Sonntag, 2. Juni 2019

Was hatte er eigentlich an - die Kleidung des Imperators

Das Relief der Trajanssäule in Rom ist sehr durchdacht und programmatisch. Und es zeigt viele realistische Details. Der Kaiser leitet den Feldzug, aber es gibt keine überhöhten Darstellungen, wo er Feinde niederreitet oder gar mit Attributen eines Halbgottes erscheint. Er beobachtet, befiehlt, empfängt Gesandtschaften, hört Meldungen an, zelebriert Opfer und hält Beratungen ab, wird von Provinzialen begrüßt und hält Ansprachen an die Soldaten. Die Darstellung der Ausrüstung, der Bewaffnung, des Nachschubs, des Transports im Krieg sind eine unschätzbare Quelle, und auch für die Art und Weise, wie sich Kaiser Trajan in der Öffentlichkeit zeigte.

Zur Uniform eines adligen römischen Offiziers gehörte ein Muskel-Brustpanzer aus Bronze. Dieser bestand aus zwei Teilen, die durch Schnallen über der Brust miteinander verbunden wurden. Am Bauch wurde der Panzer durch einen Gurt zusammengehalten. Solch ein Panzer war "maßgeschneidert", er musste der Figur des Trägers entsprechen. Und er wog mehrere Kilo. Ein solcher Muskelpanzer war, neben seiner zweifellos schützenden Funktion, eine Augenweide. In welchem Grade, hing sicher auch von der Figur des Träger ab. Darunter wurde eine Art Tunika mit angenähten "pteryges" getragen, Lederstreifen, die mit silbernen oder goldenen Fransen verziert waren und auch einen gewissen Schutz boten. Die pteryges endeten oberhalb des Knies. Darunter wurde eine Tunika getragen, die am Arm und oberhalb der Knie zu sehen war. Auch über den Schultern trug der hohe römische Offizier pteryges, wahrscheinlich schmaler und aus feinerem Leder. Der Offiziersmantel, das paludamentum, bedeckte die linke Schulter und den linken Arm und wurde über der rechten Schulter mit einer Fibel (Spange) zusammengehalten. An der Unterkante war der Mantel mit Fransen verziert. Der rechte Arm war somit frei. Außerdem trugen Soldaten und Offiziere auf der Trajanssäule bracae, Kniehosen - ein Zugeständnis an die rauen Verhältnisse nördlich von Italien.

Auf dem Marmorrelief sind der Kaiser und seine Stabsoffiziere kaum voneinander zu unterscheiden. Früher waren die Reliefs bemalt und gaben weitere Informationen preis. Man kann davon ausgehen, dass Trajan einen purpurnen Mantel mit goldenen Fransen trug, wahrscheinlich auch eine purpurfarbene Tunika. Purpur war die Farbe der Kaiser, gewonnen aus dem Sekret von Purpurschnecken - außerordentlich aufwendig in der Herstellung und deshalb geradezu prädestiniert für die Insignien eines Monarchen. Es ist aber auch überliefert, dass Trajan, wenn er es für gegeben hielt, die Abzeichen seiner Herrschaft ablegte. Trajan ist im Krieg immer barhäuptig dargestellt; er trug also keinen Helm. Normalerweise brauchte er ihn auch nicht, da er sich nicht ins Kampfgetümmel stürzte.

Es geschah aber auch, dass der Kaiser auf römischem bzw. gesichertem Territorium zu seinen Truppen unterwegs war. Trajan ist in solchen Situationen nicht in Rüstung, sondern in Tunika und Mantel dargestellt. Die Tunika war das römische "Normalgewand", unterhemdähnlich, ohne Ärmel oder mit Ärmeln, die einen Großteil des Oberarmes bedeckten. Darunter wurde nichts getragen, keine Unterhosen also. In kühleren Regionen allerdings wärmte man sich mit den erwähnten Kniehosen oder Gamaschen. Der Mantel, die sogenannte paenula, bestand aus Wolle, war wie ein Poncho geschnitten und über der Brust zusammengenäht, so dass man hineinschlüpfen konnte. Solch ein Mantel hatte oft auch eine Kapuze und war so praktisch wie beliebt, wurde vom einfachen Soldaten, aber auch vom Kaiser getragen.

Das offizielle zivile Gewand des Römers war die Toga, über der Tunika getragen, um den Körper geschlungen und in kunstvollen Falten drapiert. Ein wirklich unpraktisches Kleidungsstück, aber es gehörte sich, sie zu tragen. Jeder Beamte trug die Toga, jeder Senator in der Öffentlichkeit, jeder römische Bürger bei offiziellen Anlässen, der Kaiser sowieso. Wahrscheinlich war die Toga des Kaisers purpurfarben -außer, er wollte sich zu gewissen Anlässen bescheiden geben, was ich - zumindest bei Trajan - für wahrscheinlich halte. Es ist purer Unsinn, Persönlichkeiten der römischen Geschichte im zivilen Leben in voller Rüstung herumspazieren zu lassen, wie das häufig in Historienfilmen geschieht. Zeitweise kam ein leichtes, bequemes Gewand in Mode, die Synthesis, die aber nicht dauerhaft Anklang fand und zu Trajans Zeit wahrscheinlich verschmäht wurde. Von Kaiser Hadrian ist überliefert, dass er seine Gäste zum Abendessen stehend und in der Toga empfing - förmlicher und offizieller geht es nicht. Man kann davon ausgehen, dass er darin seinem Adoptivvater Trajan nacheiferte. Dass Trajan in bildlichen Darstellungen häufig im Panzer, also in Rüstung, gezeigt wird, ist noch lange kein Beweis dafür, dass er ständig so herumlief. Derartige Darstellungen waren Programm und nicht zwangsläufig Abbild des Alltags eines römischen Kaisers. Er wurde mitunter auch nackt als Heros dargestellt - und hätte sich gewiss nie so in der Öffentlichkeit gezeigt.

Es gibt mehrere Darstellungen der Trajanssäule, die den Kaiser beim Opfer zeigen. Er war ja auch oberster Priester, pontifex maximus. Das Priestergewand war wohl eine Art Toga, die schleierartig über den Kopf gezogen wurde. In anderen Szenen opfert Trajan aber auch in Tunika und paenula, also normaler Alltags-Reisekleidung. Wahrscheinlich sollte damit demonstriert werden, dass er in Eile war.

Der römische Aristokrat trug an den Füßen hohe Schuhe aus feinem Leder, verziert mit einer Schnalle aus Elfenbein. Patrizier trugen rote Schuhe! Die des Kaisers waren rot oder gar purpurn gefärbt. Sandalen oder Pantoffel trug man nur zuhause und nicht in der Öffentlichkeit. Der Kaiser war eine durch und durch öffentliche Person. Wann hatte er wohl Zeit, seine Pantoffeln anzuziehen? Von Kaiser Augustus ist überliefert, dass er mehrere Gewänder in seinem Schlafzimmer bereit halten ließ, um zu Tages- und Nachtzeiten für jeden offiziellen Auftritt gerüstet zu sein. Personal stand damals reichlich zur Verfügung. Trajan beispielsweise hatte einen Freigelassenen, der speziell für seine Jagdkleidung verantwortlich war, normalerweise bestehend aus Tunika, Gamaschen, eventuell Kniehosen und einem Mantel.

Angehörige der Oberschicht wurden beim Ankleiden von Sklaven unterstützt. Das war bei den nicht gerade praktischen Kleidungsstücken auch notwendig. Einen Brustpanzer allein anzulegen, war sowieso nicht möglich. Auch mit der Toga dürfte ein Einzelner Probleme haben. Die vielfältigen Aufgaben im Dienste des Herrschers und seiner Familie gaben vielen Menschen Arbeit. Der Palatin war nicht nur der beste Arbeitgeber im römischen Imperium, sondern auch Sklavenschule und Ausbildungsstätte. Den Sklaven im Dienst des Herrscherhauses ging es gut, und sie wurden in der Regel nach einigen Dienstjahren freigelassen. Aber das ist wieder ein neuer Themenkomplex.

Literatur:

Marcus Junkelmann, "Die Legionen des Augustus", Philipp von Zabern, Mainz 1986, ISBN 3-8053-0886-8

Georg Ürögdi: "Reise in das alte Rom", Prisma-Verlag DDR

Peter Conolly "Die antike Stadt", Könemann Verlagsgesellschaft, Köln, 1998, ISBN3-8290-1104-0

Abbildung: Mein Entwurf zum Buchcover (den ich jedoch nicht verwendet habe) zeigt Kaiser Trajan links in Uniform. Außerdem ist der Hengst Niger zu sehen und Gaius Rufinus in Kettenpanzer und Tunika. Beide Männer tragen bracae, Kniehosen.

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