Sonntag, 3. September 2017

Feldherren lebten gefährlich (2)

Die erfolgreichen römischen Kaiser bemühten sich um ein gutes Verhältnis zu ihren Soldaten. Der Titel Imperator besagt es: Der Caesar war immer auch oberster Feldherr. Viele Kaiser haben militärische Operationen selbst geleitet, so Domitian und insbesondere auch Trajan. Die römische Armee war zu jener Zeit bis ins Kleinste durchorganisiert und wenn der Herrscher in den Krieg zog, war er nicht nur von Truppen und seinem Stab umgeben. Auch ein Großteil des Hofes begleitete ihn. Das Reich musste weiterhin regiert werden; er empfing Gesandte und Post aus dem gesamten Imperium im Feld und hielt dort Gericht.

Er hatte aber auch die Möglichkeit, sein Verhältnis zu den Truppen auf eine vertrauliche Basis zu stellen. Von Trajan und Hadrian ist bekannt, dass sie sich an täglichen Waffenübungen beteiligten, weite Strecken mit ihren Truppen zu Fuß zurücklegten und die Flüsse durchwateten. Trajan nannte die Soldaten seine Kameraden. Er gab ihnen das Gefühl, einer von ihnen zu sein. Ebenso behandelte er die Senatoren und das Volk. Er muss dabei authentisch gewirkt haben. Wenn sich jemand vordergründig anbiedert und innerlich ein Snob ist, funktioniert das nicht. Ich bin der Überzeugung, Trajan war für diese Rolle geradezu prädestiniert.

Das Reliefband der Trajanssäule in Rom ist in vieler Hinsicht aufschlussreich. Es versteht sich, dass es keine realistische Darstellung der Ereignisse sein kann. Die Szenen sind bewusst ausgewählt und entsprechen dem Selbstverständnis Roms und des Kaisers. Wertvoll sind viele Details über die Kriegstechnik, die Ausrüstung der Truppen auf beiden Seiten und der Eindruck, den man vom Verlauf der Kampfhandlungen gewinnt. Man sieht den Kaiser inmitten seiner engsten Berater. Sie sind identisch gekleidet und ähneln sich auch äußerlich. Nur aus seiner Position innerhalb der jeweiligen Szene heraus erkennt man Trajan. Man sieht ihn bei Ansprachen an die Truppen, beim Empfang von Gesandten; er zeichnet Soldaten aus und beobachtet von einer Anhöhe aus den Verlauf von Schlachten. Immer wieder vollzieht er als oberster Priester die traditionellen Opfer inmitten der Zivilbevölkerung oder des Heeres. Er reitet oder ist zu Fuß unterwegs, von seinen Offizieren und der Garde umgeben.

Cassius Dio berichtet vom Versuch eines Attentats auf den Kaiser zu Beginn des zweiten Dakerkrieges. Der dakische König Decebalus griff in seiner Verzweiflung auch zu dieser Möglichkeit, um sein Reich vor der Annexion zu retten. Trajan ließ zu seinem Kriegsrat jeden zu, der es wünschte. Die Attentäter, römische Überläufer, gesandt von Decebal, um den Imperator zu ermorden, benahmen sich verdächtig, wurden ergriffen und verrieten unter Folter den Plan. Was erhoffte sich der König von einem erfolgreichen Attentat? Die Verwirrung auf römischer Seite, Auseinandersetzungen miteinander konkurrierender Thronanwärter hätten den Dakern auf jeden Fall eine Atempause verschafft, möglicherweise den Krieg vorzeitig beendet. Hatte Trajan für einen solchen Fall vorgesorgt? Die Situation im Jahre 117 lässt Zweifel daran aufkommen, aber: Wir wissen darüber nichts.

Gegen Ende des Partherkrieges spielte sich eine Szene ab, in der Trajan und seine Garde unter feindlichen Beschuss gerieten. Die Wüstenstadt Hatra trotzte seiner Reiterei, die sie im Sturm einnehmen wollte. Der Kaiser hatte alle Abzeichen eines Feldherrn abgelegt, als er um die Mauern ritt, aber die Feinde erkannten ihn an seinen weißen Haaren und der Würde seines Gesichts. Einer der Gardereiter (Equites Singulares Augusti) wurde getötet. So gut bewacht der römische Kaiser auch war: Persönliche Fitness und regelmäßiges Waffentraining waren durchaus sinnvoll und keineswegs reine Kraftmeierei fürs Image.

Quellen:

Cassius Dio: Epitome of Book 68

"Die Traianssäule", Kupferstiche aus dem Jahre 1667 von Pietro Santi Bartoli, Verlag Ernst Dzur, Voorburg 1941

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