Sonntag, 2. September 2018

Tribunenhäuser in Vindobona

In den Standlagern der Legionen bewohnten die Tribunen eigene Häuser. Sie zählten neben dem Haus des Legionslegaten oder Statthalters (Prätorium) und dem Stabsgebäude (Principia) zu den größeren Bauten im Lager. Die Soldaten waren in Baracken untergebracht. Acht Mann bildeten ein Contubernium, eine Zimmergemeinschaft oder, im Feldlager, eine Zeltgemeinschaft. Die Soldaten lebten zu acht in einer Kammer und schliefen vermutlich in Etagenbetten. Zehn Contubernien bildeten eine Centurie. Der Kommandant der Einheit, der Centurio, besaß eine Dienstwohnung am Kopfende der Mannschaftsbaracke.

Im Vergleich zu den Mannschaften waren die adligen Offiziere geradezu luxuriös untergebracht. Sie konnten durchaus Ehefrau und Kinder, falls vorhanden, bei sich wohnen lassen. Ich konnte mir längere Zeit wenig unter den Häusern der Tribunen vorstellen. Ein glücklicher Zufall führte mich ins Römermuseum in Wien, wo ich genau zu diesem Thema Informationen fand. Das antike Lager Vindobona hatte seine Blütezeit im zweiten Jahrhundert. Vier Legionen standen in der römischen Provinz Pannonien.

Bei Kanalbauten im Jahr 1948 wurden Überreste von zwei römischen Häusern unter dem Hohen Markt entdeckt. Im Schauraum des Römermuseums können die ausgegrabenen Bereiche besichtigt werden. Das größere der beiden Häuser gilt als das des senatorischen Tribuns, des tribunus laticlavius. Das Haus in Vindobona hatte eine Fläche von 3.500 m², die Häuser der ritterlichen Tribunen erstreckten sich über jeweils 2.100 m². Jedes Kastell verfügte über sechs Tribunenhäuser (ein junger Senator, fünf Ritter). Es waren Atriumhäuser; das Haus des senatorischen Tribunen hatte sogar zwei Innenhöfe. Es beherbergte neben Privaträumen auch Diensträume für den Tribun selbst und seinen Stab sowie seine Bediensteten.

Das Haus des tribunus laticlavius in Vindobona besaß eine Hypokaustenheizung, die drei Räume erwärmte. Es wird vermutet, dass dieses Haus über ein eigenes Bad verfügte, so dass der junge adlige Offizier nicht gezwungen war, das Kastellbad aufzusuchen, welches auch in kleinen Lagern nicht fehlen durfte. Mich hat die etwas kuriose Frage beschäftigt, was geschieht, wenn eine Legion vorübergehend zwei senatorische Tribunen hat: Der Statthalter einer Provinz ist plötzlich während seines Amtes verstorben. Der neue Statthalter hat einen Sohn, der in diesem Zeitraum sein Militärtribunat ableistet, auf Wunsch des Vaters unter dessen Oberbefehl. Ehe sich für den bisherigen tribunus laticlavius eine neue Stelle gefunden hat, müssen sich die Tribunen miteinander arrangieren - wie das auch heute noch in beruflichen Übergangsphasen geschieht. Und die Wohnungsfrage wird gelöst, indem einer der ritterlichen Tribunen, ein gutmütiger Typ, sein Haus für den Sohn des Statthalters räumt. So etwa stelle ich mir das vor. Dass es ohne mehr oder weniger unterschwellige Rangelei unter den Tribunen nicht abgeht, dürfte klar sein.

Das Kapitel, in dem ich das Militärtribunat des jungen Trajan in Syrien beschreibe, hat mir anfangs Kopfzerbrechen bereitet, weil aus dieser Zeit nichts Konkretes bekannt ist. Wir wissen nicht, bei welcher Legion er diente, und über den militärischen Konflikt mit den Parthern, den Trajans Vater als Statthalter von Syria erfolgreich löste, sind keine Einzelheiten bekannt. Nach einigen ratlosen Momenten vor dem leeren Bildschirm, die wohl jeder Autor fürchtet, hatte ich dann doch Freude am Schreiben. Und ich hoffe, ihr habt Freude am Lesen! Wer sich für römische Geschichte interessiert und in Wien ist, sollte sich unbedingt Zeit für einen Besuch des Römermuseums nehmen.

Römermuseum, Hoher Markt 3, 1010 Wien

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