Sonntag, 15. April 2018

Der römische Name

Der Text vom vergangenen Wochenende erinnerte mich daran, dass ich schon längst auf römische Namen näher eingehen wollte. Lucius Julius Ursus Servianus war von Lucius Julius Ursus adoptiert worden: Man sieht sogleich den Zusammenhang und es handelt sich hierbei um ein klassisches Beispiel, wie sich der Name eines Römers durch Adoption veränderte.

In der der Kaiserzeit trug jeder römische Bürger drei Namen: praenomen/Vorname (Gaius), nomen gentile/Name der Sippe bzw. des Geschlechts (Julius) und cognomen/Familien- bzw. Individualname (Caesar). Es gab nur wenige gebräuchliche römische Vornamen, so Gaius, Marcus, Lucius, Tiberius, Gnaeus. Einige Vornamen entsprachen Ordnungszahlen wie Quintus (der Fünfte), Sextus (der Sechste) - die Söhne wurden einfach nummeriert. Manche Vornamen waren geradezu typisch für ein Geschlecht und wurden von Generation zu Generation weiter vererbt. Kam jedoch ein Familienmitglied auf die schiefe Bahn und wurde zum Staatsfeind, wurde dessen Vorname nicht mehr benutzt. Der Individualname leitete sich oft von einer körperlichen Eigentümlichkeit ab: Crassus - dick , Longus - groß.

Frauen trugen in der Kaiserzeit nomen gentile mit weiblicher Endung und einen angehängten Individualnamen, der sich oft von dem der Mutter oder des Vaters ableitete: Ulpia Marciana, die Schwester Trajans, war vermutlich Tochter einer Marcia. Salonia Matidia, die Tochter der Marciana, hieß nach ihrem Vater Salonius Matidius.

Sklaven erhielten bei ihrer Freilassung praenomen und nomen gentile ihres Herrn und fügten ihren eigenen, fremdländischen Namen als cognomen hinzu: Marcus Ulpius Phaedimus, der Mundschenk Kaiser Trajans, war dessen Freigelassener.

Viele Ehen blieben kinderlos, und deshalb war die Adoption eine gängige Methode, um Beziehungen zu knüpfen und Vermögen und Prestige zu vererben. Besonders in der Oberschicht wurden oft schon erwachsene Männer adoptiert, die praenomen, nomen gentile und cognomen des Adoptierenden übernahmen und ihren eigenen cognomen mit dem Zusatz -an hinzufügten. Servianus war vermutlich vor seiner Adoption durch Lucius Julius Ursus ein Servius.

Marcus Ulpius Trajanus, der spätere Kaiser, trug seinen Namen mindestens in zweiter Generation: Er hieß exakt so wie sein Vater. Tatsächlich könnte aber einer seiner Ahnen adoptiert worden sein. Im archäologischen Museum von Sevilla befindet sich der Rest einer Inschrift für einen Marcus Trahius, der möglicherweise einer der Vorfahren des Imperators war. Als Kaiser nannte sich Trajan Imperator Caesar Nerva Trajanus Augustus, nahm also cognomen seines Adoptivvaters Nerva wie auch das eigene in die Titulatur auf.

Auch andere Angehörige der Oberschicht hatten zu dieser Zeit bereits zahlreiche Namen, die durch familiäre Beziehungen und Adoption zusammengekommen waren. Beispiele sind Gnaeus Pinarius Aemilius Cicatricula Pompejus Longinus, Senator und Feldherr unter Trajan, sowie Quintus Roscius Coelius Murena Silius Decianus Vibullius Pius Iulius Eurycles Herculanus Pompeius Falco, Senator und Offizier unter Trajan und Hadrian. Für Historiker sind all die Namen interessant und lassen Schlüsse über Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen jener Personen zu.

Wie wurde der Römer aber nun angeredet? Vermutlich mit dem cognomen: Plinius der Jüngere, mit vollständigem Namen Gaius Plinius Caecilius Secundus, wurde mit "Secundus" angesprochen. Unter Freunden und innerhalb der Familie wurden wahrscheinlich auch Vornamen verwendet. Einer der wenigen Römer, der unter seinem praenomen in die Geschichte einging, war Kaiser Titus. Dessen Vorname funktionierte als Unterscheidungsmerkmal zu seinem Vater, wenn man jenen auf sein cognomen reduzierte. Vespasian trug die gleichen drei Namen wie sein erstgeborener Sohn: Titus Flavius Vespasianus.

Literatur:

Georg Ürögdi: "Reise in das Alte Rom", Prisma-Verlag Leipzig, 1966

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