Sonntag, 22. April 2018

Kaiser Trajan und die Abrafaxe

Als Kind war ich begeisterte Leserin der Mosaik-Comics mit ihren Helden, den Digedags. Wir hatten eins der begehrten Abos. Als die Abrafaxe 1976 die Digedags ablösten, ließ mein Interesse daran nach. Nun erfuhr ich zufällig, dass die Mosaik-Hefte 459-482, erschienen 2014-2016, nicht nur vom antiken Rom handeln, sondern speziell von der Zeit Kaiser Trajans. Wollte ich mir wirklich 23 Mosaikhefte kaufen? Ich überlegte eine Weile, und meine Neugier siegte.

Abrax, Brabrax und Califax begegnen in Germanien dem Wanderzirkus "Spontifex". Spontifex hat die Idee, mit einem für jene Zeit ganz ungewöhnlichen Zirkus, in dem Artisten Kunststücke aufführen, bis nach Rom zu ziehen. Allein das schon ist amüsant, denn Kenner des antiken Roms wissen, dass damals im Zirkus andere, weitaus dramatischere Attraktionen geboten wurden. Gleichzeitig beginnen diplomatische Verwicklungen zwischen Rom und Germanien. Einer der Berater Kaiser Trajans möchte einen Krieg anzetteln, ein anderer Berater spricht sich für eine friedliche Lösung aus. Trajan lädt zwei germanische Fürstenkinder an seinen Hof nach Rom ein, eine diplomatische Geste und ein Unterpfand für den Frieden. Aber der kriegsbegeisterte Berater gibt nicht auf, sondern setzt alle Hebel in Bewegung, damit die Kinder Rom nicht erreichen. Bald werden der Zirkus Spontifex und die Abrafaxe Beschützer des Mädchens Vada und des Jungen Ule. Mehr vom Verlauf der Geschichte sei nicht verraten. Ich habe die Hefte mit Erstaunen und Vergnügen gelesen. Sie vermitteln viele historische Fakten auf unterhaltsame Weise und liefern darüber hinaus viele Detailinformationen: Über die Götter, die Kaiser, die römische Ämterlaufbahn, das Leben der Germanen … und immer wieder werden lateinische Vokabeln vorgestellt: "Latein rockt".

Mir gefällt besonders das clevere und abenteuerliche Mädchen Vada, das unbedingt nach Rom möchte, während Ule öfter Heimweh hat. Als Leser schließt man beide ins Herz. Hellauf begeistert war ich, als der Kaiser bei seinem ersten Comic-Auftritt sprach: "Ich war lange Zeit in Germania Superior stationiert." Über die Jahre habe ich schon so viele Fehler in Artikeln und Büchern entdecken müssen, dass mich so viel Stimmigkeit im Detail überrascht. Der Kaiser ist überzeugend gezeichnet worden: Die typischen Merkmale seiner Erscheinung wurden erfasst. Seine Reaktionen sind die eines besonnenen, um Menschlichkeit und Gerechtigkeit bemühten Staatsoberhauptes. Er ist aber auch wegen eines (vermeintlichen) Fleckes auf seinem Mantel besorgt, und ich mag es, dass der Humor nicht zu kurz kommt. Meine Lieblingsszene ist jene, in der Vada Brabrax und Trajan über den Zweck des Dodekaeders aufklärt. Sehr schön finde ich die Feststellung, dass das Relief der Trajanssäule auch eine Bildergeschichte, ein Comic ist.

Bei all den positiven Eindrücken bleiben nur drei kleine Kritikpunkte. Die Kaiserin Plotina ist im Mosaik klug, diplomatisch und nicht ohne Einfluss, was der Überlieferung entspricht. Aber sie sieht aus wie eine kleine Schwester der Meerhexe Ursula aus "Arielle". Das wird ihr nicht gerecht und ich wundere mich über diese Unähnlichkeit, wo doch mehrere Bildnisse von ihr erhalten sind. Und warum läuft Trajan mitten in Rom in Rüstung herum? Seine Nichte hieß Salonia Matidia, nicht Salonina. Aber Letzteres ist zu verschmerzen.

Zum Ende der Geschichte fällt mir nur ein: "Happy Optimus-Time!", auch wenn ich, bei aller Faszination, keinen Zeitsprung in jede Epoche unternehmen würde. Oder vielleicht doch?

"Die Abrafaxe erobern Rom", Mosaik Nr. 459-482, Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag Berlin, 2014-2016

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