Sonntag, 29. Oktober 2017

Der römische Kaiser, ein absoluter Herrscher

Zur Zeit Trajans war die von Augustus begründete Herrschaftsform des Prinzipats fest etabliert. Mit der Einrichtung dieser Monarchie gelang dem ersten römischen Kaiser ein staatspolitisches Meisterstück. Er verstand es, eine uneingeschränkte Macht in der Position des Princeps zu vereinen und dabei das verhasste Image eines Tyrannen zu meiden.

Trajan regierte um die hundert Jahre später und ist in seiner Politik dem Beispiel des Augustus weitgehend gefolgt. Der "Optimus Princeps" war kein Reformer, sondern ein Bewahrer. Oft wird seine provinzialrömische Herkunft hervorgehoben. Dass die Provinzen Spaniens und Galliens zum Ende des ersten Jahrhunderts nicht nur einflussreiche Senatoren, sondern auch den Princeps und seine Gattin hervorbrachten, war das Resultat einer Entwicklung. Die "neuen" Familien der Oberschicht waren den altrömischen Werten noch stärker verbunden als die Sprösslinge des alten stadtrömischen Adels. Erwähnenswert ist ein Gesetz Trajans, welches die Senatoren zwang, die sich um die höheren Ämter bewarben, ein Drittel ihres Vermögens in italischen Grundbesitz anzulegen. Denn es sei schimpflich - so berichtet Plinius der Jüngere, dass diese Leute Italien und die Hauptstadt nicht als Heimat, sondern als Herberge auf der Durchreise betrachteten. (Plinius, Briefe, VI, 19 (4)

Der römische Kaiser war Landesvater, pater patriae. Trajan entsprach dieser Rolle schon rein äußerlich. Er war, als er die Herrschaft übernahm, Mitte vierzig, ein in zivilen Ämtern und militärischen Kommandos erfahrener Mann. Plinius erwähnt im Panegyrikus, dass er hochgewachsen, schlank und von muskulösem Körperbau war. Sein graues, wahrscheinlich sogar weißes Haar unterstrich seine Würde, dignitas. Dabei wirkte er nicht greisenhaft, sondern es ist überliefert, dass er, wie wir heute sagen würden, körperlich fit war und während seiner Feldzüge die Strapazen mit den Soldaten teilte. Der Kaiser war auch Imperator, oberster Feldherr. Er verlieh Auszeichnungen an seine Offiziere, aber die Ehre eines Triumphes kam nur ihm allein zu. Er ernannte die Kommandanten der Legionen und die Statthalter der prestigeträchtigen kaiserlichen Provinzen mit strategischer Bedeutung und Truppenpräsenz.

Als Inhaber der ständigen tribunizischen Gewalt konnte er jedes Gesetz erlassen und jede Maßnahme ergreifen. Durch das imperium proconsulare stand er auch über den sogenannten Senatsprovinzen. Er ernannte nicht nur Ritter und Senatoren, sondern konnte Mitglieder, die ihm nicht geeignet erschienen, aus beiden Ständen entfernen. Sein Verhältnis zu den höchsten Männern der Oberschicht war freundschaftlich. Verlor ein Senator die Freundschaft bzw. Gunst des Kaisers, war er gesellschaftlich kaltgestellt. Trajan verpflichtete sich, keinen Senator töten zu lassen, und hielt sich daran. Der Kaiser verstand sich als Patron der Mitglieder unterer Schichten, die gleichsam seine Klienten waren. Er sorgte für das Volk von Rom durch Getreidespenden und großzügige Spiele zur Unterhaltung. Trajan sah sich auch in einer Fürsorgepflicht für die Provinzbewohner, wie er Plinius gegenüber bekannte: "provinciales, credo, prospectum sibi a me intellegent. - Die Einwohner der Provinz werde, so glaube ich, wohl merken, dass ich Fürsorge trage für sie." (Plinius, Briefe, X, 18 (2).

Mein Lieblings-Statement Trajans zeigt sein Bemühen um Ausgewogenheit. Eine Gemeinde in Bithynien berief sich auf Anordnungen des Kaisers, wonach Schenkungen an Privatleute verboten wurden, und forderte von einem Mann 40.000 Denare zurück, die ihm vor zwanzig Jahren auf Beschluss von Rat und Volksversammlung geschenkt worden waren. Die Rückzahlung dieser Summe hätte den Mann mittellos gemacht, und er wandte sich an den Statthalter, dieser wiederum an Trajan. Der Kaiser antwortete, dass vor langer Zeit erfolgte Schenkungen nicht widerrufen werden dürften, weil sonst die Existenz vieler Leute ruiniert würde. "Ich wünsche nämlich", beschloss er sein Schreiben, "dass man sich allerorten um die Menschen nicht weniger kümmert als um die Finanzen." (Plinius, Briefe, X, 111)

Der römische Kaiser war auch religiöses Oberhaupt, pontifex maximus. Das Relief der Trajanssäule zeigt den Herrscher immer wieder bei Opferhandlungen im Beisein der Soldaten oder der Bevölkerung. Plinius fragte Trajan auch in religiösen Belangen um Rat (Briefe, X, 49 und 69).

Durch die Überhöhung seiner Person rückte der Kaiser bereits zu Lebzeiten in die Nähe der Götter. Ein verstorbener Herrscher wurde zum Staatsgott, dem Tempel erbaut wurden. Der Kaiserkult war identitätsstiftende Religion im gesamten Imperium. Neben den Göttern wurden nur der Herrscher und Mitglieder seiner Familie mit überlebensgroßen Statuen geehrt.

Der Princeps war der reichste Mann des Imperiums. Er verfügte über den kaiserlichen Kronbesitz und darüber hinaus über sein beträchtliches Privatvermögen, das aus Grundbesitz, Bergwerken und Werkstätten bestand. Augustus soll schätzungsweise ein Vermögen von einer Milliarde Sesterzen besessen haben. Selbstverständlich konnte ein einziger Mann jenes ausgedehnte Reich nicht allein regieren. Er benötigte eine Vielzahl von Männern, denen er verwaltungstechnische, wirtschaftliche und militärische Aufgaben übertrug. Vom Senatoren- und Ritterstand werden meine nächsten Texte handeln. Trajan verstand es, geeignete Leute auszuwählen und sie durch Belohnungen, Beförderungen und Gesten der Wertschätzung "bei Laune" zu halten. Missstimmungen ihm gegenüber sind nicht bekannt, und Berichte über Verschwörungen halten sich in Grenzen. Cassius Dio überliefert, dass sich Trajan über die Verleihung des Titels "Optimus" durch den Senat mehr freute als über seine Siegernamen, weil er ihn auf seinen Charakter bezog. Interessant insofern, als der gleiche Autor ihn an anderer Stelle als kriegsbegeistert bezeichnet. Trajan war sowohl beim Senat und bei den Rittern, als auch bei Heer und Volk beliebt. Er füllte seine Rolle in dem Sinne aus, wie das von ihm erwartet wurde. Dies muss aber auch seinem Selbstverständnis entsprochen haben. Als Schwäche Trajans wird erwähnt, dass er nur mäßig gebildet war und seine Reden von seinem Freund Sura und später von Hadrian schreiben ließ. Wenn er in der Öffentlichkeit frei sprechen musste, zeigte sich, dass er kein perfekter Rhetoriker war. Aber wahrscheinlich sind gerade seine Schwächen der Grund dafür, dass er nicht nur verehrt, sondern auch geliebt wurde.

Literatur:

Géza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-5125-09841-0

Plinius der Jüngere, Briefe, übersetzt und herausgegeben von Heribert Philips und Marion Giebel, Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4

Plinius der Jüngere, Panegyrikus, herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 0174 3-534-09220-1

Cassius Dio, Epitome of Book 68

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