Sonntag, 30. Juli 2017

Konkurrenten und Verschwörer (1)

Die Verleihung der Kaiserwürde an Nerva war eine Übergangslösung. Die Prätorianergarde und Truppen an der Donau akzeptierten ihn nicht. Eine Gruppe im Senat favorisierte Trajan als Nachfolger Nervas. Er war damals Statthalter in Obergermanien. Seine Freunde und Förderer standen in den Nachbarprovinzen oder unterstützten ihn in Rom. Es gab einen bedeutenden Konkurrenten um die Herrschaft: Marcus Cornelius Nigrinus Curiatius Maternus, der erfolgreichste und mehrfach ausgezeichnete Feldherr Domitians aus den Dakerkriegen. Im Jahr 97 drohte ein neuer Bürgerkrieg. Plinius spielt darauf an, ohne Maternus namentlich zu nennen. Als er den Delator Publius Certus im Senat angriff, warnte man ihn, sich nicht zu sehr zu exponieren, da er die Zukunft nicht kenne. Erwähnt wurde ein Freund des Certus, "der im Osten ein sehr bedeutendes, hochberühmtes Heer führte und über den viele zweideutige Gerüchte im Umlauf waren." (Plinius der Jüngere, Briefe, IX, 13 (11)). Jener Mann war Maternus, zu dieser Zeit Statthalter der Provinz Syria. Es wird vermutet, dass er die Prätorianer zur Revolte gegen Nerva aufwiegelte. Er stammte aus der Provinz Hispania Tarraconensis, aus Liria. Seiner Laufbahn nach zu urteilen, war er wohl etwas älter als Trajan. Vespasian und Titus hatten ihn in den Senat aufgenommen. Trajan, Sohn eines Senators und Patriziers, war ihm an Sozialprestige überlegen: vermutlich war dies einer der Gründe, weshalb er und nicht Maternus sich durchsetzen konnte. Ein weiterer Grund könnte Maternus' Nähe zu Männern wie Publius Certus sein, mit denen die einflussreichste Gruppe im Senat nichts mehr zu tun haben wollte.

Mit der Adoption Trajans durch Nerva war die Nachfolge entschieden. Der künftige Kaiser berief den meuternden Präfekten Aelianus mit seinen Prätorianern zu sich nach Obergermanien und ließ ihn und seine Männer hinrichten. Curiatius Maternus wurde seines Amtes enthoben und politisch kaltgestellt. Trajan hielt sich an sein Versprechen, keinen Senator töten zu lassen (Aelianus war Ritter). Rekonstruierte Inschriften offenbaren die Verdienste des Maternus und seine hohe Stellung unter den flavischen Kaisern.

Eine weitere hochrangige Persönlichkeit jener Zeit war Manius Laberius Maximus. Im ersten Dakerkrieg Trajans Statthalter von Moesia Inferior, war er einer der erfolgreichsten Feldherrn jener Kampagne. Für seine Verdienste erhielt er seinen zweiten, den ordentlichen Konsulat des Jahres 103 als Kollege des Kaisers. Darüber hinaus wissen wir nur sehr wenig von ihm. Er stammte aus Latium und war wahrscheinlich jünger als Trajan. Seine Tochter war Gattin des Bruttius Praesens, eines Freundes Hadrians. Es ist nicht bekannt, wann Laberius Maximus verurteilt wurde. Die Hadrianbiografie der Historia Augusta erwähnt, dass er auf eine Insel verbannt war, weil er nach der Herrschaft gestrebt hatte. Der neue Kaiser verschonte ihn; andere einflussreiche Konkurrenten wurden dagegen hingerichtet.

Ein Sklave des Maximus geriet in internationale Verwicklungen. Während der Dakerkriege wurde er von Sarmaten in Moesien gefangen genommen und von König Decebalus dem Partherkönig Pacorus als Geschenk übersandt. Nach längerer Zeit im Dienste des Pacorus gelangte er nach Nicomedia. Dies berichtet Plinius in einem Brief an Trajan und schickt den Mann, der in der damaligen Welt weit herum gekommen war, nach Rom. (Plin., Briefe: X,74). Wahrscheinlich dachten der Kaiser und seine Berater schon an einen Feldzug im Orient; da waren jegliche Informationen über die Parther wichtig.

Was mag Laberius Maximus getan haben? Hat er eine Unvorsichtigkeit begangen, hatte er Mitverschwörer? Es ist auch denkbar, dass er ein Feind Hadrians war - jenes Mannes, der diskret als Nachfolger Trajans aufgebaut wurde.

Aus irgendeinem Grund, den ich selbst nicht kenne, imponiert mir Laberius Maximus. Er könnte "der Mann, der den Optimus Princeps Trajan herausforderte" gewesen sein, aber möglichweise war alles auch relativ banal, aus heutiger Sicht. Mich fasziniert das Subversive, das ich mit seiner Person in Verbindung bringe. Ich wüsste gern, auf welcher Insel er viele Jahre seines Lebens verbrachte. Da ich es nicht weiß, lasse ich meine Phantasie spielen. Namhafte Verbannte wie Ovid und Seneca haben unter ihrem Exil gelitten. In heutigen Urlaubsparadiesen lebte man damals weniger komfortabel als in Rom. Der Alltag dort war beschwerlich und sicher nicht ungefährlich. Laberius Maximus behielt sein Vermögen. Seine Familie blieb unbehelligt, und das Exil war besser als der Tod. Irgendwann starb er eines natürlichen Todes im Exil.

Literatur:

Historia Augusta, Band 1, Hadrianus: Artemis Verlag Zürich und München, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

Karl Strobel: Kaiser Traian, Eine Episode der Weltgeschichte, darin "Die Thronfolgekrise des Jahres 97", Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7917-2172-9

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