Blog zum historischen Roman "Im Banne des Besten" mit Informationen über die Blütezeit des Römischen Imperiums
Montag, 24. Juli 2017
Licinius Sura, der zweite Mann im Staat
Lucius Licinius Sura stammte aus Tarraco (Tarragona), der Provinzhauptstadt der Tarraconensis im heutigen Spanien. Zu jener Zeit zählten Männer aus den Provinzen Spaniens und Galliens bereits zu den Mächtigsten in Rom. Sura war der engste Freund und Vertraute Trajans. Er ebnete ihm den Weg zur Macht und unterstützte ihn Zeit seines Lebens.
Es ist möglich, dass sich Sura in Rom für Trajan einsetzte. Höchstwahrscheinlich aber war er im entscheidenden Jahr 97 einer jener Provinzstatthalter, die dem künftigen Caesar auch mit Truppen zur Seite standen. Vermutlich hielt er sich in Niedergermanien (Germania inferior) auf.
Suras Ämterlaufbahn ist nicht genau überliefert, manche Stationen werden vermutet. Er muss um 93 zum ersten Mal Konsul gewesen sein. Den zweiten Konsulat erhielt er 102; 107 wurde ihm die außerordentliche Ehre eines dritten Konsulats zuteil. Er war vermutlich etwas älter als Trajan. Plinius der Jüngere richtete zwei Briefe an ihn und spielte darin auf dessen Gelehrsamkeit und wissenschaftliches Interesse an. Sura förderte die Literatur: Der Dichter Martial zählte ihn zu seinen Gönnern und erwähnte ihn in seinen Epigrammen. Von Martial wissen wir, dass Sura im Jahr 91 lebensgefährlich erkrankte: Der Dichter feierte seine Genesung. (Martial, Epigramme, VII 47)
Licinius Sura verfasste die Reden Trajans. Jener gebildete, sprachgewandte Mann war aber auch Legionslegat und Stabschef in den Dakerkriegen. Auf dem Relief der Trajanssäule wird Sura als ständiger Begleiter des Kaisers identifiziert. Auffassungen, wonach gebildete, schöngeistige Persönlichkeiten bestenfalls widerwillig militärische Aufgaben übernahmen, sind modern und haben mit den damaligen Verhältnissen wenig zu tun. Man findet sie in Romanen wie Marguerite Yourcenars "Ich zähmte die Wölfin" oder Gerd Trommers "Wahn der Macht". Wenn M. Yourcenar von einer "Kriegspartei" am Hofe Trajans schreibt, ist dies Ausdruck literarischer Freiheit. Licinius Suras Karriere widerlegt derartige Kategorisierungen. Er und die Gardepräfekten Livianus und Attianus waren in Feldzügen, aber auch in Friedensjahren die wichtigsten Männer im Umfeld des Kaisers - und sie waren Freunde Hadrians. Zwar gab es im alten Rom ausgesprochene Militärkarrieren, aber auch die erfolgreichsten Feldherren haben in ihrer Laufbahn zivile Ämter bekleidet. Und ebenso war es üblich, dass jeder künftige Staatsmann einige Monate oder Jahre als Militärtribun diente.
Zusammen mit dem Gardepräfekten Claudius Livianus verhandelte Licinius Sura im Jahr 102 mit den Dakern um Frieden. Auf dakischer Seite wurden die Verhandlungen von Diegis, dem Bruder König Decebals, geführt. Solche Situationen waren nicht ungefährlich. Zu Beginn des zweiten Dakerkrieges geriet der römische Heerführer Longinus unter ähnlichen Umständen in dakische Gefangenschaft.
Sura ließ Thermen in Rom bauen und folgte damit dem Engagement des Kaisers, der ein umfangreiches Bauprogramm in Rom und Italien startete. Ebenso wie Trajan soll er sich für Knaben und junge Männer begeistert haben. Wir wissen zwar von keiner Ehefrau Suras, aber höchstwahrscheinlich war er verheiratet, wie das von einem Senator erwartet wurde. Seine persönlichen sexuellen Vorlieben waren in dieser Hinsicht bedeutungslos.
Sura hätte auf Grund seiner gesellschaftlichen Stellung selbst die Herrschaft übernehmen können. Aus unbekannten Gründen zog er es vor, der zweitmächtigste Mann nach dem Kaiser zu sein. Er unterstützte Hadrian als potentiellen Nachfolger. Eine derart einflussreiche Persönlichkeit war auch mit Neid und Verleumdung konfrontiert. Im Band 68 seines Geschichtswerkes, das nur in Auszügen erhalten ist, berichtet Cassius Dio von diesen Intrigen. Als die Neider allzu beharrlich wurden und vor Trajan behaupteten, Sura wolle ihn umbringen, tat der Kaiser etwas, womit jene Leute wohl nicht rechneten. Er besuchte seinen Freund unangemeldet und ohne Bewachung. Zunächst ließ er sich von Suras Arzt behandeln, dann von dessen Barbier rasieren. Anschließend nahm er ein Bad und aß zu Abend. Am nächsten Tag sagte er zu denen, die ihn warnen wollten: "Wenn Sura gewünscht hätte, mich zu töten, dann hätte er es gestern tun können."
Licinius Sura muss zwischen 108 und 113 gestorben sein. Kaiser und Senat ehrten ihn durch ein Staatsbegräbnis. Nach Suras Tod übernahm Hadrian die Aufgabe, Trajans Reden zu schreiben.
Ich muss gestehen: Mein Held in dem berühmten Roman "Quo vadis" von Henryk Sienkiewicz war nicht Vinicius, sondern Petronius, der arbiter elegantiarum. Ich stelle mir Licinius Sura ein wenig wie Petronius vor. Vielleicht war er nicht so spöttisch wie der Verfasser des Satyricon, und Trajan war, wie er selbst bekannte, kein Nero. (Plinius, Briefe, VI 31 (9))
Quellen und Literatur:
Cassius Dio, Epitome of Book 68
Karl Strobel, Kaiser Traian, darin: Die Thronfolgekrise des Jahres 97, Verlag Pustet, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7917-2172-9
Geza Alföldy, Epigraphische Studien 3: Die Legionslegaten der Römischen Rheinarmeen, darin: L. Licinius Sura, Böhlau Verlag Köln, ISBN13: 9783412315672
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