Samstag, 28. November 2020

Testamente und Erbschaften unter Trajan

Der Tod war in der Antike stets präsent und konnte weniger gut verdrängt werden als heute. Kaiser Trajan hat sich auch in diesem Themenkomplex um Augenmaß und Rechtssicherheit bemüht.

Testamente und Erbschaften betrafen vor allem Vermögende der Oberschicht. Aber auch Soldaten machten Testamente. Schon Caesar hatte ihnen gestattet, in jeder Form testieren zu können, und auch Trajan gab ihnen diese Erlaubnis, was bedeutete, dass auch ein mündliches Testament zugelassen war. Streit unter den Erben gab es schon in der Antike. Trajan sah sich gezwungen, Missbrauch bei diesen Soldatentestamenten einzudämmen. Bei Streitigkeiten musste untersucht werden, ob tatsächlich ein Testament abgefasst wurde, und zwar unter mehreren Zeugen. Bei seiner Fürsorge für die Soldaten, auf die Plinius sich in einem seiner Briefe an den Kaiser beruft, hat Trajan sie aber nicht über alle Maßen bevorzugt. Denn Domitian hatte die jene, die ihre Kameraden beerbten, von der Erbschaftssteuer befreit. Unter Trajan musste in solchen Fällen wieder Erbschaftssteuer gezahlt werden.

Bedeutsam ist aber auch die Entscheidung Trajans, dass niemand Soldat werden dürfe, um auf diese Weise einer Verhandlung in einem Kapitalverbrechen zu entgehen. Wer das versuchte, musste sich vor einem Militärgericht verantworten, wo ihm ggf. strengere Strafen drohten. Auch wenn die Unschuld des Angeklagten bewiesen wurde, musste er aus der Armee unter Schande verabschiedet und an ein ziviles Gericht zurück überwiesen werden. Und auch wenn er weiterhin als unschuldig galt, durfte er nicht wieder in die Truppe eintreten. Darin zeigt sich, dass Trajan der Ruf der römischen Armee wichtig war.

Die besondere Sorge Trajans galt dem Senatorenstand, unter dem Testamente auf Grund der Höhe des Vermögens eine große Bedeutung hatten. Augustus hatte die fünfprozentige Erbschaftssteuer eingeführt, von der jedoch geringe Erbschaften ausgenommen waren. Unter Trajan wurden Verwandte ersten Grades und zweiten Grades von der Erbschaftssteuer befreit.

In den Fällen, in denen Trajan als Zwischenerbe eingesetzt wurde, verzichtete er auf das Viertel des Erbes, das ihm in einem solchen Fall zustand. Die gewerbsmäßigen Ankläger (Delatoren), die unter Domitian ihr Unwesen getrieben hatten (sie zeigten Leute beim Kaiser an, um sich zu bereichern – ihnen stand ein Teil des Vermögens der Verurteilten zu), wurden unter Trajan des Landes verwiesen. War Leuten unrechtmäßig Besitz weggenommen worden, gab Trajan diesen nach Möglichkeit zurück. Anklagen wegen Majestätsbeleidigungen ließ er nicht zu; sein Willen ist im Briefwechsel mit Plinius dem Jüngeren überliefert.

Plinius der Jüngere berichtet von einem Fall, wo Trajan von Erben um eine Entscheidung in einem Rechtsstreit gebeten worden war. Dieser Fall sollte auf seinem Landgut in Centumcellae (Civitavecchia) verhandelt werden. Zuvor muss es viele Gerüchte wegen Testamentsfälschung gegeben haben, und einer der beiden Angeklagten war Freigelassener Trajans. Als der Kaiser einen Gerichtstermin festsetzte, bekamen einige der Erben „kalte Füße“, woraufhin er sie beruhigte und einen Aufschub gewährt. Am Tag der Verhandlung kamen nur zwei der Erben und baten darum, dass die anderen gezwungen werden müssten, ebenfalls zu erscheinen – oder auch ihnen müsse erlaubt werden, von der Klage abzulassen. Der Anwalt der Verdächtigen beschwerte sich nun, seine Mandanten seien weiter dem Verdacht ausgesetzt, wenn man sie nicht verhörte. Trajan entschied nach Absprache mit seinen Beratern, dass alle Erben prozessieren müssten, oder jeder einzelne von ihnen sollte Gründe für seinen Rücktritt von der Klage nennen, ansonsten würde er sie wegen Verleumdung verklagen. Seine Geduld war eben nicht unerschöpflich! (Plinius, Briefe, VI,31).

Als Plinius seine Lobrede auf Kaiser Trajan, den Panegyrikus, in Anwesenheit des Herrschers im Senat vortrug, hätte ich doch an einem Punkt gern gewusst, was da in des Kaisers Kopf vorging.

„Bitte, Caesar, nimm mir meine ängstliche Besorgtheit, die Sorge eines Konsuls, nicht übel! Denn wenn ich bedenke, wie du einerseits Spenden an dich nicht angenommen hast, dagegen die Gratifikation verteilt, die Spendenzahlungen gewährt hast, die Delatoren vertrieben, die Steuern ermäßigt hast, dann muss ich dich wohl fragen, ob du die Einkünfte des Reiches hinreichend berechnet hast…“

Plinius war, wohlgemerkt, Finanzexperte, und zweifelte (scheinbar) Trajans wirtschaftliche Kompetenz an – um gleich die Frage nachzuschieben, ob die sparsame Wirtschaftsführung des Princeps vielleicht doch all die Wohltaten ermöglichte. Möglicherweise hat Trajan gelegentlich die Augen verdreht, als er dem Panegyrikus lauschte.

Literatur:

Martin Fell: Optimus Princeps? Anspruch und Wirklichkeit der imperialen Programmatik Kaiser Trajans, tuduv-Verlagsgesellschaft, 1992, ISBN 3-88073-417-8

Plinius der Jüngere, "Panegyrikus", herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 3-534-09220-1

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