Blog zum historischen Roman "Im Banne des Besten" mit Informationen über die Blütezeit des Römischen Imperiums
Sonntag, 4. Juni 2017
Plinius, Anwalt der Provinzen
Die römische Oberschicht pflegte einen aufwändigen Lebensstil mit diversen Verpflichtungen. Ein Prätor war beispielsweise verpflichtet, Spiele zu finanzieren. Einige Senatoren mussten zur Finanzierung ihrer Aufwendungen Schulden machen. Und manche von ihnen nutzten ihre Ämter als Statthalter oder Prokonsuln, um die Provinzen rücksichtslos auszubeuten und die eigenen Finanzen aufzubessern. Doch die Provinzen hatten die Möglichkeit, sich in Repetundenprozessen zu wehren.
Plinius der Jüngere berichtet von mehreren Prozessen, in denen er als Anwalt der Provinzialen tätig war. Im Jahr 93, unter der Herrschaft Domitians, vertrat er die Baetica gegen den Prokonsul Baebius Massa. Einige Jahre später, 98, setzte sich die Provinz erneut gegen einen ausbeuterischen Verwalter zur Wehr: Caecilius Classicus. Classicus verstarb kurz vor dem Prozess und Plinius ließ offen, ob er eines natürlichen Todes gestorben war oder seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hatte. Die Provinz klagte auch gegen den Toten, was rechtlich möglich war. Classicus hatte sich durch einen Brief an eine Freundin in Rom selbst verraten: „Hurra, ich komme schuldenfrei zu dir; ich habe vier Millionen Sesterzen eingenommen durch den Verkauf von halb Baetica“. (Plinius, Briefe, 3, 9 (13)
Es muss eine Korruption von erschreckendem Ausmaß geherrscht haben. Classicus soll laut Plinius sogar Geld für die Anklage und Verurteilung Unschuldiger kassiert haben. Er stammte aus der Provinz Africa. Zur gleichen Zeit, als er in der Baetica sein Unwesen trieb, betätigte sich Marius Priscus, der aus der Baetica stammte, in Africa auf ähnlich kriminelle Weise. Damals sagte man in der Baetica: „Wir haben einen Schurken gegeben und einen bekommen“. (Plin., Briefe, 3,9 (3). Auch Marius Priscus wurde angeklagt. Die Provinzialen wurden wiederum von Plinius vertreten – und von Cornelius Tacitus, dem berühmten Historiker. Die Verhandlung fand zu Beginn des Jahres 100 vor dem Senat statt. Als Konsul führte Kaiser Trajan den Vorsitz. Der Prozess zog sich über drei Tage hin. Plinius sprach am ersten Tag fünf Stunden lang. Ein bewundernswertes Engagement, zumal ehrenamtlich. Er erzählt stolz, dass der Kaiser ihn aufmerksam beobachtete und mehrmals durch einen Freigelassenen bitten ließ, sich zu schonen. Plinius schätzte jene Arbeit, die er „mit Anstand freiwillig“ übernehmen konnte. (Plin., Briefe, 6, 29 (11).
Auch die Provinz Bithynien, in der heutigen Türkei gelegen, litt wiederholt unter diversen Missständen. Kaiser Trajan entschloss sich, dort durchzugreifen und einen Sonderbeauftragten einzusetzen. Seine Wahl fiel auf Plinius, welcher sich als Finanzfachmann und pflichtbewusster Senator entsprechend qualifiziert hatte. Gewiss dachte der Herrscher auch an dessen Engagement für die Provinzen und speziell an den Prozess gegen Marius Priscus, den er selbst miterlebt hatte.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen