Sonntag, 13. Dezember 2020

Kaiser Trajan und das Volk von Rom

Ehe ich mich dem Verhältnis Trajans zu den Soldaten zuwende, möchte ich auf seine Rolle als volksnaher Herrscher eingehen. Man kann ihn als Senatskaiser bezeichnen, aber man muss in diesem Zusammenhang auch anschauen, wie sein Verhältnis zur einfachen Bevölkerung war. "SPQR" ist nicht nur der Titel eines Geschichtswerkes, sondern Leitspruch und Hoheitszeichen des antiken Roms - auch heute noch im Wappen der Stadt enthalten. Diese Abkürzung steht für "senatus populusque romanus", der Senat und das Volk von Rom.

Als Trajan im Jahre 98 Alleinherrscher wurde, befand er sich fernab der Hauptstadt des Imperiums in Obergermanien. Er war dort Statthalter gewesen, als ihn Kaiser Nerva adoptierte. Damals galt es, einen neuen Bürgerkrieg zu verhindern. Trajan brach nicht gleich nach Rom auf, sondern setzte seine administrativen Maßnahmen in Germanien fort, um dann an der Donaugrenze entlang zu ziehen. Zunächst war er in der Nähe seiner Truppen verblieben, dann kümmerte er sich um die Truppen, die gegen Nerva rebelliert hatten. Und wahrscheinlich informierte er sich über die Verhältnisse an der Donaugrenze, wo er ein Betätigungsfeld für eigene militärische Ambitionen sah.

Im Herbst 99 zog er in Rom ein. Der Einzug eines neuen Kaisers war ein besonderes Ereignis und wurde mit Spannung erwartet. Viele Schaulustige waren zusammengeströmt, säumten die Straßen und kletterten auf die Dächer. Zuvor hatten die Herrscher in einer mit Schimmeln bespannten Quadriga oder in einer Sänfte Einzug gehalten. Trajan kam ohne großes Gefolge zu Fuß in die Stadt und ging langsam durch eine schmale Gasse hindurch. Wer irgend konnte, wollte ihn sehen, auch Kranke schleppten sich herbei, denn sie hofften, durch seinen Anblick wie durch ein Wunder zu genesen. Die Kaiser wurden schon zu Lebzeiten in die Nähe der Götter gerückt. Vespasian soll in Ägypten einige Wunderheilungen vollbracht haben.

Begleitet wurde Trajan von seiner Wachmannschaft in ziviler Kleidung, wobei die Waffen verdeckt getragen wurden - so war es üblich in Rom. Darstellungen in Filmen von waffenklirrenden Aufmärschen der Garde oder entsprechende Schilderungen in Romanen sind schlicht unhistorisch. Plinius berichtet, dass die Wachen zurückhaltend waren und keinen Druck ausübten, um den Weg zu bahnen. Trajan ließ sich und den Menschen Zeit für das erste Kennenlernen. Aber auch später bewegte er sich relativ zwanglos in der Öffentlichkeit. Man durfte zu ihm gehen, ihn ansprechen, neben ihm gehen, ihn überholen. Es gab immer Leute, die etwas vom Herrscher wollten, und wenn er sich öffentlich zeigte, musste er sich für Bitten, Beschwerden und Anliegen, die an ihn herangetragen wurden, Zeit nehmen. Wenn Trajan in Eile war, wird er sicher auch Sänfte oder Wagen benutzt haben, und die Garde hatte jederzeit die Möglichkeit, ihn abzuschirmen.

Trajan demonstrierte Bescheidenheit, und seine Familie folgte seinem Beispiel. Natürlich lebte die Herrscherfamilie in Luxus, aber sie übertrieb nicht. Stolz und Prunk sprechen aus den Bauwerken, die Trajan errichten ließ. Bei allem Nutzen für die Öffentlichkeit zeigen sie eine Facette seines Wirkens, die nicht unbedingt zu Bescheidenheit und Mäßigung passte. Doch die Bauten waren nicht nur ein großes Konjunktur- und Beschäftigungsprogramm, sie wurden auch als Zeugnisse eines glanzvollen Zeitalters verstanden und waren keineswegs nur repräsentativ.

Während der Gladiatorenkämpfe und Wagenrennen befand sich der Kaiser, wenn er in Rom war, unter den Zuschauern. Trajan übertraf mit seinen Spielen all seine Vorgänger. Auch damit sorgte er für eine gute Stimmung unter der Bevölkerung und für das Gefühl, in einer blühenden Zeit zu leben. Die Anwesenheit des Herrschers im Circus Maximus und im Kolosseum war eine Möglichkeit für ihn, mit dem Volk zu interagieren. Stimmungen bekam er sofort mit, und Entscheidungen über den Verlauf der Spiele, über Leben und Tod musste er sorgfältig abwägen. Auch bei diesen öffentlichen Auftritten gab er Menschen Gelegenheit, ihn zu sehen und in manchen Fällen auch zu sprechen.

Doch Trajan sorgte nicht nur für die Unterhaltung der stadtrömischen Bevölkerung, sondern auch für ihre Ernährung und für die Linderung von Not. Die Verbesserung der Versorgung mit Lebensmitteln hatte für ihn oberste Priorität und Naturkatastrophen, die es in der Antike immer wieder gab, milderte er durch Hilfen ab.

Trajan zählt zu den beliebtesten römischen Kaisern. Sein Verhalten spiegelt sich in dem Hadrians. Auch von Hadrian ist, bei aller Autorität, ähnliche Bescheidenheit im Auftreten bekannt. Hadrian wurde durch Trajan und seine Familie gründlich auf seine künftigen Aufgaben vorbereitet.

Literatur:

Plinius der Jüngere, "Panegyrikus", herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 3-534-09220-1

Historia Augusta, Band 1, Hadrianus: Artemis Verlag Zürich und München, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

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