Sonntag, 16. Juni 2019

Urlaub und Reisen im alten Rom

Ich gebe es gern zu: Urlaub ist für mich enorm wichtig, und oft sind Urlaubstage mit einer Reise verbunden. Ich mag es, einige Nächte in einem schönen Hotel zu verbringen, im dazugehörigen Restaurant gut zu essen und vielleicht noch Wellnessanwendungen zu buchen. Urlaub in solch modernem Sinne gab es in der Antike nicht.

Für den Großteil der Bevölkerung war die knappe Freizeit dem Schlafen und Essen vorbehalten. Gelegentlich ging man ins Bad bzw. in die großen Thermen, wo man an bestimmten Tagen für sehr wenig Geld oder umsonst die Mußestunden verbringen konnte. Man pflegte Geselligkeit in Schankstuben, die eher Kneipen als Restaurants waren. Wohnungen der einfachen Leute waren beengt und boten oft keine Kochmöglichkeit. In Schänken und Imbissen stillte man den Hunger und kam ins Gespräch. Ab und zu ergatterte man eine Eintrittsmarke für die Spiele oder ging in den Pantomimus. Gehobene Restaurants gab es ebenso wenig wie Luxushotels oder gar einen Strandurlaub für die Familie. Auch die Soldaten hatten keinen geregelten Urlaub in heutigem Sinne, sondern eher Freizeit, die sie in den Lagerdörfern, in Schänken, Thermen, ihren inoffiziellen Familien oder in Bordellen verbrachten - und die sie sich oft genug gegen Bestechungsgelder bei ihrem Centurio erkaufen mussten.

Es gab keine Wochenenden, wie wir sie heute kennen, dafür aber zahlreiche Feiertage. Reisen waren eher kein Vergnügen. Sie galten als gefährlich, waren aber mitunter unvermeidlich. Beamte reisten mit ihrem Gefolge in Provinzen, wo sie ihren Dienst versahen. Dazu stand ihnen die Staatspost zu Verfügung, die die Nutzung der Straßenstationen mit Herbergen, Gasthäusern und Wechselpferden einschloss. Die hohen Beamten mieden die Herbergen, wenn sie konnten. Sie galten als heruntergekommen und schmutzig, auch wenn das sicher nicht in jedem Fall zutraf. Ein Angehöriger der Oberschicht quartierte sich auf Reisen am liebsten in Häusern vornehmer Freunde und Geschäftspartner ein. Dennoch waren auch vornehme Reisende manchmal gezwungen, in Herbergen zu übernachten. Das Publikum dort bestand wohl eher aus Geschäftsleuten. Am schnellsten war man in der Antike mit dem Schiff unterwegs, aber damals erreichten nur drei von vier Schiffen ihr Ziel: Schiffbruch war gefürchtet. Dazu kam das Risiko, Opfer von Überfällen durch Räuber oder Piraten zu werden. Durch die Entbehrungen des Reisens, das längst nicht so unkompliziert und komfortabel verlief wie heute, sowie durch den Klimawechsel in unterschiedlichen Regionen des Imperiums stieg die Gefahr, unterwegs zu erkranken. So mancher Beamter verstarb abseits der Heimat während seines Dienstes. Plinius der Jüngere und Kaiser Trajan sind prominente Beispiele für ein solches Schicksal.

Die reichen Römer machten Urlaub auf ihren Landgütern, die oft idyllisch am Meer, an Seen und in der Natur gelegen waren. Dort konnten sie jagen, ausruhen, sich zurückziehen, sich bilden, Geselligkeit mit Freunden pflegen - ganz wie sie es wünschten. Auch die Oberschicht hatte eine gewisse Anwesenheitspflicht in Rom. Zeit für Zerstreuung boten die Senatsferien in den heißen Sommermonaten. Dann verließen die reichen Senatoren und Ritter die Stadt. Plinius der Jüngere besaß mehrere wunderschön gelegene Landvillen, die man durchaus als Schlösser oder Paläste bezeichnen kann. Manchmal mussten sich die vornehmen Herren aber auch um wirtschaftliche Dinge kümmern. Schließlich basierte ihr Reichtum zum Großteil auf Grundbesitz und den Erlösen daraus.

Ein schönes Beispiel für einen Urlaubsantrag aus dem alten Rom ist ein Schreiben Plinius des Jüngeren an Kaiser Trajan (Briefe, X. Buch, 8), indem er um einen dreißigtägigen Urlaub bittet, um sich um die Verpachtung seiner Ländereien zu kümmern. Plinius hatte einen aus seiner Sicht günstigen Zeitpunkt ausgewählt, in dem sein Kollege ohne ihn auskommen konnte. Er verwaltete damals die Staatskasse, das Aerarium im Saturntempel. Trajan genehmigte ihm den Urlaub und fügte hinzu, er hätte ihn auch ohne Angabe von Gründen bewilligt, weil er überzeugt davon war, Plinius würde sobald wie möglich in sein Amt zurückkehren.

In meinem Roman stellt Kaiser Trajan meinen Protagonisten Gaius vom Dienst frei, als dieser nach dem Tod seines Onkels sein Erbe regeln muss. Der Kaiser verleiht dieser Reise auch einen offiziellen Grund, indem er Gaius Post für den Statthalter in Mogontiacum (Mainz) mitgibt. Ein anderes Mal ist er weniger großzügig und verweist Gaius an seinen Vorgesetzten, den Tribun der Gardereiter. Später wendet sich Gaius selbst an den ihm übergeordneten Tribun, als er Urlaub benötigt. Ob der Tribun der Equites Singulares Augusti tatsächlich für den kaiserlichen Marstall und den Stallmeister zuständig war, weiß ich nicht, halte eine solche Hypothese aber für plausibel.

Literatur:

Plinius der Jüngere, Briefe, Philipp Reclam jun., Stuttgart, ISBN 3-15-059706-4

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