Sonntag, 2. Dezember 2018

Bildnisse Kaiser Trajans

Die wenigsten Bewohner des römischen Imperiums bekamen den Kaiser je persönlich zu sehen. Aber Dank der vielen Bildnisse, die in der Öffentlichkeit aufgestellt wurden, hatte jeder eine Vorstellung vom jeweils regierenden Herrscher.

Die Porträts des Kaisers zierten die Münzen. Allein auf diesem Weg war das Herrscherbild bei jedem Römer präsent. Unter den Münzporträts Trajans finden sich viele gelungene und charakteristische. Öffentliche Gebäude und Plätze wurden mit Herrscherstatuen geschmückt. Auch Bildnisse der Vorgänger konnten dort stehen, sofern ihr Andenken nicht geächtet worden war. In öffentlichen Gebäuden, auf Ehrenbögen und -Monumenten befanden sich Statuen oder Porträtbüsten, nicht nur in Rom, sondern auch in den Provinzen. An Feldzeichen waren Kaiserbildnisse angebracht. Rissen die Soldaten diese von den Feldzeichen, war das Rebellion. So etwas passierte unter Trajan jedoch nicht.

Zahlreiche Bildnisse Trajans waren auf seinem Forum zu bewundern, allerdings erst in seinen letzten Jahren und nach seinem Tod. Das Forum Traiani war von vornherein dazu bestimmt, den Nachruhm des Monarchen zu verkünden und die Trajanssäule war sein Grabmal. Statuen krönten Quadrigen, schmückten die Gebäude des Forums, eine Statue zierte die Säule selbst. Die gesamte Anlage mit dem Reiterstandbild des Kaisers muss so beeindruckend gewesen sein, dass der spätantike Kaiser Constantius II. "wie vom Donner gerührt" - so Ammianus Marcellinus - stehenblieb, als er das Trajansforum betrat.

All jene Porträts waren für den Kaiser Mittel der Selbstdarstellung. Er konnte Einfluss darauf nehmen, wie er gesehen wurde. Von Trajan sind sehr viele Bildnisse erhalten. Er konnte nicht jedem Künstler Modell sitzen. Deswegen wurden Vorlagen angefertigt, wahrscheinlich aus Gips, die ins ganze Imperium verschickt wurden. Somit ähnelten sich Kaiserbildnisse aus ganz unterschiedlichen Regionen. Dennoch gibt es große Unterschiede unter den Porträts hinsichtlich ihrer Qualität, der Ausprägung der persönlichen Merkmale und des Ausdrucks. Und wer verschiedene Porträts Trajans betrachtet, wird sich fragen: Wie sah er eigentlich aus?

Auffallend ist die Schlichtheit seiner frühen Bildnisse. Der Kaiser trägt eine einfache Kurzhaarfrisur, bei der die Strähnen glatt und einheitlich wie Fransen am Kopf anliegen. Sein Gesicht ist ernst und konzentriert. Auffallend sind die Steilfalten um den Mund herum. Das Kinn ist ausgeprägt. Um sein zehntes Regierungsjubiläum herum entstand ein neuer Bildnistyp, der den Kaiser etwas stärker idealisiert. Büsten zeigen ihn heroisch mit nacktem Oberkörper, über der Brust verlaufendem Schwertgurt und dem Bausch eines Feldherrnmantels über seiner linken Schulter. Sein Gesicht wirkt jugendlicher, als es wohl tatsächlich war - Trajan war damals 55 Jahre alt. Die Haarsträhnen sind deutlicher voneinander abgesetzt. Die meisten Statuen zeigen ihn als Offizier im Panzer. Die Darstellung seiner militärischen Tüchtigkeit war Trajan wichtig. Es mag die Frage aufkommen, warum er auf keinem seiner Bildnisse lächelt. Die Porträts von ihm sollten Ernst und Würde vermitteln.

Seine späten Porträts zeigen ihn mit gelassenem Gesichtsausdruck. Dies passt zur Bemerkung Cassius Dios, Trajan sei im Alter milder geworden. Seine Frisur ist sorgfältiger durchmodelliert. Sein schönstes Porträt, ein in Ostia gefundener Kolossalkopf, entstand wahrscheinlich unter Hadrian. Man kann aus all diesen Porträts ein wenig ahnen, wie Trajan aussah, aber genau weiß man es nicht. Ein Bildnis ist immer auch ein Werk, dem der jeweilige Künstler etwas mitgibt, das über die charakteristischen Merkmale des Porträtierten hinaus geht.

Aus urheberrechtlichen Gründen verzichte ich in diesem Blog auf Fotografien von Porträts antiker oder moderner Künstler. Bin ich aber selbst Urheber, sieht die Sache anders aus. Im Vorfeld der Veröffentlichung meines Romans habe ich wieder ein bisschen Zeichnen geübt. Nun ist ein Porträt Kaiser Trajans fertig geworden, das technisch sicherlich noch verbesserungswürdig wäre, aber das ich gelten lassen kann. Im Porträtzeichenkurs erlebte ich, dass von ein und demselben Modell mindestens so viele unterschiedliche Bildnisse gezeichnet werden, wie es Porträtierende gibt. Für mich war es eine Herausforderung, jemanden zu zeichnen, den ich so oft beschrieben habe. Über weitere Versuche werde ich euch auf dem Laufenden halten.

Annette Nünnerich-Asmus: "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Ein Kaiser in vielen Rollen - Bildnisse des Traian", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Walter Hatto Gross, Bildnisse Traians, Verlag Gebr. Mann, Berlin 1940

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