Sonntag, 16. Februar 2020

Der zweite Dakerkrieg Kaiser Trajans 105-106 n.Chr.

Den Friedensschluss im Herbst 102 sahen beide Seiten nicht als Dauerlösung an. Die Römer bauten ihre Straßen und Heerlager aus und die ca. einen Kilometer lange Donaubrücke wurde unter der Leitung des Baumeisters Apollodoros von Damaskus errichtet. Decebal wiederum rüstete auf, ließ seine Befestigungen wieder aufbauen, warb wieder römische Überläufer an und bemühte sich um Verbündete gegen Rom. Er verstieß damit klar gegen den Vertrag, aber ihm blieb kaum eine andere Wahl, denn ihm war klar, dass Trajan die Verluste unter den römischen Soldaten rächen und das Dakerreich erobern wollte.

Das römische Heer war verstärkt worden; 15 Legionen, etwa 90.000 Mann, wurden aufgeboten sowie zahlreiche Hilfstruppen. Der Kaiser wollte auf Nummer sicher gehen. Seine Reise zum Kriegsschauplatz erfolgte wahrscheinlich wieder über Brundisium und Griechenland nach Moesien. Decebal griff das große römische Lager unweit seiner Befestigungen an. Den römischen Truppen unter dem Befehl des Generals Longinus gelang es, den Angriff abzuwehren. Als Trajan an der Donau eintraf, wurde die Brücke in seiner Anwesenheit feierlich eingeweiht. Er lud Abgeordnete verschiedener Stämme und Völker ein, um sie zu Loyalität zu verpflichten und Stärke zu repräsentieren. Auch viele Daker und deren Anführer schlossen sich an Rom an. Decebals Position hatte sich deutlich verschlechtert. Deshalb organisierte er ein Attentat auf den Kaiser. Laut Cassius Dio waren es römische Überläufer, die aber auffielen, festgenommen wurden und den Plan verrieten. Trajan sollte vermutlich bei einer Besprechung, zu der er auch einfache Soldaten zuließ, ermordet werden. Es war ein verzweifelter Versuch des Dakerkönigs, die drohende Invasion abzuwenden.

Als dieser Plan misslungen war, brachte Decebal Pompeius Longinus unter dem Vorwand, um Frieden verhandeln zu wollen, in seine Gewalt. Man kann daraus schließen, dass Longinus den Kaiser in Dakien vertrat und berechtigt war, mit dem König zu verhandeln. Die Longinus-Episode nimmt bei Cassius Dio (Xiphilinos) viel Raum ein. Diese tragische Begebenheit berührt und hat sicher auch in der Vergangenheit Leser gefesselt. Als Gegenleistung für die Freilassung des Generals verlangte der König von Trajan den Rückzug aller römischen Truppen aus den besetzten Gebieten jenseits der Donau und die Zahlung von Entschädigungen. Hat er ernsthaft erwartet, Trajan würde darauf eingehen? Der Kaiser gab ihm zweideutige Antworten. Longinus, der nach Cassius Dio nicht isoliert gefangen gehalten wurde, sondern sich innerhalb einer Burg bewegen konnte, verschaffte sich Gift und opferte sich für die römische Sache. Auch an die Auslieferung seines Leichnams knüpfte Decebal Bedingungen, auf die Trajan jedoch nicht einging. Aus Mitgefühl mit Longinus konnte ich nicht anders, als ihn in seiner Gefangenschaft eine letzte Liebesgeschichte anzudichten.

Der Kaiser übernahm nun den Oberbefehl über das Heer, das in zwei Marschsäulen nach Siebenbürgen marschierte. Nach Cassius Dio führte Trajan den Krieg bedachtsam und ohne Hast. In seinem Stab befanden sich wieder Licinius Sura und Claudius Livianus, außerdem Sosius Senecio, der spätere Kaiser Hadrian und C. Julius Quadratus Bassus, einer der erfolgreichsten Heerführer seiner Zeit. Große Lager wurden errichtet, dakische Siedlungen zerstört. Auch von Untermoesien waren Truppen nach Innerdakien vorgerückt. Es kam zu einer großen Schlacht, aus der die Römer als Sieger hervorgingen. Die Daker ergaben sich in großer Zahl freiwillig, übergaben auch Festungen. Schließlich rückten die Römer zum Sturm auf die dakische Königsstadt vor. Decebals Angebot, sich zu unterwerfen, wurde von Trajan abgelehnt. Nun sah sich der König gezwungen, die Hauptstadt seines Reiches aufzugeben. Die Trajanssäule zeigt, wie die Daker über die Berge aus Sarmizegetusa flohen, andere nahmen Gift und die letzten der Verteidiger setzten die Stadt in Brand. Die Römer verfolgten die fliehenden Daker. Decebal selbst war auf eine Festung im östlichen Siebenbürgen geflohen. Auch ehemalige Vertraute von ihm gingen nun zu Trajan über, und einer von ihnen, Bikilis, verriet den Ort, an dem Decebals Schätze versteckt waren - in einem Flussbett. Auch dies ist auf dem Relief der Säule dargestellt. Der König startete einen letzten Angriff auf römische Stellungen.

Bald musste Decebal mit seinen letzten Getreuen und seinen Söhnen in die Wälder fliehen. Vermutlich wollte er Dakien Richtung Norden verlassen. Doch er wurde von einer Reitertruppe, einer Hilfstruppeneinheit, die Kundschafterdienste leistete, verfolgt und aufgespürt. Anführer war Tiberius Claudius Maximus, dessen Grabstein von diesem Erfolg kündet. Auf der Trajanssäule ist dargestellt, wie Decebal, von Reitern umringt, sich selbst mit seinem Sichelschwert tötet. Seine Söhne und Begleiter wurden gefangengenommen. Maximus brachte dem Kaiser den Kopf des Königs und wurde dafür ausgezeichnet. Decebals Kopf wurde dem versammelten Heer präsentiert und dann nach Rom geschickt. Mit der Zerschlagung des Dakerreiches und Decebals Tod war Trajan am Ziel: er hatte sich als siegreicher Mehrer des Reiches bewiesen. Außer Maximus wurden auch andere verdiente Soldaten und ganze Truppenteile befördert. Die hohen Stabsoffiziere wie Sosius Senecio und Licinius Sura wurden mit Konsulaten belohnt. In Dakien wurden Besatzungstruppen zurückgelassen. Trajan blieb noch bis Anfang 107 in Dakien oder zumindest im Donauraum, um administrative Maßnahmen zu überwachen.

Nach dem endgültigen Sieg über die Daker feierte der Kaiser in Rom einen Triumph. Der Bevölkerung von Rom gab er Geschenke und Spiele. Wie ein Triumph ablief, wird Thema des nächsten Textes sein.

Literatur:

Karl Strobel: "Kaiser Traian. Eine Epoche der Weltgeschichte", Verlag Pustet, Regensburg 201, ISBN 978-3-7917-2172-9

Wolfgang Seyfarth, "Römische Geschichte, Kaiserzeit I", Akademie-Verlag Berlin, DDR, 1974

Cassius Dio, Epitome of Book 68

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen