Sonntag, 27. Mai 2018

Der Kaiser in der Sommerfrische

Über das Privatleben Kaiser Trajans wissen wir nur wenig. Plinius erwähnt in seiner Briefsammlung einen Landsitz des Imperators bei Centumcellae, wo dieser nicht nur Mußestunden verbrachte, sondern Besprechungen und Gerichtsverhandlungen abhielt. Plinius gehörte zeitweise seinem Beraterstab an. Er erzählt auch von Erholungszeiten und abendlichen Gastmählern. Centumcellae heißt heute Civitavecchia und die kaiserliche familia sowie sonstige Besucher erreichten die Villa gewiss über die Via Aurelia, die immer noch als Straße genutzt wird.

Vor zehn Jahren waren mein Mann, unsere Tochter und ich nicht nur in Rom, sondern anschließend auch ein paar Tage in Civitavecchia. Wo genau sich die Villa Trajans befand, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Nach Plinius war das Landhaus sehr schön und lag direkt an der Küste. Ringsum erstreckten sich grüne Felder. In der Bucht war mit dem Bau eines Hafens begonnen worden, der den Namen des Imperators tragen sollte. Der Baubeginn wird auf 107 datiert. Der zweite Dakerkrieg war beendet; der Kaiser hielt sich wieder in Rom und gelegentlich auf seinen Landgütern auf. Plinius konnte beobachten, wie ein Schiff große Steine brachte, die im Meer zu einer künstlichen Insel aufgeschichtet wurden, welche das Hafenbecken schützen sollte. Leider ist die Altstadt von Civitavecchia im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden und es gibt kaum Überreste aus der Antike.

Das Gelände steigt von der Küste aus an. Man konnte auch vom Hang aus einen guten Blick auf diese Hafenbauten haben. Bei der Beschreibung des Landsitzes habe ich mich von den Schilderungen der Villen des Plinius inspirieren lassen. In den Tolfabergen hatte der Kaiser Gelegenheit zur Jagd, einer seiner überlieferten Freizeitbeschäftigungen. Ich wollte mir einen Eindruck von der Gegend verschaffen. Civitavecchia ist heute noch als Seehafen der Stadt Rom bedeutend. Von dort aus fahren Kreuzfahrtschiffe und Fähren ab. Darüber hinaus ist die Stadt für Touristen wenig attraktiv. Es gibt einen winzigen Strand, wo man aber wegen der schlechten Wasserqualität nicht baden sollte. Die Küste ist verbaut und die Promenade ist kurz. Sehenswert sind die Ruinen der Terme Taurine, die unter Hadrian ausgebaut wurde.

Als Erbauer des Hafens von Centumcellae/Civitavecchia ist der Kaiser heute noch in der Gegend präsent. Ob Eisdiele, Autowerkstatt oder Fischkutter: Der Name "Traiano" ist überall zu lesen. Während unseres Aufenthaltes dort wohnten wir - wie sollte es anders sein - im Hotel Traiano. Im vorigen Jahr las ich, dass Kaiser Trajan auch eine Villa in Arcinazzo bei Tivoli zugeschrieben wird. Eindeutig lassen sich diese Ruinen der trajanischen Zeit aber nicht zuordnen; es wird sogar vermutet, dass sie zu einem Landsitz Neros gehören. Centumcellae ist Romanschauplatz und eine Reise nach Arcinazzo spare ich mir: Schließlich ist mein Budget nicht unerschöpflich. Wahrscheinlich besaß Trajan außer dem Landsitz bei Centumcellae weitere Villen. Ob der Architekt Apollodoros neben dem Hafen auch die Villa erbaute, ist fraglich. Das Landhaus war, als der Hafen errichtet wurde, schon in Benutzung. Trajan kann es auch von seinem Vater oder anderen Angehörigen geerbt haben. Dies würde zu seiner Politik passen: er legte weniger Wert auf private Prachtbauten, sondern wollte durch seine öffentlichen Bauprogramme als Wohltäter Roms, Italiens und der Provinzen wahrgenommen werden.

Literatur:

Annette Nünnerich-Asmus. "Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit?", darin: "Die Bautätigkeit Traians in Italien", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2780-3

Plinius der Jüngere, Briefe, IV, 31, Philipp 'Reclam Jun., Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4

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