) und cognomen/Familien- bzw. Individualname (Caesar). Es gab nur wenige gebräuchliche römische Vornamen, so Gaius, Marcus, Lucius, Tiberius, Gnaeus. Einige Vornamen entsprachen Ordnungszahlen wie Quintus (der Fünfte), Sextus (der Sechste) - die Söhne wurden einfach nummeriert. Manche Vornamen waren geradezu typisch für ein Geschlecht und wurden von Generation zu Generation weiter vererbt. Kam jedoch ein Familienmitglied auf die schiefe Bahn und wurde zum Staatsfeind, wurde dessen Vorname nicht mehr benutzt. Der Individualname leitete sich oft von einer körperlichen Eigentümlichkeit ab: Crassus - dick , Longus - groß.

Frauen trugen in der Kaiserzeit nomen gentile mit weiblicher Endung und einen angehängten Individualnamen, der sich oft von dem der Mutter oder des Vaters ableitete: Ulpia Marciana, die Schwester Trajans, war vermutlich Tochter einer Marcia. Salonia Matidia, die Tochter der Marciana, hieß nach ihrem Vater Salonius Matidius.

Sklaven erhielten bei ihrer Freilassung praenomen und nomen gentile ihres Herrn und fügten ihren eigenen, fremdländischen Namen als cognomen hinzu: Marcus Ulpius Phaedimus, der Mundschenk Kaiser Trajans, war dessen Freigelassener.

Viele Ehen blieben kinderlos, und deshalb war die Adoption eine gängige Methode, um Beziehungen zu knüpfen und Vermögen und Prestige zu vererben. Besonders in der Oberschicht wurden oft schon erwachsene Männer adoptiert, die praenomen, nomen gentile und cognomen des Adoptierenden übernahmen und ihren eigenen cognomen mit dem Zusatz -an hinzufügten. Servianus war vermutlich vor seiner Adoption durch Lucius Julius Ursus ein Servius.

Marcus Ulpius Trajanus, der spätere Kaiser, trug seinen Namen mindestens in zweiter Generation: Er hieß exakt so wie sein Vater. Tatsächlich könnte aber einer seiner Ahnen adoptiert worden sein. Im archäologischen Museum von Sevilla befindet sich der Rest einer Inschrift für einen Marcus Trahius, der möglicherweise einer der Vorfahren des Imperators war. Als Kaiser nannte sich Trajan Imperator Caesar Nerva Trajanus Augustus, nahm also cognomen seines Adoptivvaters Nerva wie auch das eigene in die Titulatur auf.

Auch andere Angehörige der Oberschicht hatten zu dieser Zeit bereits zahlreiche Namen, die durch familiäre Beziehungen und Adoption zusammengekommen waren. Beispiele sind Gnaeus Pinarius Aemilius Cicatricula Pompejus Longinus, Senator und Feldherr unter Trajan, sowie Quintus Roscius Coelius Murena Silius Decianus Vibullius Pius Iulius Eurycles Herculanus Pompeius Falco, Senator und Offizier unter Trajan und Hadrian. Für Historiker sind all die Namen interessant und lassen Schlüsse über Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen jener Personen zu.

Wie wurde der Römer aber nun angeredet? Vermutlich mit dem cognomen: Plinius der Jüngere, mit vollständigem Namen Gaius Plinius Caecilius Secundus, wurde mit "Secundus" angesprochen. Unter Freunden und innerhalb der Familie wurden wahrscheinlich auch Vornamen verwendet. Einer der wenigen Römer, der unter seinem praenomen in die Geschichte einging, war Kaiser Titus. Dessen Vorname funktionierte als Unterscheidungsmerkmal zu seinem Vater, wenn man jenen auf sein cognomen reduzierte. Vespasian trug die gleichen drei Namen wie sein erstgeborener Sohn: Titus Flavius Vespasianus.

Literatur:

Georg Ürögdi: "Reise in das Alte Rom", Prisma-Verlag Leipzig, 1966

Sonntag, 8. April 2018

Lucius Julius Ursus Servianus

Servianus wurde um 47 geboren. Er stammte wie Trajan, dessen Vertrauter er war, aus einer Provinz, eventuell aus Gallien. Er wurde von Domitians Gardepräfekten Julius Ursus adoptiert. Jener war ein enger Freud Trajans und ebnete ihm den Weg zur Herrschaft. Vermutlich waren beide Männer Anhänger von Trajans Vater.

Servianus war mit Hadrians Schwester Paulina verheiratet. Als Trajan von Nerva adoptiert und zum Mitregenten erhoben wurde, war er Statthalter der Provinz Germania superior. In Folge gab er dieses Amt an Servianus ab und begab sich nach Colonia Claudia Ara Agrippinensis (Köln). Hadrian wiederum diente unter seinem älteren Schwager in Mogontiacum (Mainz) als Militärtribun. Anfang 98 starb Nerva, und Trajan wurde Alleinherrscher.

Die Hadrian-Biografie der Historia Augusta berichtet, dass Servianus Hadrian erst lange aufhielt und außerdem seinen Reisewagen manipulierte, um zu verhindern, dass dieser als erster Gratulant bei Trajan ankam. Hadrian soll dennoch schneller als der Bote des Servianus unterwegs gewesen sein. Jene Geschichte ist schon deswegen fragwürdig, weil ein Schnellbote wohl kaum mit dem Wagen reiste, sondern zu Pferde. Auch soll sich Servianus bei Trajan über Hadrians Lebensstil und Schulden beschwert haben. Letzteres halte ich, da Trajan für Hadrians Erziehung und Karriere verantwortlich war, für wahrscheinlich.

Servianus unterstützte vielleicht nicht die Interessen Hadrians als Nachfolger Trajans, aber auch das ist hypothetisch. Neben Licinius Sura zählte er zu den bedeutendsten Ratgebern des Kaisers. Sura unterstützte Hadrian als Nachfolgekandidat Trajans. Mit seinem dritten Konsulat überflügelte Sura Servianus an Ehre und Prestige.

Servianus bereitete den ersten Dakerkrieg vor und nahm als Begleiter des Kaisers daran teil. Für seine Verdienste wurde er 102 mit dem Konsulat belohnt, das er gemeinsam mit Licinius Sura bekleidete. Während Sura auch im zweiten Dakerkrieg enger Berater des Kaisers war und 107 mit einem dritten Konsulat geehrt wurde, wissen wir nichts von Tätigkeiten, Ämtern oder Auszeichnungen des Servianus. Ebenso wenig ist eine Teilnahme jenes Mannes am Partherkrieg Trajans überliefert. Man könnte daraus schließen, dass es irgendwann zu einer Entfremdung zwischen Trajan und Servianus kam, aber nichts dergleichen ist überliefert.

Servianus war ein Freund und Förderer Plinius des Jüngeren. Er ist Adressat zweier Briefe in dessen Briefsammlung. In III, 17 ist Plinius in Sorge um ihn, weil er lange keine Nachricht von ihm erhalten hat. In VI, 26 beglückwünscht er ihn zur Hochzeit seiner Tochter, der Nichte Hadrians, mit Fuscus Salinator, den er als Patrizier und gebildeten, sympathischen, charakterfesten Mann beschreibt. In X, 2 bedankt sich Plinius beim Kaiser für die Verleihung des Dreikinderrechtes, das mit besseren Aufstiegschancen und Steuervergünstigungen verbunden war, und erwähnt, dass er diese Gunst der Fürbitte des Servianus verdankte.

Servianus überlebte Trajan um viele Jahre. Hadrian ehrte seinen betagten Schwager und ernannte den über Achtzigjährigen zum Konsul des Jahres 134. Aber zwei Jahre später fiel Servianus in Ungnade. Hadrian hatte Lucius Ceionius Commodus adoptiert und verdächtigte Servianus, gemeinsam mit seinem Enkel Gnaeus Pedanius Fuscus Salinator gegen seinen Nachfolger zu intrigieren. Die Historia Augusta berichtet, dass Servianus die Götter zu Zeugen für seine Unschuld anrief und Hadrian einen qualvollen Tod wünschte. Servianus und der erst neunzehnjährige Fuscus starben, entweder durch Freitod oder Hinrichtung.

Quellen:

Historia Augusta: Hadrianus, Artemis Verlag Zürich und München, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

Cassius Dio: Epitome of Book 68

Sonntag, 1. April 2018

Publius Acilius Attianus

Im Sommer des Jahres 117 verließ Kaiser Trajan Antiochia, seine Residenz während des Partherkrieges. Begleitet wurde er von seiner Gattin Plotina, seiner Nichte Matidia und Acilius Attianus, einem der beiden Prätorianerpräfekten. Das gesamte, an der Partherfront stationierte Heer hatte der Imperator an Hadrian übergeben.

Denkbar ist, dass Trajan Hadrian mit der siegreichen Beendigung des Krieges beauftragte. Er erwartete, dass sein Ziehsohn sein Werk vollendete, so wie einst Titus den Jüdischen Krieg, während Vespasian nach Rom zurückkehrte.

Aber es kam anders: Trajan sollte Rom nicht mehr erreichen. Anfang August 117 starb er in Selinus in Kilikien (bei Gazipasa in der heutigen Türkei). Bei seinem Tod war neben den beiden Augustae der Gardepräfekt Acilius Attianus zugegen. Wir wissen sehr wenig über diesen Mann. Er war ein Landsmann von Trajan und Hadrian, stammte wahrscheinlich aus Italica in der Provinz Baetica (im heutigen Andalusien) und war Ritter. Italica ist nur wenige Kilometer von Hispalis, dem heutigen Sevilla, entfernt. Einige Historiker meinen, dass Hispalis eher ein Ort war, in dem Handwerker und Fischer lebten, während in Italica die vornehmeren Leute wohnten. Aber erst Hadrian erhob Italica in den Rang einer Colonia, und die Gebäude aus jener Zeit, unter anderem das Amphitheater, können heute besichtigt werden, während Überreste des älteren Ortsteils unter dem heutigen Santiponce verborgen sind. Wer eine Karriere anstrebte, musste die Provinz verlassen und in Rom Ämter übernehmen.

Vor allem Trajan strebte eine politische und militärische Karriere an. Als Prätor übernahm er die Vormundschaft über den damals zehnjährigen Hadrian, dessen Vater verstorben war - zusammen mit Acilius (nicht Caelius) Attianus. Letzterer hat sich vielleicht in den Zeiten um den jungen Mann gekümmert, als Trajan wegen seiner militärischen Kommandos abwesend war. Aber auch Hadrians Schwester Domitia Paulina war Mündel der beiden Männer. Sie hieß ebenso wie ihre und Hadrians Mutter, die aus Gades, dem heutigen Cadíz, stammte. Paulina wurde mit Trajans Freund Servianus verheiratet.

War es Zufall, dass Attianus während der Zeit, als die Nachfolge drängte, Gardepräfekt war und sich in der Nähe des noch amtierenden Kaisers aufhielt? Es wird allgemein vermutet, dass er daran beteiligt war, Hadrian die Nachfolge zu sichern. Denn was um den Tod Trajans herum geschah, weiß niemand genau. Cassius Dio, der im dritten Jahrhundert lebte, behauptete, Hadrian sei von Trajan nicht adoptiert worden. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass Attianus und die beiden kaiserlichen Damen die Adoption nur vorgetäuscht haben. Das Schreiben an den Senat, das von der Adoption Hadrians berichtete, sei von Plotina unterzeichnet worden, obwohl sie so etwas nie zuvor getan hatte.

Tatsächlich weiß niemand, ob Trajan die Adoption Hadrians noch selbst vollziehen konnte, ob er Plotina und Attianus damit beauftragte, alles Nötige zu veranlassen, oder ob er gar einen anderen Nachfolger wünschte. Es war vielleicht die größte Schwäche Trajans, in diesem Punkt nicht rechtzeitig für Klarheit gesorgt zu haben.

Attianus, Plotina und Matidia überführten die Urne mit den Überresten des verstorbenen Herrschers nach Rom. Die Hadrian-Biografie der Historia Augusta berichtet, dass der neue Kaiser seinen Widersacher Lusius Quietus entmachten ließ. Wenig später kam es zur Hinrichtung der vier Konsulare Cornelius Palma, Publilius Celsus, Avidius Nigrinus und Lusius Quietus. Jene Männer standen im Verdacht, eine Verschwörung gegen den Kaiser geplant zu haben, und Attianus ließ sie beseitigen. Nach der Historia Augusta soll Attianus auch dazu geraten haben, die Verschwörer Crassus Frugi und Laberius Maximus zu töten, die unter Trajan verbannt worden waren, was jedoch unterblieb. Die Todesurteile gegen Senatoren hingen Hadrian lebenslang an und kosteten ihn beinahe die Vergöttlichung und sein Ansehen als guter Herrscher.

Es ist möglich, dass Attianus etwas radikal darin war, seinem ehemaligen Mündel die Macht zu ebnen und zu sichern. Als Gardepräfekt erfüllte er seine Pflicht, beiden Herrschern zu dienen und sie zu schützen. Darüber hinaus sind keine Details über ihn bekannt. In meinem Roman wirkt er vermutlich etwas unsympathisch. Dass er vor seinem Amt als Prätorianerpräfekt Tribun der Gardereiter war, habe ich erfunden. Eine solche Abfolge in der Hierarchie war üblich, aber es gab auch andere Karriereschritte. Seine Vorliebe für Frauen ganz unterschiedlichen Typs ist ein Versuch von mir, eine menschlich-liebenswürdige Seite an ihm zu zeigen, die jedoch ebenfalls erfunden ist.

Marcus Ulpius Phaedimus, der Mundschenk Trajans, starb kurz nach dem Ableben seines Herrn, was die Gerüchte um die vorgetäuschte Adoption zusätzlich anheizte. War da ein Zeuge beseitigt worden? Wir werden es nicht erfahren. Trajan und Phaedimus starben, Attianus wurde nach der Hinrichtung der vier Konsulare kaltgestellt.

Literatur:

Historia Augusta: "Hadrianus", Artemis Verlag Zürich, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

Cassius Dio, Epitome of Book 68