Sonntag, 10. März 2019

Die Nabatäer

Im Jahr 106 wurde das Reich der Nabatäer ins römische Imperium eingegliedert. Darüber werde ich in einem gesonderten Text schreiben. Wer aber waren die Nabatäer?

Meine wichtigste Informationsquelle zu diesem Thema ist "Die Nabatäer" von Udi Levy. Der Autor nähert sich der Geschichte und Kultur jenes Volkes umfassend und auch unter spirituellen Aspekten. Jedem, der mehr zum Thema erfahren möchte und einer solchen Herangehensweise nicht abgeneigt ist, kann ich das Buch empfehlen; es geht viel tiefer als eine rein historische Betrachtung.

In den antiken Quellen werden die Nabatäer als Araber bezeichnet. Wahrscheinlich wanderten sie im ersten Jahrtausend v. Chr. aus Saba, dem heutigen Jemen, nach Norden aus. Städte der Nabatäer befanden sich im heutigen Syrien, Jordanien, Saudi-Arabien und Israel. Ihr Einflussbereich erstreckte sich in die Wüste Negev. Ihre Städte waren kultische und politische Zentren, in denen es zunächst keine Wohnhäuser gab. Denn lange Zeit war es den Nabatäern verboten, Behausungen zu bauen. Außerdem pflanzten sie keine Bäume und bauten keinen Wein an. All dies hätte Sesshaftigkeit zur Folge gehabt.

Die Nabatäer wurden durch die Kontrolle der Handelswege von Südarabien zum Mittelmeer reich. Auf der Weihrauchstraße gelangten Gewürze, Weihrauch und Myhrre in den Mittelmeerraum. Auch der Handel mit dem Salz und dem Asphalt des Toten Meeres waren Einnahmequellen der Nabatäer. Sie züchteten Kamele für ihre Karawanen, später auch Pferde. Die heutigen Araberpferde sollen auf ihre Züchtung zurückgehen. Die Nabatäer waren Meister des Zisternenbaus und der Bewässerungskunst. Im ersten vorchristlichen Jahrhundert hatte ihr Wohlstand einen Höhepunkt erreicht und sie wurden sesshaft, bauten Häuser und legten Obstgärten an. Aus ihren Karawansereien entstanden Städte. Die Felsenstadt Petra, heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählend, war Zentrum des Nabatäerreiches. Der Weinanbau wurde ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Es gibt keine nabatäische Geschichtsschreibung, obwohl nabatäische Schriftzeichen überliefert sind. Sagen und Mythen wurden wahrscheinlich mündlich verbreitet und sind nicht in die heutige Zeit überliefert. Die Nabatäer wurden von einem Priesterkönig regiert, der vor allem religiöse Aufgaben hatte. Politische Aufgaben übernahm oft ein "Bruder des Königs", der kein Verwandter sein musste und den wir heute als Kanzler bezeichnen würden. Die Nabatäer hatten keine Sklaven und bedienten sich gegenseitig. Auch der König wurde von solchen Pflichten nicht ausgenommen. Gelegentlich musste er sogar Rechenschaft über seine Regentschaft und seinen Lebenswandel ablegen. Das nabatäische Königtum war vermutlich erblich. Die Nabatäer galten als freiheitsliebendes Volk. Vor allem untereinander waren sie sehr friedfertig. Auseinandersetzungen mit den Nachbarvölkern vermieden sie, wenn möglich. Da die Wüste ihr Lebensraum war, waren sie relativ gut vor feindlichen Angriffen geschützt. Besuche nabatäischer Könige in Judäa sind überliefert. Offenbar arrangierte man sich miteinander.

Hauptgottheit der Nabatäer war Dusares, Gott des Wachstums. Die Götter der Nabatäer waren nicht menschenähnlich wie die der Griechen und Römer, und sie wurden nicht figürlich, allenfalls symbolisch-abstrakt dargestellt. Die Religion war vom Erleben der Natur und deren Dominanz geprägt: dem Himmel, der Sonne, den Sternen. Kultstätten der Nabatäer befanden sich auf Felsgipfeln. Zum Kult gehörten Prozessionen und Tieropfer. Kultbilder der Götter waren Stelen, Bethyl genannt. Jene Stelen standen wahrscheinlich neben dem Altar. Es gab Priester mit verschiedenen Funktionen: Wahrsager, Traumdeuter und diejenigen, die kultische Dienste in den Tempeln verrichteten. Die prachtvollsten Bauwerke der nabatäischen Städte, die vielleicht auch mit Hilfe fremder Baumeister errichtet wurden, sind Tempel, Grabstätten und Kultplätze.

Mit der Ausdehnung des römischen Imperiums nach Osten geriet das Königreich der Nabatäer unter dessen Einfluss. Unter Pompeius (63 v. Chr.) wurde es ein abhängiges (Klientel-)Königreich. Im Jahr 106 schließlich, unter Kaiser Trajan, wurde es als römische Provinz Arabia Petraea ins Imperium eingegliedert. Petra wurde Provinzhauptstadt und Statthaltersitz.

Auch das frühe Christentum kam in Nabatäa an. Udi Levy äußert die Vermutung, dass einer der Heiligen Drei Könige ein Nabatäer war. Schließlich brachten sie Gold, Weihrauch und Myrrhe … und der Handel mit jenen Harzen, die beim Rösten Wohlgerüche verströmen, waren geradezu Monopol der Nabatäer. Paulus hielt sich nach seiner Bekehrung einige Zeit in Nabatäa auf. Im vierten Jahrhundert schlossen sich die Nabatäer dem Christentum an. Viele Kirchen wurden gebaut. Im siebenten Jahrhundert fielen arabische Beduinen ins Land ein und zerstörten viele Städte. Die Wüste Negev wurde nach und nach entvölkert. Die Kreuzritter legten Festungen in der Umgebung von Petra an. Danach wurde die Stadt nur noch gelegentlich von Beduinen aufgesucht. Erst 1812 wurde die Felsenstadt von Europäern wieder entdeckt. Die Rätsel dieser lange vergessenen Kultur üben eine besondere Faszination auf jeden aus, der mit ihr in Berührung kommt.

Literatur:

Udi Levy: "Die Nabatäer. Versunkene Kultur am Rande des Heiligen Landes". Verlag Urachhaus, Stuttgart 1996, ISBN 3-8251-7068-3

Hannah Friebe: "Das Königreich der Nabatäer", GRIN Verlag, ISBN 978-3-656-63799-8

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