Sonntag, 22. Oktober 2017

Die Gardereiter (Equites Singulares Augusti)

Neben den Prätorianern gab es zeitweise auch die Equites Singulares Augusti, die berittene Garde des Kaisers. Schon Julius Caesar verfügte über eine aus Germanen bestehende Leibwache, und die Kaiser von Augustus bis Galba führten diese Tradition fort.

Auch Legionslegaten und Statthalter hatten Gardereiter. Ob die Equites Singulares Augusti unter Domitian oder Trajan formiert wurden, ist nicht bekannt. Für Trajan spricht die Situation in den Jahren 97-98: Er war, ehe er von Nerva adoptiert wurde, Statthalter von Obergermanien. In diesem Amt verfügte er über berittene Leibwächter. Es liegt nahe, dass er jene Männer in seinem Dienst behielt, als er sein Amt abgab, um die Regierung des Imperiums zu übernehmen. Außerdem war gerade damals das Vertrauen in die Prätorianer erschüttert. Die Garde hatte sich gegen Nerva empört und ihn gedemütigt. Trajan bestellte die Aufrührer zu sich nach Germanien und ließ sie hinrichten. Es ist denkbar, dass die Equites Singulares Augusti bei der Überwältigung der Prätorianer zum Einsatz kamen.

Wie die Prätorianer, waren auch die Gardereiter eine Eliteeinheit. Ausgewählte Alenreiter, Angehörige der Hilfstruppen in den Provinzen, wurden bei Bedarf und Eignung in die berittene Garde befördert. Hilfstruppenreiter erhielten das römische Bürgerrecht im Normalfall erst bei ihrer Entlassung nach 25 Dienstjahren. Um Legionär zu werden, musste man bereits römischer Bürger sein. Die Prätorianer wurden aus den Legionen in die Garde befördert und waren demzufolge ebenfalls römische Bürger. Diejenigen, die zu den Equites Singulares Augusti befördert wurden, erhielten das Bürgerrecht höchstwahrscheinlich bei Eintritt in die Garde. Das war ein beachtlicher Karrieresprung! Die Dienstzeit betrug normalerweise 25 Jahre, aber sie konnte auch verlängert werden. Die berittene Garde wurde von einem tribunus equitum singularium Augusti kommandiert. Eventuell war jener Tribun dem Prätorianerpräfekten unterstellt, wird sein Kommando aber relativ selbstständig ausgeübt haben.

Vermutlich war die Truppe 1.000 Mann stark. Die Gardereiter waren in einem Kastell auf dem Caelius untergebracht. Kaiser Septimius Severus ernannte zwei Tribunen der Equites Singulares Augusti und ließ ein zweites Kastell errichten. Aufgabe der berittenen Garde war es, den Kaiser ins Feld zu begleiten. Aus dem Partherkrieg Trajans ist überliefert, dass ein Gardereiter starb, als Trajan vor Hatra unter feindlichen Beschuss geriet. Da die Gardetruppen auch in Friedenszeiten bestanden, hatten sie viel Zeit zum Waffentraining, zur Körperertüchtigung und zum Exerzieren. Es gab spezielle Ausbildungsoffiziere. Equites Singulares Augusti dienten später als Decurionen in den Alen und gaben ihre in der Garde erworbenen Fähigkeiten weiter. Während die Gardereiter der Statthalter und Legionslegaten nur zeitweise von den Hilfstruppen abgestellt waren und wieder in ihre alten Einheiten zurückkehrten, trifft das auf die Equites Singulares Augusti nicht zu. Wer einmal in der kaiserlichen Garde war, blieb dort und kehrte höchstens als Offizier zu den Hilfstruppen zurück.

Grabsteine der Gardereiter verraten ihre Herkunft. Da sie mit dem Bürgerrecht praenomen und nomen gentile des Kaisers empfingen, lässt sich ihre Beförderung in etwa zeitlich einordnen. Viele Ulpii und Aelii sind bekannt. Die überwiegende Anzahl jener Männer stammte aus den Provinzen an Rhein und Donau und nur ein geringer Teil aus Syrien und Afrika. Das waren keine "Barbaren", sondern romanisierte Provinzbewohner bzw. Bundesgenossen. Aus solchen Männern wurde die römische Kavallerie rekrutiert.

Auf dem Relief der Trajanssäule sind wiederholt Equites Singulares Augusti in der Nähe des Kaisers dargestellt. Trajans Erfolg und seine Beliebtheit beruhen vor allem auf einer Politik des Ausgleichs zwischen verschiedenen Schichten und Interessengruppen. Die Formierung einer zweiten Garde, bestehend aus Provinzialen, welche die stark mit Rom und Italien verbundenen Prätorianer ergänzte, würde gut zu dieser Politik passen.

Literatur:

Michael Speidel: "Die Equites Singulares Augusti", Rudolf Habelt Verlag Bonn, 1965, ISSN 0066-4839

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