Sonntag, 25. August 2019

Kleopatra

Die ägyptische Königin Kleopatra zählt zu den berühmtesten und geheimnisvollsten Frauengestalten der Antike. Die Überlieferung über sie ist unvollständig. Was die antiken Autoren über sie mitteilen, trägt den Stempel Roms, der Macht, die die Königin besiegte. Die Geschichte der bedeutendsten Persönlichkeiten Roms der damaligen Zeit ist mit jener Frau verknüpft. Schon zu ihren Lebzeiten müssen manche Begebenheiten märchenhaft gewesen sein. Ihr Schicksal hat Romanautoren und Filmemacher beflügelt.

Kleopatra VII. zählte zur Ptolemaier-Dynastie Ägyptens. Sie geht auf Ptolemaios, einen der Diadochen, Nachfolger Alexander des Großen, zurück. Ägypten war ein reiches, fruchtbares Land mit einer sehr alten Kultur, die 3.000 vor Chr. ein erstes Reich hervorbrachte. Kleopatras Vater Ptolemaios XII. hatte vor Aufständen und Unruhen aus Ägypten nach Rom fliehen müssen und bat dort um Unterstützung, die ihm auch gewährt wurde. Als er starb, waren Kleopatra (ca. 69 v.Chr. geboren und 18 Jahre alt) sowie ihr fünfzehnjähriger Bruder Ptolemaios XIII. die rechtmäßigen Nachfolger. Der Tradition gemäß wurden sie miteinander verheiratet. Aber wenige Monate später hatte Kleopatra ihren Bruder erfolgreich vom Thron verdrängt. Drei Jahre später gelang es den Ratgebern, Ptolemaios wieder einzusetzen, und schließlich Kleopatra aus dem Land zu vertreiben.

Zu jener Zeit kam es zum Krieg zwischen Pompeius und Caesar. Nach seiner Niederlage bei Pharsalos kam Pompeius nach Ägypten, wo er auf Beistand hoffte. Doch Ptolemaios und seine Ratgeber ließen ihn töten. Sie hofften, damit Caesars Gunst zu erringen. Caesar jedoch reagierte nicht so, wie sie es erwartet hatten. Er kam in den Palast und verkündete, er werde die Streitigkeiten um den Thron Ägyptens beenden. Beide Geschwister, Ptolemaios und Kleopatra, sollten ihre Heere entlassen. Kleopatra folgte seinem Aufruf sofort. Und sie kam nach Alexandria zu Caesar, der Überlieferung nach in einem Kleidersack versteckt. Bei ihm im Palast war sie in Sicherheit, und Caesar fand Gefallen an ihr. Die Ratgeber des Ptolemaios jedoch zettelten einen Aufstand gegen Caesar an, und es kam zum alexandrinischen Krieg, auf den jener nicht vorbereitet war. Er musste sich im Palast wie in einer Festung verschanzen und auf Verstärkung warten. Als diese eintraf, griff er an und besiegte Ptolemaios, der selbst fiel. Daraufhin wurden Kleopatra und ihr jüngster Bruder gemeinsam als Könige im Sinne Roms eingesetzt. Tatsächlich verbrachte Caesar nur noch wenige Tage mit Kleopatra und reiste dann nach über Syrien nach Pontos, um einen seiner schnellsten Siege (veni, vidi, vici) zu erringen.

Kleopatra gebar Caesar einen Sohn, Ptolemaios Kaisar(ion). Als Caesar im Jahr 46 seinen Triumph über Gallien, Pontos, Lybien und Ägypten feierte, kam Kleopatra auf seine Einladung hin mit dem Kind und ihrem Gefolge nach Rom, wo sie in seinen Gärten wohnte. Er selbst reiste bald nach Spanien ab, während Kleopatra in Rom verweilte. Nun hatte die Oberschicht Gelegenheit, sie kennenzulernen. Kleopatra soll gar nicht umwerfend ausgesehen haben. Ihr besonderer Reiz lag in ihrer gesamten Ausstrahlung, ihrem Charme, ihrer Bildung und ihrer Fähigkeit, sich gut auszudrücken. Doch die Römer waren der fremden Königin gegenüber misstrauisch.

Als Caesar aus Spanien zurückkehrte, überschüttete er Kleopatra mit Ehrungen und erkannte Ptolemaios Kaisar als Sohn an. Er lebte zwar mit seiner Gattin Calpurnia zusammen, aber Kleopatra war nicht weit entfernt. Auch das muss für einigen Klatsch gesorgt haben. Schlimmer aber für die Aristokraten Roms war Caesars offenkundiges Streben nach der Monarchie. Im März 44 v. Chr. fiel Caesar einem Attentat zum Opfer. Kleopatra floh daraufhin nach Ägypten. Bald darauf geriet sie in den Machtkampf zwischen den Erben Caesars: seinem Haupterben Octavian, dem späteren Augustus, und seinem engsten Anhänger Marcus Antonius.

Zunächst versuchte Antonius, Octavian daran zu hindern, Caesars Erbe anzutreten. Mit Vorsicht, Zähigkeit und Skrupellosigkeit setzte sich Octavian allmählich durch. Der östliche Mittelmeerraum aber wurde von den Caesar-Mördern Brutus und Cassius beherrscht. Ende des Jahres 43 schlossen Octavian, Antonius und Lepidus einen Bund, das sogenannte Triumvirat. Antonius war der Sieger in der Schlacht bei Philippi gegen Brutus und Cassius. Als die Triumvirn das Reich unter sich aufteilten, entschied sich Marcus Antonius für den Osten. Kleopatra folgte seiner Einladung nach Tarsos in Kilikien.

Schon Caesar galt als erotisch anziehender Mann, aber auch Marcus Antonius war eine attraktive Erscheinung und zu diesem Zeitpunkt die mächtigste Persönlichkeit Roms. Er hatte sich in Kleinasien als Dionysos feiern lassen, und Kleopatra kam als Aphrodite zu ihm. Mit ihrer Attraktivität, ihrem Charme, Luxus und Reichtum nahm sie Antonius für sich ein. Die Beziehung mit ihm sollte sie fast ans Ziel ihrer Wünsche bringen, die auf ihre eigene Macht, die Zukunft ihres Sohnes und Ägyptens zielten. Antonius folgte Kleopatra nach Ägypten. Auseinandersetzungen zwischen Octavian und dem Bruder des Antonius sowie seiner Gattin Fulvia zwangen ihn dann doch zur Rückkehr nach Italien, wo die Triumvirn ihren Bund erneuerten. Antonius heiratete Octavians Schwester Octavia. Kleopatra brachte indessen Zwillinge zur Welt. Drei Jahre lang lebte sie in Ägypten ohne Antonius, der mit Octavia offenbar glücklich in Athen war. Octavia gebar ihm zwei Töchter. Im Jahr 36 v. Chr. brach Antonius in seinen Partherkrieg auf. Nun sah er Kleopatra wieder, denn er brauchte ihre Unterstützung. Octavia, die wieder schwanger war, reiste nach Rom. Der Partherfeldzug des Antonius war ein Fehlschlag. Kleopatra aber hatte zusätzliche Gebiete von ihm erhalten: Phönikien, einen Teil Kilikiens sowie Gebiete Judäas und des Nabatäerreiches.

Antonius musste sich nun zwischen Kleopatra und Octavia entscheiden und wählte die ägyptische Königin. Er schickte Octavia, die zu ihm bis nach Athen gereist war, nach Rom zurück. Damit war der Bruch mit Octavian nur noch eine Frage der Zeit. Doch es kam noch nicht zur Scheidung, obwohl Antonius fortan mit Kleopatra zusammenlebte. Sie gebar ihm ein drittes Kind, einen Sohn. Die antiken Autoren berichten mit Vorliebe über das ausufernd luxuriöse Hofleben in Alexandria. Antonius war Kleopatra verfallen, und diesen Umstand machte sich sein Gegner Octavian zunutze. Bedachtsam und über einen längeren Zeitraum hinweg heizte er die Stimmung in Rom gegen ihn an.

Im Jahr 32 v. Chr. gab Octavian eine Erklärung im Senat ab, woraufhin alle Anhänger des Antonius Rom verließen. Sie und seine Truppen trafen sich in Ephesos. Von dort aus setzte das Heer in die Peleponnes über. Erst war Samos das Hauptquartier von Antonius, später Athen. Dort vollzog er die Scheidung von Octavia. Sechs Monate nach der Flucht der Anhänger des Antonius wurde offiziell Kleopatra der Krieg erklärt. Inoffiziell war der Bürgerkrieg ausgebrochen. Octavian blockierte die großen Häfen Italiens, damit die Flotte des Antonius dort nicht anlanden konnte. Doch Anfang des Jahres 31 kam Agrippa, der Feldherr Octavians, Antonius zuvor und überfiel dessen Schiffe und Stützpunkte, während Octavian mit seiner Flotte über die Adria setzte. Schließlich standen sich die großen Schiffe des Antonius und die schnellen, wendigen Liburnen von Octavian und Agrippa bei Actium gegenüber. Die Pläne des Antonius gingen nicht auf; seine Gegner gewannen die Schlacht. Kleopatra wagte einen Durchbruch mit ihren Schiffen und Antonius folgte ihr. Sein Feldherren-Schiff hatte er wohl aufgegeben. Octavian wartete bis ins nächste Jahr, ehe er Antonius verfolgte. Jener war von vielen Anhängern im Stich gelassen worden. Am selben Tag, als Octavian Alexandrian eroberte, starb Antonius durch Freitod. Kleopatra erschien vor dem Sieger. Octavian hatte vor, sie im Triumphzug in Rom mitzuführen. Als sie das erfuhr, bat sie, zum Grab des Antonius gehen zu dürfen. Octavian erlaubte es. Dort wählte sie den Freitod durch Schlangenbiss. Ihr Sohn Ptolemaios Kaisar wurde von Octavian hingerichtet. Einen Konkurrenten, den leiblichen Sohn Caesars, konnte er nicht am Leben lassen. Die Kinder von Antonius und Kleopatra übergab er seiner Schwester Octavia, die sie aufzog. Octavia muss eine gutherzige Frau gewesen sein, aber vermutlich konnte sie auch gar nicht anders, als dem Willen ihres Bruders zu gehorchen. Der Senat in Rom benannte den Monat, in dem Kleopatra besiegt worden war, zu Ehren des Siegers Augustus, heute August.

Einer meiner Lieblings-Historienfilme ist „Cleopatra“ aus dem Jahr 1963 mit Elizabeth Taylor, Rex Harrison und Richard Burton in den Hauptrollen. Die Schauspieler haben zwar wenig Ähnlichkeit mit den antiken Protagonisten, verkörpern sie aber trotzdem überzeugend.

Literatur:

Manfred Clauss: „Kleopatra“ Verlag C.H. Beck, München 1995, ISBN 3 406 390099

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