Blog zum historischen Roman "Im Banne des Besten" mit Informationen über die Blütezeit des Römischen Imperiums
Samstag, 30. Dezember 2017
In eigener Sache
Die Spannung im Kolosseum erreicht einen Höhepunkt. Die Gladiatoren, die paarweise gegeneinander kämpfen, geben alles. Einer der Männer wird kampfunfähig; sein Gegner wendet sich gegen den Günstling des Publikums, der es nun mit zwei Mann aufnimmt. Die Leute toben und springen von den Sitzen.
In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich mich nicht im Publikum befinde, sondern in der Gemüseabteilung des Supermarktes, dass ich einen Einkaufszettel in der Hand halte und mich allmählich auf den Silvestereinkauf konzentrieren sollte. Wo, verdammt nochmal, ist das Suppengrün? Während ich mich auf die Suche mache, wird die Szene in meiner Vorstellung wieder lebendig. Ich halte einen Moment inne und weiß, wie der Kampf enden wird.
Als junges Mädchen tat ich in meiner Freizeit, wozu ich Lust hatte. Am liebsten zog ich mich in mein Zimmer zurück, tauchte in Phantasiewelten ab, schrieb, malte oder las. Ich war gern allein und hatte, wenn ich allein war, viele gute Ideen. Ich war ein Stubenhocker, ein sonderbarer, introvertierter Teenager.
Mein Leben nahm eine andere Wendung. Ich lernte einen "normalen" Beruf und gründete eine Familie. Die Familie wurde größer. Meine Phantasie ließ mich noch nicht im Stich. Ich schrieb abends Geschichten, die ich niemals veröffentlichte. Nach und nach kamen andere Interessen hinzu und ein Nebenjob. Meine Tage wurden immer ausgefüllter, aber ich war es nicht. Die Phantasie versiegte allmählich, so dass ich es kaum bemerkte.
Meine Freiräume musste ich mir allmählich zurückholen. Das Problem waren nicht so sehr die Familie und meine Arbeit, sondern meine eigene Zerrissenheit. Ich wollte doch "normal" sein. Heute weiß ich, dass die Normalität, die ich anstrebte, nicht zu mir passt. Hätte ich das doch früher geahnt! Momente der Inspiration wie im Supermarkt stellen sich nur dann ein, wenn ich genügend Zeit habe - Zeit, um Wissen aufzunehmen, zu fühlen und nachzudenken. So viel Zeit, dass es mir fast schon unangenehm ist, sie zu haben. Ich habe das Gefühl, sie würde mir nur in geringen Dosen, im Ausgleich zu Stress, zustehen. Zeit ist wahrer Luxus. Wer sie hat, sollte sich reich fühlen. Aber sie wird einem nicht geschenkt, man muss sie sich nehmen. Vor allem Frauen dürfen dabei nicht zimperlich sein. Es anderen recht machen zu wollen, funktioniert nicht, nicht für sich selbst und auch nicht in Beziehungen.
Diese Gedanken, die mir zum Jahreswechsel durch den Kopf gehen, müssen sich jüngere Frauen vermutlich nicht mehr machen. Sie haben besser gelernt, zu ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen zu stehen. Meine Generation steckt - das ist meine Erfahrung - immer noch stark in der sozialen Falle. Sozial sein ist Frauensache. Ich tauge nur bedingt dazu.
Für 2018 wünsche ich mir Phantasie und werde mir Mühe geben, die Freiräume dafür zu schaffen. Die Szene im Kolosseum möchte ich irgendwann zu Ende erzählen. Sie gehört nicht in das Buch, an dem ich aktuell arbeite, sondern in eine Fortsetzung. Allen Lesern dieses Blogs wünsche ich einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Glück, Träume und deren Verwirklichung.
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