Sonntag, 15. Juli 2018

Der Panegyrikus des Plinius

Im Jahr 100 wurde Plinius der Jüngere Nachfolgekonsul. Es war üblich, dass der Konsul beim Amtsantritt in einer Senatsrede dem Kaiser dankte. Plinius entschied sich, seine Dankesrede an Trajan ausführlicher zu gestalten und in einem Buch zu veröffentlichen. Er schildert seine Gründe und sein Anliegen in einem Brief (3, 18,1) seiner Briefsammlung. Plinius trug die erweiterte Rede an zwei Tagen seinen Freunden vor, und diese nahmen die Rede nicht nur positiv auf, sondern ermutigten ihn, noch einen dritten Tag zu lesen.

Jene Rede, der Panegyrikus, muss wie alle antiken Quellen kritisch gelesen werden, aber es ist ein Glücksfall, dass sie überliefert ist, da die Quellenlage zur Geschichte Trajans dürftig ist. Ich konnte sie erst nach der Wende lesen; sie war in der DDR wahrscheinlich nur für Althistoriker verfügbar. Man kann natürlich den Kopf schütteln über so viel Lob für einen Herrscher, sollte jedoch die spezielle Situation nach Kaiser Domitians Ende berücksichtigen. Die letzten Jahre Domitians müssen gerade für die Angehörigen der Oberschicht eine Zeit der Bedrückung, Unsicherheit und Angst gewesen sein. Die Unsicherheit war während der kurzen Regierung Nervas noch nicht beseitigt und auch Trajan verblieb, als er Kaiser war, anfangs im Schutz der Truppen an Rhein und Donau. Als er in Rom Einzug hielt, hatte sich die Lage stabilisiert, und der neue Princeps verhielt sich im Umgang mit Senatoren und Rittern anders als Domitian. Er demonstrierte Bescheidenheit, Milde, Freundlichkeit und Fürsorge. Die Senatoren waren nicht nur erleichtert, sondern reagierten teilweise euphorisch auf die Gesten des Herrschers (Paneg. 72,5-73,6).

Plinius schreibt im bereits erwähnten Brief (3, 18), dass die Dankesreden für den Kaiser früher verhasst und unaufrichtig, nun aber wahr und liebenswert seien. Es ging ihm keineswegs um platte Schmeichelei, denn er war überzeugt davon, in einer glücklichen Zeit zu leben. Seine Ergebenheit und Liebe dem Herrscher gegenüber, der dem Ideal des Landesvaters entsprach, war aufrichtig. Man muss auch berücksichtigen, dass viele Römer tatsächlich glaubten, dass Trajan nach dem Willen der Götter regierte.

Der Panegyrikus enthält viele wichtige Informationen, die wir sonst nicht hätten. So wissen wir, dass der Kaiser frühzeitig ergraut, wahrscheinlich sogar weißhaarig war. Plinius erzählt, dass Trajan als junger Mann am Euphrat und am Rhein als Militärtribun diente. Dass er zehn Jahre diente, wird heute aber allgemein bezweifelt. Auch berichtet Plinius, dass Trajan von Domitian zur Niederschlagung des Saturninus-Aufstandes aus Spanien nach Germanien beordert wurde. All das wäre im Dunkeln geblieben, denn eine antike Biografie über jenen Kaiser ist nicht überliefert.

Für mich sind vor allem im Panegyrikus überlieferte Äußerungen des Herrschers und Szenen interessant, die Plinius beschreibt, beispielsweise, wie Trajan in der Öffentlichkeit auftrat, dass er umgänglich war und Ruhe ausstrahlte und dass es den Senatoren freistand, nicht zum kaiserlichen Morgenempfang zu kommen.

Noch aufschlussreicher über Trajans Grundsätze ist die amtliche Korrespondenz zwischen Plinius dem Jüngeren und dem Kaiser. Ich habe kürzlich darin gelesen und möchte im nächsten Text noch einmal darauf eingehen.

Literatur:

Plinius der Jüngere: Panegyrikus, Herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1985, ISBN: 3-534-09220-1

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