Sonntag, 16. September 2018

Trajan und der Obergermanisch-Raetische Limes

Wenn wir in Deutschland vom Limes sprechen, ist meist der Obergermanisch-Raetische Limes gemeint, jene Befestigungslinie, die die Römer zwischen Rhein und Donau errichteten und die seit 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Immer wieder vergleichen Autoren und Journalisten den Limes mit neuzeitlichen Grenzsicherungsanlagen - mehr oder weniger zutreffend (meiner Meinung nach eher weniger).

Der niedergermanische Limes war eine durch Kastelle gesicherte Grenze, die dem Verlauf des Rheins folgte. Der Obergermanisch-Raetische Limes folgte kaum natürlichen Grenzen. Im ersten Jahrhundert war er zunächst nur ein Streifen gerodeten Landes, in Abständen von ca. einem Kilometer durch hölzerne Wachtürme gesichert. Auf der linken Seite der Grenze war römisches Imperium, rechts davon das sogenannte freie Germanien. Es gibt heute noch Differenzen darüber, ob der Limes eher Demarkationslinie oder Wirtschaftsgrenze war. Er diente weder zur Abschottung, noch war er geeignet, größeren Angriffen standzuhalten. Es gab Grenzübergänge, die von Soldaten kontrolliert wurden. Der Einflussbereich Roms reichte weit über den Limes hinaus. Einige Germanenstämme waren loyale Verbündete Roms und genossen Privilegien. Auch siedelten romanisierte Germanen, Kelten und römische Veteranen jenseits der Grenze.

Die beiden germanischen Provinzen Roms wurden von Kaiser Domitian eingerichtet. Zentrum der Provinz Obergermanien war Mogontiacum (Mainz), Provinzhauptstadt von Niedergermanien war Colonia Claudia Ara Agrippinensis (Köln). Vorausgegangen waren dramatische Ereignisse. Im sogenannten Vierkaiserjahr kam es zu Unruhen im römischen Germanien, die schließlich im Bataveraufstand gipfelten, in denen germanische Hilfstruppen rebellierten und zu einer Gefahr für Rom wurden. Unter Kaiser Vespasian begann die Neuorganisation der germanischen Provinzen. Er ließ zerstörte Kastelle aufbauen und Truppen umgruppieren. Er verzichtete auf größere Gebietsgewinne. Der spätere Kaiser Trajan war damals Militärtribun in Germanien und an diesen Maßnahmen beteiligt. Möglicherweise war er sogar an verschiedenen Standorten stationiert.

Im Jahr 89 kam es erneut zu einer Krise. Der Statthalter Obergermaniens, Antonius Saturninus, usurpierte mit seinem Heer gegen Kaiser Domitian. Das niedergermanische Heer blieb dem Kaiser treu und dessen Befehlshaber, der Statthalter Lappius Maximus, konnte Saturninus schlagen. Aus Spanien war Trajan mit einer Legion angerückt, kam jedoch nicht mehr zum Einsatz. Auch Domitian selbst kam nach Germanien. Nach diesem Ereignis gab es Bestrafungen und Truppenverlegungen. Die Legion Rapax zog an die Donaugrenze. In Mogontiacum (Mainz) war fortan nur noch eine Legion stationiert. Zuvor hatte Domitian mit seinen Chattenkriegen das Gebiet zwischen Taunus, Lahn und Main erobert.

Es ist wahrscheinlich, dass Trajan seit seinem Militärtribunat einen gewissen Rückhalt bei den Truppen in Germanien hatte. Sein erstes Militärtribunat hatte er in Syrien absolviert und war in Germanien schon ein junger Offizier mit einigen Erfahrungen. Als die Prätorianer nach Domitians Ermordung gegen Kaiser Nerva rebellierten, war er nicht der einzige Thronanwärter, und er hätte sich im Fall eines Bürgerkrieges auf das germanische Heer stützen müssen. (Über Trajans Konkurrenten M. Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus siehe "Konkurrenten und Verschwörer 1" hier im Blog). Als Kaiser knüpfte Trajan an die Maßnahmen der Flavier an. Er hielt sich bis ins Jahr 99 in Germanien auf und widmete sich neben seiner Regierungstätigkeit besonders der Organisation der beiden Provinzen. Trajans Ziel war die Sicherung der Grenze. Es ist wahrscheinlich, dass entscheidende Impulse zum Ausbau des Limes von ihm ausgingen. Der militärische Schwerpunkt hatte sich zu jener Zeit an die Donau verschoben, wo das Dakerreich zu einer ernsten Bedrohung für das Imperium geworden war. Unter Trajan wurden Hilfstruppen von den in Germanien stationierten Legionen abgezogen und direkt an den Limes verlegt. Damit sollte auch verhindert werden, dass sich aufständische Soldaten zusammenschlossen. Zahlreiche Kastelle wurden in dieser Zeit errichtet, andere aufgegeben. Er förderte Städte und Siedlungen. Der Ausbau des Limes erfolgte nicht an allen Orten zu gleichen Zeit. Unter Hadrian wurde er mit einer hölzernen Palisade versehen. In Folge wurden Kastelle ausgebaut, auch in Steinbauweise.

Im vergangenen Jahr konnte ich bei einer Wanderung im Taunus dem Limes ein Stück folgen, sah Überreste von Befestigungen und Ruinen von Kastellen unterschiedlicher Größe. An manchen Stellen ist der Erdwall noch in beeindruckend gutem Zustand. Das Kastell Saalburg, dessen Museum einen Besuch wert ist, ist ein gutes Beispiel für die Erschließung jenes Gebietes. Die ersten Schanzen im Gelände stammten aus den Chattenkriegen Domitians; Mitte des zweiten Jahrhunderts wurde das steinerne Lager errichtet.

Literatur:

Maureen Carroll: Römer, Kelten und Germanen, Theiss Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-8062-1762-9

Annette Nünnerich-Asmus: "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Traian und die Militärgrenzen des Römischen Reiches", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Saalburgmuseum

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