Montag, 22. Mai 2017

"Columna" – Fortsetzung des Films „Dacii“

Die Fortsetzung des Monumentalfilms „Dacii“ entstand 1967-1968 als rumänisch-westdeutsche Koproduktion unter der Regie von Mircea Dragan und kam unter den Titeln „Columna“ bzw. „Die Säule des Trajan“ ins Kino. Unter dem – ziemlich sinnfreien – Titel „Der Tyrann“ ist der Film nun wieder im Handel erhältlich. Er wurde 1969 für den Oscar nominiert.

Man könnte annehmen, dass sich der Handlungsablauf am Relief der Trajanssäule in Rom orientiert. Dies ist aber nicht der Fall. Im DDR-Kinoprospekt findet man eine gute Einführung in die historischen Ereignisse. Der Film beginnt mit einigen einführenden Worten und die Handlung setzt ein, als die dakische Königsstadt Sarmizegetusa von den Römern eingenommen wird. Der König und einige seiner Leute können die Festung zuvor verlassen; Decebal (Amza Pellea) zieht sich auf eine andere Bergfestung zurück. Kaiser Trajan (Amedeo Nazzari, dem Princeps einigermaßen ähnlich und erfreulicherweise grauhaarig) schreitet langsam und ruhig die Front ab, bis er vor den Mauern steht und nach Decebal fragt. Einer seiner Offiziere, ein gewisser Tiberius, dargestellt von Richard Johnson, erhält den Auftrag, den Dakerkönig entweder lebend zu fassen oder den Beweis zu bringen, dass er tot ist. Jener Tiberius ist historisch. Er hieß mit vollständigem Namen Tiberius Claudius Maximus und diente in einer Reiterabteilung als Stellvertreter des Kommandeurs (Duplicarius). Decebals Lage wird zunehmend aussichtslos; er flieht mit wenigen Getreuen. Als ihn die römische Kavallerie aufspürt, schneidet er sich die Kehle durch, um nicht lebend in die Hände seiner Feinde zu fallen. Maximus schlägt dem Toten den Kopf ab und bringt ihn dem Kaiser. Trajan lässt den Kopf dem versammelten Heer zeigen. Im Film ist Maximus als Stabsoffizier zu hochrangig dargestellt. Es liegt nahe, an einen anderen Mann zu denken: Claudius Livianus, der als Prätorianerpräfekt den Kaiser in den Dakerkriegen begleitete und zu den ranghöchsten Offizieren seines Stabs zählte. Fakt ist jedoch: nicht Livianus, sondern Maximus brachte Trajan den Kopf Decebals.

Der Kaiser beauftragt – nein, er bittet Tiberius (jener Herrscher setzte Gesten erfolgreich ein), in Dakien zu bleiben und dort im Norden des Landes Aufbauarbeit zu leisten, Befestigungen und Kastelle zu errichten, als Bollwerk gegen mögliche Angriffe der „Barbaren“. Der Film widmet sich den Schwierigkeiten an jenem Außenposten im heutigen Siebenbürgen. Dies ist eine ungewöhnliche Perspektive für einen Historienfilm, aber durchaus interessant und spannend. Die Römer müssen mit den unterworfenen Dakern kooperieren, erkennen vorhandene Strukturen und lokale Eliten an, auch wenn sie als Eroberer nicht beliebt sind. Während sich viele Daker mit der römischen Besatzung arrangieren, verstecken sich andere in den Bergen und organisieren den Widerstand. Die römischen Soldaten gewinnen dakische Frauen für sich, wobei sie auch Gewalt anwenden. Bei aller Ambivalenz kommt es schließlich auch zu echten Beziehungen. Tiberius nimmt eine ehemalige dakische Adlige (Antonella Lualdi) zur Frau und die beiden bekommen einen Sohn, der als Römer erzogen wird. Die Annäherung zwischen Tiberius und Andrada ist überzeugend. Das ist keine idealisierte Romanze, sondern eine konfliktreiche Beziehung. Er gewinnt diese Frau durch Liebe, Respekt und viel Geduld - und damit kommt er auch im Herzen des Zuschauers an.

Doch die Daker greifen wieder an. Zunächst wird ein Senator aus Rom durch einen Pfeilschuss getötet, gerade, als er der von Tiberius errichteten Siedlung das Stadtrecht verleihen will. Wer war das – ein gewisser Fortunatus? Jene Rolle hätte dem Statthalter Terentius Scaurianus gebührt, aber dieser Mann starb nicht in Dakien, sondern war noch während des Partherkrieges im Stab Trajans. Weitere Überfälle der Daker auf die Römer folgen, denen auch romanisierte Daker zum Opfer fallen. Versuche der Daker im Widerstand, sich mit „Barbaren“ gegen die Römer zu verbünden, scheitern. Wer waren die in Felle gehüllten Fremden: Jazygen, Quaden, Roxolanen? Kurzzeitig kämpfen die Daker sogar mit den Römern zusammen gegen sie. Dass während solcher Konflikte auch mal die Seiten gewechselt wurden, so von den sarmatischen Jazygen, ist historisch. Mir bleibt vor allem jene Szene in Erinnerung, als Tiberius seinen Frust gegenüber Gerula (Ilarion Ciobanu) , dem dakischen Guerilla-Anführer herausschreit: "Der Kaiser will Frieden!" Warum akzeptiert ihr das nicht endlich?, fügt man in Gedanken hinzu. Gerula sieht in nur finster an, und aus seinem Gesicht spricht die Antwort: Weil ihr die Bedingungen stellt, wollen wir euren Frieden nicht. Als Zuschauer weiß man, dass er Tiberius die Verstümmelung seines Königs nie verzeihen wird.

Am Ende kommt es zum Zweikampf zwischen Tiberius und Gerula. Gerula tötet Tiberius. Er will dessen Sohn für sich und künftige Kämpfe gegen Rom gewinnen. Der echte Tiberius Claudius Maximus starb nicht in Dakien, sondern kämpfte als Veteran im Partherkrieg und wurde ehrenhaft aus der Armee entlassen.

Was für ein Film und relativ nahe an den geschichtlichen Ereignissen! Er hat mich beeindruckt und für mein weiteres Leben geprägt. Besonders freue ich mich über kleine Highlights für Insider wie die Erwähnung der Donaubrücke, einer technische Meisterleistung des Architekten Apollodoros. In seinem Kriegsrat fragt Trajan Lusius (nicht Lucius!) Quietus nach seiner Meinung, worauf dieser antwortet, er könnte in absehbarer Zeit das ganze Land verwüsten. Lusius Quietus war schon in den Dakerkriegen erfolgreich; während des Partherkrieges trug er dazu bei, dass die Römer in den Jahren 116/117 einigermaßen das Gesicht wahren konnten. Er war für die Grausamkeit seiner Kriegführung berüchtigt.

Peter Conolly hat die Ereignisse während der Kriege zwischen Römern und Dakern in zwei wunderschönen Jugendbüchern rekonstruiert. Man erfährt alles, was über das Leben des Tiberius Claudius Maximus bekannt ist, sieht Bilder von Wachtürmen, römischen Lagern, vom Bau der Donaubrücke, von Übungen der Soldaten, Paraden sowie der Auszeichnung des Maximus durch den Kaiser. Auch für Erwachsene informativ und faszinierend!

Literatur:

Peter Conolly: Tiberius Claudius Maximus, Ein römischer Legionär, Tessloff Verlag Nürnberg, 1990, ISBN 3-7886-0186-8

Peter Conolly: Tiberius Claudius Maximus, Ein römischer Reiter, Tessloff Verlag Nürnberg, 1990, ISBN 3-7-886-0185-X

Karl Strobel: Untersuchungen zu den Dakerkriegen Trajans, Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn 1984, ISBN 3-7749-2021-4

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen