Sonntag, 20. Dezember 2020

Trajan als Imperator: Er und seine Soldaten

Als Imperator, Feldherr, ist Trajan über die Jahrhunderte hinweg wohl am stärksten in Erinnerung geblieben. Er war derjenige, unter dem das römische Imperium die größte Ausdehnung erreichte, weshalb ihn frühere Historiker zu den größten Eroberern der Weltgeschichte zählten, im gleichen Atemzug mit Caesar und Alexander dem Großen. Ihm selbst hätte diese Zuschreibung wohl auch gefallen. Das Thema ist mir so geläufig, dass ich nicht vor dem Schreiben in der Sekundärliteratur nachlesen musste.

Erst in der Neuzeit wurde erkannt, dass sich Trajan mit ebensolchem Engagement um ein gutes Verhältnis zum Senat und zum römischen Volk bemühte und ein echter Landesvater war, der viele Rollen ausfüllte. Doch an seinem Nachruhm als großer Feldherr war ihm selbst sehr gelegen. Schon sein Vater hatte sich als Senator mit besonderen militärischen Fähigkeiten ausgezeichnet. Trajan strebte wohl frühzeitig eine Militärkarriere an, wobei ich betonen muss, dass es im alten Rom unter den Senatoren keine reinen Militärs gab. Ein Senator musste immer auch hohe zivile Ämter bekleiden. Plinius der Jüngere überliefert, dass Trajan zehn Jahre lang als Militärtribun diente. Dies wird heute als Übertreibung angesehen, aber die Bemerkung im Panegyrikus könnte dennoch darauf hindeuten, dass er länger als üblich Tribun war. Wie viele Militärkommandos er inne hatte, ehe er Statthalter in Obergermanien wurde, wissen wir nicht genau. Über Trajans Karriere unter dem verhassten Domitian hielt sich Plinius bedeckt.

In einem Gedicht, das Trajan zugeschrieben wird (richtig: der Kaiser, der allgemein als musisch uninteressiert gilt, kann sogar Lyrik verfasst haben) spricht er von sich selbst als einem Angehörigen der militärischen Elite. Er verstand sich wohl als Berufsoffizier, der zeitweilig auch in zivilen Ämtern diente.

Im Jahr 98 übernahm er das Amt der Ämter, den Principat. Und zu einem relativ frühen Zeitpunkt seiner Herrschaft plante er eine Offensive gegen das Dakerreich, mit dem Rom damals ernsthafte Schwierigkeiten hatte. In den Dakerkriegen konnte Trajan Kriegsruhm erwerben, der damals für seine Legitimation wichtig war. Die Flavier hatten die Messlatte sehr hoch gelegt. Dies war eine seiner liebsten Möglichkeiten, sich zu profilieren. In Rom bedurfte er der Hilfe seines Freundes Sura, der ihm Reden schrieb. Im Feld genügten seine Ansprachen an Soldaten und Offiziere; jene mussten höchstwahrscheinlich nicht zuvor von einem Rhetoriker ausgearbeitet werden. Vielleicht hat der eine oder andere senatorische Offizier doch kritisch vermerkt, dass der Imperator kein begnadeter Redner war. Aber das war letztlich unwichtig. Im Gegenteil: wenn der Imperator ohne künstlerische Redewendungen auf den Punkt kam, war das in jenem Umfeld eher zielführend als mangelhaft.

Trajan war ein umsichtiger, mitreißender und zugewandter Truppenführer. Er verstand es, die Soldaten auf Gefechte vorzubereiten, ließ sie üben und nahm selbst an Waffenübungen teil, ließ Falschmeldungen verbreiten, um sie in Alarmbereitschaft zu halten, marschierte zu Fuß mit ihnen, teilte ihre Soldatenkost und watete mit ihnen durch die Flüsse. Wenn er sie ansprach, kannte er meist ihre Namen und sogar Spitznamen. Ich meine, dass ihm da ein nomenclator behilflich war - einer, der ihm die Namen im richtigen Moment zuflüsterte. Man muss aufpassen, dass man nicht zu sehr der Legendenbildung verfällt! Trajan wird nicht immer Soldatenkost zu sich genommen haben, auch wenn er das gelegentlich tat (er schätzte gutes Essen und guten Wein), und er marschierte nicht immer zu Fuß. Cassius Dio erwähnt, dass der Kaiser eigene Unterwäsche zerschneiden ließ, als das Verbandmaterial knapp wurde. Und nein, das waren keine Unterhosen, sondern Untertuniken, lange Unterhemden. Wie viele davon hatte der Imperator eigentlich im Gepäck, möchte man fragen. Man sollte hin und wieder reflektieren, was Propaganda war und welchen realistischen Hintergrund so etwas wahrscheinlich hatte. Doch selbst dann, wenn man einiges abzieht, bleibt noch genügend übrig, das den Herrscher als guten Feldherrn kennzeichnet.

Das Relief der Trajanssäule in Rom ist zwar Programm, aber in Details ziemlich realistisch. Der Kaiser ist in vielen Szenen zu sehen, aber er agiert nicht als Held, sondern als derjenige, der diesen Krieg führt und sein Heer befehligt. Er beobachtet Schlachten, gibt Befehle, hält Ansprachen an die Armee, empfängt Unterhändler, opfert in seiner Funktion als oberster Priester, und er reitet oder benutzt Schiffe, um schnell den Kriegsschauplatz zu wechseln, wenn nötig. Es spielte eine große Rolle, wenn der Imperator persönlich vor Ort war. Trajan beherzigte all das und eroberte Dakien in zwei schweren Feldzügen.

Leider ist sein Tagebuch über die Dakerkriege nicht überliefert. Es wäre eine unschätzbare Quelle für ihn und seine Zeit. Wichtig aber ist auch die Sorge des Kaisers um die Opfer des Krieges und die Verwundeten. Dass er nach Schlachten nicht nur im Ruhm schwelgte, sondern auch durch die Zelte ging und aufmunternde Worte sprach, dass er Verwundete in Lazaretten besuchte, wurde von ihm erwartet. Und es war selbstverständlich, dass er der Toten gedachte und ihnen Denkmäler errichten ließ wie in Adamklissi. Die Sieger und Überlebenden erwarteten mindestens gute Worte, aber auch Belohnungen, Beförderungen, Auszeichnungen. Mit all dem ging die römische Armee differenziert um.

Trajan nannte seine Soldaten Kameraden. Darin folgte er dem Beispiel Caesars und grenzte sich von Augustus ab, der diese Anrede nicht verwendete. Auch seinem Provinzstatthalter - Plinius - schrieb Trajan ganz selbstverständlich von commilitones, Kameraden. Seine Aufmerksamkeit und Fürsorge für das Heer führte er auch dann fort, als er sich nicht mehr selbst im Feld befand. So gewährte er einem Hilfstruppencenturio auf Bitte des Plinius hin das römische Bürgerrecht. Der Kaiser musste aber auch in kuriosen Detailfragen Recht sprechen. Trajan entschied, dass auch ein Mann mit einem Hoden Soldat werden dürfe. Und er verfügte, dass Eltern, die ihren Sohn verstümmelten und damit vor der Einberufung bewahren wollten, streng bestraft wurden.

In seinem Partherkrieg war Trajan nicht erfolgreich wie in Dakien, trotz seines persönlichen Einsatzes. Den Kampf um die Wüstenstadt Hatra soll er selbst geleitet haben und laut Überlieferung geriet er dabei auch in Gefahr. Als er krank wurde, musste er den Kriegsschauplatz verlassen. Dies war nicht nur das Ende des Feldzuges, sondern letztlich auch der Anfang vom Ende seiner Herrschaft. Der "Optimus Princeps" kehrte aus seinem letzten Feldzug nicht lebend zurück.

Literatur:

Plinius der Jüngere, "Panegyrikus", herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 3-534-09220-1

Plinius, Sämtliche Briefe, Philipp Reclam jun., Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4

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