Sonntag, 10. Dezember 2017

Pantomimen, Stars der Kaiserzeit

Neben Rennbahnen und Amphitheatern gab es im alten Rom auch die Theater, wo Bühnenstücke von Schauspielern aufgeführt wurden. Bekannt ist das Theater des Marcellus in Rom, aber auch in den Provinzen sind Ruinen römischer Theater erhalten wie beispielsweise in Cadíz. Zunächst gab es ähnlich wie in Griechenland Aufführungen an Festtagen zu Ehren von Gottheiten. In Rom setzten sich Komödien und Sketche gegen Tragödien durch. Das Publikum der Kaiserzeit liebte die leichte Unterhaltung. Seneca, der Tragödien verfasste, sah bald ein, dass er sie, wie wir heute sagen würden, für die Schreibtischschublade schrieb.

Beliebt und berüchtigt zugleich war der Pantomimus. Wie heutige Pantomimen agierten auch die damaligen Akteure wortlos. Unterstützt wurden sie von einem Chor, der sie mit Gesang bei ihrem Spiel begleitete, sowie von Musikern. Manchmal traten auch mehrere Pantomimen auf, aber meist war es ein Hauptdarsteller, der, während er die Handlung tanzte, in verschiedene Rollen schlüpfte. Schauspieler gehörten den unteren Schichten an, waren oft Sklaven. Beliebte Akteure konnten reich und berühmt werden, sich frei kaufen und ein unabhängiges Leben führen. Den meisten von ihnen jedoch haftete, auch wenn das Publikum sie feierte, der Makel eines Berufes an, der in der öffentlichen Wertschätzung sehr tief stand.

Theatervorstellungen fanden wie auch die Spiele tagsüber statt. Die antiken Städte waren am Abend und in der Nacht kaum beleuchtet und ihre Bewohner passten sich der Natur an: Ihr Tag begann bei Sonnenaufgang und endete bei Sonnenuntergang. Feste bis in die Nacht hinein gab es eher in privatem Rahmen in den Häusern der Reichen. Die vornehmen, vermögenden Römer besaßen oft auch eigene Schauspieler, Pantomimen, Tänzer, Musiker und Vorleser, so dass sie ihre Gäste mit verschiedenen künstlerischen Darbietungen unterhalten konnten. Sklaven mussten ihren Herren in jeglicher Beziehung zu Willen sein. Bühnenstücke waren oft der Mythologie entlehnt, voller menschlicher Dramen, Liebesabenteuer und Verwicklungen, Verführung bis hin zu Sexszenen. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Darsteller dem animierten und vom Weingenuss enthemmten Publikum anschließend auch erotische Wünsche erfüllten.

Trugen die Schauspieler früherer Zeiten groteske, manchmal furchterregende Masken und gingen auf Stelzen, waren die neuen Bühnenstars attraktiv und durchtrainiert. Die Soloauftritte der Pantomimen waren ebenso kunstvoll wie körperlich herausfordernd. Wer dem Publikum gefallen wollte, musste über die entsprechende Körperbeherrschung verfügen und strenge Diät halten. Die Pantomimen traten leicht bekleidet auf, waren wahrscheinlich auch nackt und bewegten sich auf eine Art und Weise, die ihre körperlichen Vorzüge zur Geltung brachte. Parallelen zum antiken Pantomimus findet man in der neuzeitlichen Burlesque. Aber die Stars der Antike waren vorrangig Männer - die von Männern und von Frauen gleichermaßen gefeiert und geliebt wurden. Zwei Männer aus dem Osten des Imperiums, Pylades aus Kilikien und Bathyll aus Alexandria, haben diese Kunst vermutlich erfunden.

Von mehreren Kaisern ist bekannt, dass sie Theateraufführungen liebten und Günstlinge unter den Darstellern hatten. Sie sahen sich immer wieder gezwungen, die Pantomimen aus Rom zu verbannen, wenn die Vorführungen zu sehr Anstoß erregten. Die Verbote wurden aber auch mit ähnlicher Regelmäßigkeit wieder aufgehoben. Trajan ließ, wie Plinius der Jüngere berichtet, auf Wunsch "des römischen Volkes" die Pantomimen abschaffen. Solche Verbote bezogen sich wohlgemerkt nur auf öffentliche Vorstellungen. Privatleute wurden nicht gezwungen, ihre Pantomimen zu verjagen, und die Oberschicht konnte sich weiterhin an lasziven Darstellungen erfreuen. Plinius war ein mit allen Wassern gewaschener Redner. Die Worte, mit denen er Trajans Maßnahme lobt, sind ein Paradebeispiel für seinen Einfallsreichtum, eine Anordnung des Princeps zu verklären. Domitian hatte die Pantomimen verboten, Trajans Adoptivvater Nerva hatte sie wieder zugelassen. Plinius argumentiert folgendermaßen: Es war richtig, dass Nerva die Pantomimen zurückholte, weil ein schlechter Princeps sie aus der Öffentlichkeit verbannt hatte. Dass Trajan sie wieder verbannte, war deshalb gut, weil die Öffentlichkeit nun aus freiem Willen auf die Pantomimen verzichten wollte.

Cassius Dio berichtet, dass Trajan im Jahr 103, nach Beendigung des ersten Dakerkrieges, die Pantomimen wieder zuließ. Damals wurde ein Triumph gefeiert und dem Volk wurden Spiele geboten. Diese Festlichkeiten waren wohl der Anlass, die geschmähte wie geliebte Kunstgattung den Römern wieder zurückzugeben. Ich bin sicher, Plinius hätte auch für diesen Sinnenswandel des Princeps die passenden Worte gefunden. Es kann sein, dass Trajan den Pantomimen gegenüber zugänglicher wurde, weil er sich in einen von ihnen, Pylades, verliebt hatte. Auch wenn diese "verweichlichten Künste" nicht zur "neuen Zeit" passten, wie Plinius im Panegyrikus schreibt - der Imperator muss tänzerischen Darbietungen gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein. Im Jahr 114 hatte Trajan Armenien erobert und wandte sich gegen das Königreich Osrhoene in Obermesopotamien, das damals von den Parthern abhängig war. König Abgar hatte dem Kaiser Geschenke gesandt, war aber nicht persönlich vor ihm erschienen. Nun hatte er keine Wahl mehr und kam Trajan entgegen, um ihm zu huldigen. Sein gutaussehender Sohn Arbandos vermittelte, und während eines Festes unterhielt er den Kaiser mit einem orientalischen Tanz. Man kann sich vorstellen, dass die Gerüchteküche in den Gassen und auf den Märkten Antiochias brodelte, auch in Ermangelung echter, zeitnaher Informationen vom Kriegsschauplatz. Aber es ist denkbar, dass der Prinz von Edessa seine Talente für sein Land einsetzte, und man ahnt, in welch verzweifelter Lage die kleinen Königreiche zwischen dem mächtigen Rom und dem mächtigen Partherreich zu jener Zeit waren. Leider wurde Edessa im Jahr 116 während der Aufstände in Mesopotamien von den Römern unter Lusius Quietus belagert, eingenommen und niedergebrannt. Was aus Arbandos wurde, ist nicht überliefert.

Literatur:

Peter Conolly: "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft Köln 1998, ISBN 3-8290-1104-0

Arthur Maria Rabenalt: "Mimus eroticus", Verlag für Kulturforschung, Hamburg 1965

Plinius der Jüngere: Panegyrikus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1985, ISBN 3-534-09220-1

Cassius Dio, Epitome of Book 68

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