Sonntag, 18. März 2018

Tod und Bestattung

In der Antike war der Tod allgegenwärtig und konnte nicht verdrängt werden wie heute. Die Lebenserwartung lag bei durchschnittlich dreißig Jahren und die Kindersterblichkeit war hoch. Gegen viele Krankheiten, Unfälle und Verletzungen waren die Ärzte machtlos. Die Bestattung verstorbener Angehöriger und die Ehrung ihres Andenkens waren gesetzliche Pflicht im römischen Imperium.

Die Familie versammelte sich um den Sterbenden. Ein naher Angehöriger fing seinen letzten Atemzug mit einem Kuss auf. Die Familie rief den Namen des Verstorbenen, auch Klagerufe wurden laut. Bald kamen die Bestatter und richteten den Leichnam her. Der Tote wurde gewaschen, gesalbt, mit einem Festgewand bekleidet und bekränzt. Dann wurde er im Atrium des Hauses aufgebahrt. Das Haus des Verstorbenen wurde mit Tannen- oder Zypressenzweigen gekennzeichnet. Es galt als verunreinigt und musste nach dem Begräbnis durch kultische Handlungen gereinigt werden. Nun hatten Angehörige, aber auch Freunde und Bekannte Gelegenheit, sich vom Verstorbenen zu verabschieden. Die Zeit der Aufbahrung war unter anderem auch vom gesellschaftlichen Status des Verstorbenen abhängig. Angehörige der Unterschichten und Kinder wurden meist schon in der ersten Nacht aus dem Haus getragen und begraben bzw. zuvor verbrannt. Im alten Rom waren sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen üblich. In der Kaiserzeit dominierte die Feuerbestattung.

Aristokraten wurden in einer pompösen Prozession zum Friedhof getragen. Der Leichenzug wurde an den Tagen zuvor öffentlich bekanntgemacht. Der Trauerzug formierte sich nach den Vorgaben des Bestatters morgens vor dem Haus des Verstorbenen. An der Spitze gingen Musikanten mit Blasinstrumenten, gefolgt von den Klageweibern. Diese wurden oft engagiert und sangen Trauerlieder. Dann folgten die Bilder der Ahnen, die mitgeführt wurden. Auf diese Weise reihte sich der Verstorbene unter sie ein und der Leichenzug ehrte die gens, die Familie im weiten Sinne. Auf die Ahnenbilder folgte der Tote auf einer verzierten Bahre, getragen von engen Angehörigen. Oftmals handelte es sich nur um ein Abbild aus Wachs, während der Leichnam in einem Sarg transportiert wurde. Es war aber auch üblich, dass ein Schauspieler in die Rolle des Verstorbenen schlüpfte und ihn nachahmte. Dabei wurden auch Witze gemacht, die das Volk zum Lachen brachten. Dem Leichnam folgten die Freigelassenen, die in ihrer Zahl auch ein Statussymbol waren. Anschließend folgte die Familie in Trauerkleidung, die Frauen mit offenem Haar und ohne Schmuck, die Männer ließen sich einen Bart zum Zeichen der Trauer wachsen. Begleitet wurde der Leichenzug von Fackelträgern.

Handelte es sich um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, erreichte die Prozession das Forum, wo der Sohn des Verstorbenen oder ein beauftragter Redner eine Lobrede auf den Verstorbenen hielt. Seine Verdienste und auch die der Ahnen wurden aufgezählt. Anschließend bewegte sich der Trauerzug zum Verbrennungsplatz in der Nähe der Begräbnisstätte. Die Bahre wurde nun auf den vorbereiteten Scheiterhaufen gestellt. Beigaben waren persönliche Gegenstände und Duftstoffe. Der Scheiterhaufen wurde angezündet, und eine gemeinsame Totenklage wurde angestimmt. Damit endete die Begräbnisfeier. Nicht jeder folgte dem Trauerzug bis vor die Stadt.

Die Beisetzung der Urne erfolgte oft erst später in kleinem Kreis, wenn das Grabmal errichtet worden war. Grabstätten der Reichen waren größer und prachtvoller, ähnelten manchmal Häusern und waren oft phantasievoll gestaltet und mit Reliefs geschmückt. Vor den Gräbern wurden Bäume und Blumen gepflanzt. Oftmals gab es davor auch einen Speiseraum mit Liegen für das Totenmahl. Die Armen konnten keinen derartigen Aufwand treiben, aber sie hatten die Möglichkeit, einem Bestattungsverein beizutreten und für ihr Begräbnis vorzusorgen. Reiche Römer bestatteten ihre Sklaven in sogenannten Columbarien, die in übereinander angebrachten Nischen viele Urnen aufnehmen konnten. Romreisenden ist ein Abstecher zur Via Appia Antica sehr zu empfehlen: es ist dort angenehm ruhig und die verschiedenen Gräber wirken keineswegs düster.

Die Begräbnisfeier eines Kaisers kann man sich noch prunkvoller als die der anderen Aristokraten vorstellen. Menschen aus ganz Rom und vermutlich auch aus Italien und den Provinzen kamen zusammen. Der verstorbene Herrscher wurde auf dem Palatin aufgebahrt und die Prozession führte zum Marsfeld, wo ein prunkvoller, mehrstöckiger Scheiterhaufen errichtet worden war. Ringsum standen Tribünen für die Zuschauer. Die Trauerrede wurde vom Nachfolger des Kaisers gehalten. Durch die Verbrennung wurde der Kaiser zum Gott: Seine Seele wurde in der Vorstellung der Menschen von einem Adler oder geflügelten Genius in den Himmel getragen. Dem vergöttlichten Herrscher wurden Tempel errichtet, und er wurde fortan als Staatsgott verehrt.

Kaiser Trajan starb Anfang August 117 fern von Rom, in Selinus an der Küste Kilikiens in der heutigen Türkei. Sein Leichnam wurde dort verbrannt; seine sterblichen Überreste wurden in einer goldenen Urne nach Rom gebracht. Es ist überliefert, dass er dort als Toter seinen Triumphaleinzug hielt, wobei sein Bildnis auf einem Wagen stand und vermutlich auch mit den Triumphalabzeichen geschmückt war. Die Urne wurde im Sockel der Trajanssäule beigesetzt, wo später auch die Kaiserin Plotina bestattet wurde. Auf diese Weise brachen der Senat und der "Optimus Princeps" mit Gesetz und Tradition, wonach Bestattungen in der Stadt nicht zulässig waren. Auch daran erkennt man die Ausnahmestellung Trajans unter den römischen Kaisern.

Literatur:

Dennis Graen: Tod und Sterben in der Antike, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-38062-2306-4

Georg Ürögdü: "Reise in das alte Rom", Prisma-Verlag, Leipzig 1966

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