Sonntag, 29. September 2019

Volksversammlungen im alten Rom

In der Antike waren Bürger umso angesehener, je vermögender sie waren. Das lateinische Wort "bonus" bedeutete sowohl finanziell gutgestellt als auch gutgesinnt. Das heutige Wort "Bonität" erinnert ein wenig daran. Aber die finanziell besser Gestellten waren im alten Rom nicht nur gesellschaftlich angesehener, sondern hatten allein schon durch die Gesetzgebung mehr Gewicht bei Abstimmungen und Wahlen.

Wenn ich in den vergangenen Texten über die späte römische Republik von Volksversammlungen schrieb, meinte ich damit das concilium plebis, die Versammlung der Plebejer, der einfachen römischen Bevölkerung - im Unterschied zu den Patriziern, den alten Adelsfamilien, die damals noch die Oberschicht bildeten. Der Einfluss der Plebejer stieg, bis auch plebejische Familien in die Oberschicht aufrückten. Noch in der Kaiserzeit waren einige Ämter den Patriziern vorbehalten.

Das concilium plebis versammelten sich auf dem Forum Romanum. Einberufen wurden die Versammlungen von den Volkstribunen. Die Tribunen hatten ursprünglich nur die Aufgabe, die Plebejer zu beschützen und ihnen beizustehen. Zu diesem Zweck hielten sie sich tagsüber in der Öffentlichkeit auf. Später erhielten sie mit dem Vetorecht die Möglichkeit, Gesetze und Beschlüsse zu unterbinden. In der späten Republik nutzten aber auch Männer hohen gesellschaftlichen Ranges das Amt aus, um politischen Einfluss zu gewinnen. Populare Politiker wie Tiberius und Gaius Gracchus versuchten, mit Hilfe der Volksversammlung den Senat zu übergehen und Gesetze einzuführen, ohne sich zuvor mit dem Senat zumindest abzusprechen. Der Dictator Sulla bereitete diesen Bestrebungen ein Ende. Nach seinem Tod änderte sich das wieder, bis mit Beginn der Kaiserzeit die Volksversammlungen bedeutungslos wurden.

Die Volkstribunen beriefen aber auch rein informelle Volksversammlungen ein, in denen sie sich hervorragend in Szene setzen konnten und die Stimmung in der Öffentlichkeit beeinflussten.

Weiterhin gab es Volksversammlungen in Form der Comitien. Die comitia curiata war wohl die älteste Form während der Königszeit, deren Aufgabe darin bestand, den König einzusetzen. Später dienten die Versammlungen vor allem sakralen Regelungen und es nahmen nur noch Liktoren daran teil.

Römische Bürger waren in Tribus, Wahlbezirke, eingeschrieben. Es gab 35 dieser Tribus, vier davon umfassten vor allem die Stadtrömer, die anderen die ländlichen Bewohner. Gewählt wurde aber nicht direkt, sondern innerhalb des Bezirkes einigte man sich und hatte als gesamter Bezirk eine Stimme. In den comitia tributa wurden vor allem Amtsträger gewählt wie zum Beispielt die Ädile, die für die Spiele verantwortlich waren. Später wurden auch Gerichtsverhandlungen abgehalten, bis Sulla dagegen einschritt. Er bestimmte, dass Gesetze fortan nur noch von den comitia centuriata beschlossen werden durften, in denen Patrizier und Plebejer abstimmten. In diesen Comitien waren die Bürger nach Klassen auf Grund ihres Vermögens unterteilt. Die Vermögensschätzung der römischen Bürger lagen in den Händen der Censoren, hohen senatorischen Beamten. Diese Form der Versammlung stammte aus dem Heerwesen. Aus dem Namen "Centuria"- Hundertschaft - könnte man schließen, dass je Klasse hundert Leute versammelt waren. Dem war jedoch auf Grund der Vermögenseinteilung nicht so. In den zahlreichen Centurien für die Begüterten befanden sich nur wenige Männer, in den wenigen für die Unterschicht dagegen sehr viele. Die Abstimmungen begannen bei den höheren Klassen und sobald eine Mehrheit erreicht war, wurden die unteren gar nicht mehr befragt, so dass die Stimmen der Vermögenden mehr zählten. Angehörige der Unterschichten erschienen deswegen oft gar nicht bei den Abstimmungen, die auf Grund ihrer militärischen Tradition auf dem Marsfeld abgehalten wurden.

Auf Grabmählern aus dem alten Rom ist oft auch der Tribus mit aufgeführt, woraus Historiker Vermutungen über die Herkunft der jeweiligen Personen ableiten können. Jene Abstimmungen nach Vermögensklassen nennt man timokratisch.

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