Sonntag, 2. Juli 2017

Optimus Princeps: ein Titel setzt Maßstäbe

Ich bin gebeten worden, den Titel "Optimus Princeps" genauer zu betrachten, was ich hiermit gern tue. Das Adjektiv "gut" wird im Lateinischen (wie auch im Deutschen) unregelmäßig gesteigert: bonus (gut), melior (besser), optimus (am besten).

Nerva verkündete die Adoption Trajans während eines Staatsaktes, als er im Jupitertempel auf dem Kapitol einen Siegeslorbeer niederlegte. Das Geschehen wurde auf diese Weise sakral überhöht: Die Wahl des Adoptivsohnes erfolgte im Sinne des höchsten Gottes.

Trajan galt zunächst als der Beste aus dem Kreise jener Männer, die in der Lage waren, den Thron zu besteigen. Der alte und kinderlose Nerva benötigte Unterstützung: Die Palastwachen hatten ihn bedroht und gedemütigt, und er verfügte nicht über den Rückhalt beim Heer, ohne den ein Kaiser nicht bestehen konnte. Die Adoption Trajans war aber weder Jupiters, noch Nervas Einfall: in Wirklichkeit setzte sich eine Gruppe im Senat mit ihrem Spitzenkandidaten durch. Er und seine engsten Vertrauten hätten Kraft ihrer Ämter und Truppen ihren Anspruch auch gewaltsam einfordern können. Wer sollte herrschen, wenn nicht einer jener Männer konsularischen Ranges, der Legionen kommandiert und die Ämterlaufbahn absolviert hatte? An dieser Stelle mag die Frage aufkommen, ob es damals nicht Mitbewerber um die Macht gab. Auch das wird noch Thema hier im Blog sein.

Die letzten Jahre Domitians waren für viele Senatoren, aber auch für Familienangehörige des Kaisers eine Zeit der Unsicherheit und Bedrohung. Der Herrscher war misstrauisch und zunehmend unberechenbar, und wer seinen Argwohn erregte, schwebte in Lebensgefahr. Auch Trajan hat diese Phase miterlebt und daraus Erfahrungen gewonnen. Er wusste, was er tun und unterlassen musste, um als guter Kaiser wahrgenommen zu werden. Die alten Römer liebten die Superlative. Schon im Panegyrikus, der zu Beginn der Herrschaft Trajans gehalten wurde, berichtet Plinius, dass der Senat dem Kaiser den Titel "Optimus" als cognomen gegeben hat (Plinius der Jüngere: Panegyrikus, 2,6). Ab dem Jahr 103 erschien "Optimus Princeps" (bester Kaiser) auf Münzen Trajans.

Der Name eines Römers bestand zu jener Zeit aus mindestens drei Teilen: dem praenomen (Marcus), dem nomen gentile (Ulpius) und dem cognomen (Trajanus). Als Kaiser nannte er sich Imperator Caesar Nerva Traianus Augustus Germanicus. Die Bestandteile des Herrschernamens sind überwiegend vom ersten Princeps Augustus vererbt und waren einzeln wie auch in Kombination Anreden des Monarchen. Aber die komplette Titulatur erschien wohl nur auf Inschriften oder Münzen. Plinius nennt Trajan mal Caesar, ein andermal Imperator, auch domine, Herr. Den Siegernamen Germanicus übernahm Trajan zusammen mit Nerva. Übrigens ist auch "Augustus" (der Erhabene) ein vom Senat verliehenes cognomen. Für Trajan kamen im Laufe seiner Regierungszeit die Siegernamen Dacicus und Parthicus hinzu. Im Jahr 114 ehrte ihn der Senat mit dem Beinamen Optimus. Der Herrscher war nun nicht mehr nur der beste Kaiser, sondern schlicht "der Beste".

Zu diesem Zeitpunkt war Trajans Herrschaft nicht nur fest etabliert, sondern er stand bereits im vorgerückten Alter. "Optimus" war sonst nur Beiname des höchsten Gottes Jupiter. Damit schloss sich der Kreis. Die offizielle Verleihung jenes Superlativs in den letzten Jahren seiner Herrschaft mutet wie eine Ehrung von Trajans Lebenswerk an. Wurde der Name anfangs mit Wünschen und Hoffnungen verbunden, ist er nun Bestätigung. Der Kaiser hat die in ihn gesetzten Erwartungen ernst genommen und erfüllt.

Wer genauer über jene Zeit informiert ist, wird den Titel "Optimus Princeps" mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Trajan zuordnen. Es gibt mehrere gleichnamige Publikationen. Ich habe nur Martin Fells "Optimus Princeps?" gelesen und kann das Buch wärmstens empfehlen. Darin wird dargelegt, durch welche Maßnahmen und welches Auftreten Trajan auf die Erwartungen reagierte, die Senat, Volk und Heer in ihn setzten. Auch auf das psychologische Selbstverständnis des Herrschers geht der Autor ein. Bei aller modernen, differenzierten Betrachtung gilt Trajan als einer der bedeutendsten römischen Kaiser. Ich halte es für übertrieben, das positive Bild seiner Herrschaft in der Geschichtsschreibung vergangener Jahrhunderte nur auf Ideologie und Propaganda zurückzuführen. Keinem späteren Kaiser hat der Senat den Titel "Optimus" wieder angeboten. Stattdessen begrüßte er jeden neuen Herrscher mit dem Wunsch: "felicior Augusto, melior Traiano" - sei glücklicher als Augustus und besser als Trajan.

Literatur:

Martin Fell: Optimus Princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Trajans, tuduv-Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-88073-417-8

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