Sonntag, 8. November 2020

Kaiser Trajan und die Getreideversorgung Roms

Kaiser Trajan ist vor allem durch seine Eroberungen in die Geschichte eingegangen, und er legte Wert auf seinen Ruhm als erfolgreicher Feldherr. Viele Statuen zeigen ihm im Panzer, also in Uniform. Tatsächlich müssen seine Herrschaft und sein Image differenzierter gewesen sein. Der Kaiser soll über die Verleihung des Titels „Optimus“ stolzer gewesen sein als auf seine Siegernamen, weil er ihn auf seinen Charakter bezog. Jener Titel war aber auch der Superlativ schlechthin, die Steigerung von „Optimus Princeps“ und von höchster sakraler Bedeutung. Trajan demonstrierte gern Bescheidenheit, doch sein öffentliches Selbstverständnis offenbart ein starkes Selbstbewusstsein und ebenso starke Selbstsicherheit in seiner Berufung zum höchsten Amt des Imperiums. Und er verstand sich als fürsorglicher Landesvater. Nicht zuletzt trug er den Titel „pater patriae“, Vater des Vaterlandes. Zu den wichtigsten Aufgaben dieser Fürsorge gehörte die Versorgung der römischen Bevölkerung.

Der Lebensmittelbedarf einer antiken Großstadt wie Rom konnte nicht mehr aus der Umgebung gedeckt werden. Es waren Importe größeren Stils notwendig. Hauptnahrungsmittel war Getreide, das zu Brot, Fladen, aber auch Brei verarbeitet wurde. Fleisch konnte sich die einfache Bevölkerung normalerweise nicht leisten; es war auch nicht in den Größenordnungen verfügbar, wie wir sie heute kennen.

Hauptlieferanten waren zunächst Sizilien, Korsika und Sardinien, später die Provinz Africa. Aber der Großteil der Getreideimporte, etwa ein Drittel, wurde aus Ägypten bezogen, und zwar auf dem Seeweg. Ein Transport auf dem Land wäre viel zu kostspielig gewesen. Für die Getreideversorgung Roms war eine ganze Flotte von Massengutfrachtern notwendig. Augustus hatte - neben vielen administratorischen Maßnahmen - auch die Getreideversorgung professionell organisiert und optimiert. Ein ritterlicher Präfekt war dafür verantwortlich, doch auch die Kaiser fühlten sich immer verantwortlich.

Trajan verbesserte die Getreideversorgung vor allem durch den Ausbau von Häfen. Der Hafen Roms (portus romae) war schon von Kaiser Claudius gebaut worden, nachdem Ostia den Anforderungen nicht mehr genügte, und befand sich nördlich der Tibermündung. Trajan ließ landeinwärts ein zweites, inneres Hafenbecken anlegen, in dem die Schiffe besser geschützt anlanden konnten. Die Anlage wurde durch einen Kanal mit dem Tiber verbunden. Reste davon sind noch heute in unmittelbarer Nähe des Flughafens Roma Fiumicino sichtbar. Außerdem ließ Trajan den Hafen von Centumcellae (heute Civitavecchia) erbauen; andere Häfen wurden erweitert und es wurden Straßen gebaut und ausgebaut, um den Weitertransport zu erleichtern.

Die Empfänger der Getreidespenden wurden in Listen geführt. Es waren durchweg römische Bürger, nicht Sklaven oder Freigelassene, und auch nur Männer, keine Frauen und keine Kinder - zumindest bis zur Regierung Trajans. Vermutlich konnte eine solche Getreideration keine Familie ernähren, doch sie half dabei. Das Getreide wurde in großen Speichern gelagert und zu festgelegten Terminen an die Berechtigten ausgegeben. Trajan verfügte, dass jeder seine Ration abholen könne, wann immer es ihm möglich war. Es gab dafür Marken, die man vorlegte.

Plinius der Jüngere berichtet in seinem Panegyrikus, dass der Tag der Verteilung oft auch ein Tag war, an dem der Kaiser zugegen war und sich öffentlich als Wohltäter feiern ließ. Manche Eltern hatten in der Vergangenheit versucht, ihre Kinder vorzuschicken, um den Herrscher (an dieser Stelle des „Panegyrikus“ kann nur Domitian gemeint sein) gnädig zu stimmen, damit sie ebenfalls in den Genuss einer Getreideration kamen. Trajan nahm 5.000 Kinder unter die Empfänger auf, ohne sich vorher bitten zu lassen. Dies war eine seiner Maßnahmen zur Stärkung Italiens und zur Förderung der Familien. Immer noch wurden die Legionen aus römischen Bürgern rekrutiert. Trajan förderte also den militärischen Nachwuchs, und es war auch eine Maßnahme, die ihn in hohem Maße als Landesvater kennzeichnete.

Sozialpolitik war in der Antike Privatsache. Die Kaiser ließen sich feiern, aber es waren keine leeren Huldigungen, die sie empfingen. Sie taten etwas, damit viele Menschen ihr Brot hatten, damit Not gelindert wurde, denn die Importe wurden unter Trajan, so berichtet es Plinius, nicht notleidenden Provinzen abgepresst.

Literatur:

Plinius der Jüngere, "Panegyrikus", herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 3-534-09220-1

H.D.L. Viereck: "Die römische Flotte", Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 1996, ISBN: 3-930656-33-7

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