Blog zum historischen Roman "Im Banne des Besten" mit Informationen über die Blütezeit des Römischen Imperiums
Sonntag, 29. Oktober 2017
Der römische Kaiser, ein absoluter Herrscher
Zur Zeit Trajans war die von Augustus begründete Herrschaftsform des Prinzipats fest etabliert. Mit der Einrichtung dieser Monarchie gelang dem ersten römischen Kaiser ein staatspolitisches Meisterstück. Er verstand es, eine uneingeschränkte Macht in der Position des Princeps zu vereinen und dabei das verhasste Image eines Tyrannen zu meiden.
Trajan regierte um die hundert Jahre später und ist in seiner Politik dem Beispiel des Augustus weitgehend gefolgt. Der "Optimus Princeps" war kein Reformer, sondern ein Bewahrer. Oft wird seine provinzialrömische Herkunft hervorgehoben. Dass die Provinzen Spaniens und Galliens zum Ende des ersten Jahrhunderts nicht nur einflussreiche Senatoren, sondern auch den Princeps und seine Gattin hervorbrachten, war das Resultat einer Entwicklung. Die "neuen" Familien der Oberschicht waren den altrömischen Werten noch stärker verbunden als die Sprösslinge des alten stadtrömischen Adels. Erwähnenswert ist ein Gesetz Trajans, welches die Senatoren zwang, die sich um die höheren Ämter bewarben, ein Drittel ihres Vermögens in italischen Grundbesitz anzulegen. Denn es sei schimpflich - so berichtet Plinius der Jüngere, dass diese Leute Italien und die Hauptstadt nicht als Heimat, sondern als Herberge auf der Durchreise betrachteten. (Plinius, Briefe, VI, 19 (4)
Der römische Kaiser war Landesvater, pater patriae. Trajan entsprach dieser Rolle schon rein äußerlich. Er war, als er die Herrschaft übernahm, Mitte vierzig, ein in zivilen Ämtern und militärischen Kommandos erfahrener Mann. Plinius erwähnt im Panegyrikus, dass er hochgewachsen, schlank und von muskulösem Körperbau war. Sein graues, wahrscheinlich sogar weißes Haar unterstrich seine Würde, dignitas. Dabei wirkte er nicht greisenhaft, sondern es ist überliefert, dass er, wie wir heute sagen würden, körperlich fit war und während seiner Feldzüge die Strapazen mit den Soldaten teilte. Der Kaiser war auch Imperator, oberster Feldherr. Er verlieh Auszeichnungen an seine Offiziere, aber die Ehre eines Triumphes kam nur ihm allein zu. Er ernannte die Kommandanten der Legionen und die Statthalter der prestigeträchtigen kaiserlichen Provinzen mit strategischer Bedeutung und Truppenpräsenz.
Als Inhaber der ständigen tribunizischen Gewalt konnte er jedes Gesetz erlassen und jede Maßnahme ergreifen. Durch das imperium proconsulare stand er auch über den sogenannten Senatsprovinzen. Er ernannte nicht nur Ritter und Senatoren, sondern konnte Mitglieder, die ihm nicht geeignet erschienen, aus beiden Ständen entfernen. Sein Verhältnis zu den höchsten Männern der Oberschicht war freundschaftlich. Verlor ein Senator die Freundschaft bzw. Gunst des Kaisers, war er gesellschaftlich kaltgestellt. Trajan verpflichtete sich, keinen Senator töten zu lassen, und hielt sich daran. Der Kaiser verstand sich als Patron der Mitglieder unterer Schichten, die gleichsam seine Klienten waren. Er sorgte für das Volk von Rom durch Getreidespenden und großzügige Spiele zur Unterhaltung. Trajan sah sich auch in einer Fürsorgepflicht für die Provinzbewohner, wie er Plinius gegenüber bekannte: "provinciales, credo, prospectum sibi a me intellegent. - Die Einwohner der Provinz werde, so glaube ich, wohl merken, dass ich Fürsorge trage für sie." (Plinius, Briefe, X, 18 (2).
Mein Lieblings-Statement Trajans zeigt sein Bemühen um Ausgewogenheit. Eine Gemeinde in Bithynien berief sich auf Anordnungen des Kaisers, wonach Schenkungen an Privatleute verboten wurden, und forderte von einem Mann 40.000 Denare zurück, die ihm vor zwanzig Jahren auf Beschluss von Rat und Volksversammlung geschenkt worden waren. Die Rückzahlung dieser Summe hätte den Mann mittellos gemacht, und er wandte sich an den Statthalter, dieser wiederum an Trajan. Der Kaiser antwortete, dass vor langer Zeit erfolgte Schenkungen nicht widerrufen werden dürften, weil sonst die Existenz vieler Leute ruiniert würde. "Ich wünsche nämlich", beschloss er sein Schreiben, "dass man sich allerorten um die Menschen nicht weniger kümmert als um die Finanzen." (Plinius, Briefe, X, 111)
Der römische Kaiser war auch religiöses Oberhaupt, pontifex maximus. Das Relief der Trajanssäule zeigt den Herrscher immer wieder bei Opferhandlungen im Beisein der Soldaten oder der Bevölkerung. Plinius fragte Trajan auch in religiösen Belangen um Rat (Briefe, X, 49 und 69).
Durch die Überhöhung seiner Person rückte der Kaiser bereits zu Lebzeiten in die Nähe der Götter. Ein verstorbener Herrscher wurde zum Staatsgott, dem Tempel erbaut wurden. Der Kaiserkult war identitätsstiftende Religion im gesamten Imperium. Neben den Göttern wurden nur der Herrscher und Mitglieder seiner Familie mit überlebensgroßen Statuen geehrt.
Der Princeps war der reichste Mann des Imperiums. Er verfügte über den kaiserlichen Kronbesitz und darüber hinaus über sein beträchtliches Privatvermögen, das aus Grundbesitz, Bergwerken und Werkstätten bestand. Augustus soll schätzungsweise ein Vermögen von einer Milliarde Sesterzen besessen haben. Selbstverständlich konnte ein einziger Mann jenes ausgedehnte Reich nicht allein regieren. Er benötigte eine Vielzahl von Männern, denen er verwaltungstechnische, wirtschaftliche und militärische Aufgaben übertrug. Vom Senatoren- und Ritterstand werden meine nächsten Texte handeln. Trajan verstand es, geeignete Leute auszuwählen und sie durch Belohnungen, Beförderungen und Gesten der Wertschätzung "bei Laune" zu halten. Missstimmungen ihm gegenüber sind nicht bekannt, und Berichte über Verschwörungen halten sich in Grenzen. Cassius Dio überliefert, dass sich Trajan über die Verleihung des Titels "Optimus" durch den Senat mehr freute als über seine Siegernamen, weil er ihn auf seinen Charakter bezog. Interessant insofern, als der gleiche Autor ihn an anderer Stelle als kriegsbegeistert bezeichnet. Trajan war sowohl beim Senat und bei den Rittern, als auch bei Heer und Volk beliebt. Er füllte seine Rolle in dem Sinne aus, wie das von ihm erwartet wurde. Dies muss aber auch seinem Selbstverständnis entsprochen haben. Als Schwäche Trajans wird erwähnt, dass er nur mäßig gebildet war und seine Reden von seinem Freund Sura und später von Hadrian schreiben ließ. Wenn er in der Öffentlichkeit frei sprechen musste, zeigte sich, dass er kein perfekter Rhetoriker war. Aber wahrscheinlich sind gerade seine Schwächen der Grund dafür, dass er nicht nur verehrt, sondern auch geliebt wurde.
Literatur:
Géza Alföldy: Römische Sozialgeschichte, Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1975, ISBN 978-3-5125-09841-0
Plinius der Jüngere, Briefe, übersetzt und herausgegeben von Heribert Philips und Marion Giebel, Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart 1998, ISBN 3-15-059706-4
Plinius der Jüngere, Panegyrikus, herausgegeben und übersetzt von Werner Kühn, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1985, ISBN 0174 3-534-09220-1
Cassius Dio, Epitome of Book 68
Sonntag, 22. Oktober 2017
Die Gardereiter (Equites Singulares Augusti)
Neben den Prätorianern gab es zeitweise auch die Equites Singulares Augusti, die berittene Garde des Kaisers. Schon Julius Caesar verfügte über eine aus Germanen bestehende Leibwache, und die Kaiser von Augustus bis Galba führten diese Tradition fort.
Auch Legionslegaten und Statthalter hatten Gardereiter. Ob die Equites Singulares Augusti unter Domitian oder Trajan formiert wurden, ist nicht bekannt. Für Trajan spricht die Situation in den Jahren 97-98: Er war, ehe er von Nerva adoptiert wurde, Statthalter von Obergermanien. In diesem Amt verfügte er über berittene Leibwächter. Es liegt nahe, dass er jene Männer in seinem Dienst behielt, als er sein Amt abgab, um die Regierung des Imperiums zu übernehmen. Außerdem war gerade damals das Vertrauen in die Prätorianer erschüttert. Die Garde hatte sich gegen Nerva empört und ihn gedemütigt. Trajan bestellte die Aufrührer zu sich nach Germanien und ließ sie hinrichten. Es ist denkbar, dass die Equites Singulares Augusti bei der Überwältigung der Prätorianer zum Einsatz kamen.
Wie die Prätorianer, waren auch die Gardereiter eine Eliteeinheit. Ausgewählte Alenreiter, Angehörige der Hilfstruppen in den Provinzen, wurden bei Bedarf und Eignung in die berittene Garde befördert. Hilfstruppenreiter erhielten das römische Bürgerrecht im Normalfall erst bei ihrer Entlassung nach 25 Dienstjahren. Um Legionär zu werden, musste man bereits römischer Bürger sein. Die Prätorianer wurden aus den Legionen in die Garde befördert und waren demzufolge ebenfalls römische Bürger. Diejenigen, die zu den Equites Singulares Augusti befördert wurden, erhielten das Bürgerrecht höchstwahrscheinlich bei Eintritt in die Garde. Das war ein beachtlicher Karrieresprung! Die Dienstzeit betrug normalerweise 25 Jahre, aber sie konnte auch verlängert werden. Die berittene Garde wurde von einem tribunus equitum singularium Augusti kommandiert. Eventuell war jener Tribun dem Prätorianerpräfekten unterstellt, wird sein Kommando aber relativ selbstständig ausgeübt haben.
Vermutlich war die Truppe 1.000 Mann stark. Die Gardereiter waren in einem Kastell auf dem Caelius untergebracht. Kaiser Septimius Severus ernannte zwei Tribunen der Equites Singulares Augusti und ließ ein zweites Kastell errichten. Aufgabe der berittenen Garde war es, den Kaiser ins Feld zu begleiten. Aus dem Partherkrieg Trajans ist überliefert, dass ein Gardereiter starb, als Trajan vor Hatra unter feindlichen Beschuss geriet. Da die Gardetruppen auch in Friedenszeiten bestanden, hatten sie viel Zeit zum Waffentraining, zur Körperertüchtigung und zum Exerzieren. Es gab spezielle Ausbildungsoffiziere. Equites Singulares Augusti dienten später als Decurionen in den Alen und gaben ihre in der Garde erworbenen Fähigkeiten weiter. Während die Gardereiter der Statthalter und Legionslegaten nur zeitweise von den Hilfstruppen abgestellt waren und wieder in ihre alten Einheiten zurückkehrten, trifft das auf die Equites Singulares Augusti nicht zu. Wer einmal in der kaiserlichen Garde war, blieb dort und kehrte höchstens als Offizier zu den Hilfstruppen zurück.
Grabsteine der Gardereiter verraten ihre Herkunft. Da sie mit dem Bürgerrecht praenomen und nomen gentile des Kaisers empfingen, lässt sich ihre Beförderung in etwa zeitlich einordnen. Viele Ulpii und Aelii sind bekannt. Die überwiegende Anzahl jener Männer stammte aus den Provinzen an Rhein und Donau und nur ein geringer Teil aus Syrien und Afrika. Das waren keine "Barbaren", sondern romanisierte Provinzbewohner bzw. Bundesgenossen. Aus solchen Männern wurde die römische Kavallerie rekrutiert.
Auf dem Relief der Trajanssäule sind wiederholt Equites Singulares Augusti in der Nähe des Kaisers dargestellt. Trajans Erfolg und seine Beliebtheit beruhen vor allem auf einer Politik des Ausgleichs zwischen verschiedenen Schichten und Interessengruppen. Die Formierung einer zweiten Garde, bestehend aus Provinzialen, welche die stark mit Rom und Italien verbundenen Prätorianer ergänzte, würde gut zu dieser Politik passen.
Literatur:
Michael Speidel: "Die Equites Singulares Augusti", Rudolf Habelt Verlag Bonn, 1965, ISSN 0066-4839
Montag, 16. Oktober 2017
Die Prätorianergarde
Bereits in der römischen Republik umgaben sich die Feldherren mit einer Garde. Augustus wollte die Prätorianergarde nicht nur im Krieg, sondern ständig nutzen. Er verteilte die Truppe so, dass von neun Kohorten zu je 500 Mann nur drei ihren Dienst in Rom taten, wo sie dezentral untergebracht waren. Diese Kohorten entsprachen in ihrer Organisation denen der Legionen. Oft waren es verdiente Legionäre, die in diese Eliteeinheit befördert wurden. Und wie den Legionen, waren auch den Prätorianern einige Reiter zugeordnet.
Unter der Herrschaft des Tiberius nahm der Einfluss der Prätorianer und speziell ihres Präfekten zu. Als sich der Kaiser nach Capri zurückzog, herrschte der praefectus praetorio Seianus in Rom. Er war engster Vertrauter des misstrauischen Monarchen. Seianus setzte durch, dass die gesamte Prätorianergarde in einem Lager am Stadtrand Roms untergebracht wurde. Jener Stadtteil trägt heute noch den Namen Castro pretorio.
Aus dem Dienst für den Kaiser und der Nähe zu ihm ergibt sich die potentielle Macht jener Einheit und ihrer Befehlshaber. Diejenigen, die den Herrscher schützen sollten, konnten ihn umbringen, und sie waren auch in der Lage, Kaiser einzusetzen bzw. Einfluss auf die Thronfolge zu nehmen. Oft ging es dabei um Geld, das sogenannte Donativum, eine Prämie, die neue Herrscher ihren Gardisten zahlten. Es versteht sich, dass die Prätorianer besser bezahlt wurden und mehr Vergünstigungen als Legionäre genossen: Ihr Sold betrug immer das Eineinhalbfache der Legionäre. Unter Domitian erhielt ein Prätorianer dreimal jährlich 300 Denare; die Abfindung nach Ende ihrer Dienstzeit betrug 5.000 Denare, zusätzlich bekamen sie ein Stück Land geschenkt.
In Rom versahen die Prätorianer normalerweise unauffällig ihren Dienst. Sie trugen die Toga; die Waffen wurden verborgen getragen. Sie offen zu tragen, galt als Aufruhr. Zur Toga trugen sie, wie Offiziere und Beamte, geschlossene Schuhe. Es gehört zu den unausrottbaren Rom-Klischees, dass Wachen unter großem Lärm in Palästen aufmarschierten, in voller Rüstung, mit Panzer, Helm und in genagelten Soldatenschuhen. In Filmen erscheinen berühmte Persönlichkeiten in völlig zivilen Situationen (so bei Gastmählern in Rom) in Rüstung und gar mit Helm, als würden sie gleich in die Schlacht ziehen. Die bildlichen Darstellungen aus der damaligen Zeit belehren eines Besseren. Im Feld trugen die Prätorianer den Panzer (lorica), Helm mit Helmbusch, Schwertgehenk mit gladius, Schild und caligae, unter dem Panzer die tunica. Die Prätorianer besaßen auch eine Paradeuniform, in der sie den Kaiser bei festlichen Anlässen begleiteten.
Die Quellen nennen uns - mit einer Ausnahme - keine Zwischenfälle unter Trajan, die von den Prätorianern ausgingen. Jene Ausnahme fällt in die Anfangszeit seiner Herrschaft. Der Gardepräfekt Casperius Aelianus hatte Nerva bedroht und ihn in die peinliche Situation gebracht, die Mörder Domitians auszuliefern. Als Nerva Trajan adoptiert hatte, sandte er ihm ein Schreiben mit dem in Poesie verpackten Rachewunsch: "Meine Tränen vergilt mit deinem Geschoss den Danaäern." Abgesehen von der Bitte des alten Kaisers hatte Trajan kaum eine andere Wahl, als ein Exempel zu statuieren, wollte er nicht als schwacher Herrscher gelten. Er beorderte Aelianus mit seinen Prätorianern zu sich nach Germanien und ließ sie hinrichten.
Nachfolger des Aelianus wurde Attius Suburanus. Der Kaiser überreichte ihm das Schwert, Symbol seines Amtes, mit den Worten: "Nimm dieses Schwert und führe es für mich, wenn ich gut herrsche - wenn nicht, wende es gegen mich." Jene Worte, die sowohl Plinius als auch die spätantiken Quellen unbedingt der Nachwelt mitteilen wollten, wirken auf mich etwas floskelhaft. Zumindest den letzten Teil wird weder Trajan noch sein Gardepräfekt in jenem Moment als ernstzunehmende Option aufgefasst haben. Suburanus war ein enger Vertrauter von Julius Ursus, langjähriger Gardepräfekt Domitians. Im kritischen Jahr 97 war Suburanus Finanzprokurator der germanischen Provinzen und verantwortlich für die Soldzahlungen an die Legionäre. Trajan stand damals als Statthalter in Germania superior. Julius Ursus muss einer der Männer gewesen sein, die sich in Rom für Trajan als Nachfolger Nervas einsetzten. Die Beziehungen zu Ursus und anderen einflussreichen Senatoren gehen wahrscheinlich schon auf den Vater des späteren Kaisers zurück.
Normalerweise gab es zwei Prätorianerpräfekten. Das Amt war die Krönung der ritterlichen Laufbahn. Oft wurden die Gardepräfekten nach ihrer Dienstzeit in den Senat erhoben. Nicht alle sind bekannt. Plinius der Jüngere berichtet von einem Prätorianerpräfekten, der ungenannt bleibt: Jener Mann wollte sich ins Privatleben zurückziehen, und obwohl es ihm schwerfiel, gab Trajan nach. Der Präfekt muss ein enger Freund gewesen sein. Plinius schildert die Abschiedsszene: "Wirklich, du hast ihn geleitet und ließest es dir nicht nehmen, ihm am Hafen zum Abschied deine Umarmung, deinen Kuss zu gewähren. So stand nun der Caesar, von erhöhtem Ort dem Freund nachschauend, stand da und erbat für den Scheidenden glückliche Meerfahrt und rasche Rückkehr - doch dies nur für den Fall, dass er selbst zurückkehren wolle; und er konnte nicht anders, er musste dem Entschwindenden unter Tränen wieder und wieder seine Wünsche nachsenden. (Plinius, Panegyrikus, 86,3-4, nach Werner Kühn)
Die Prätorianer unter ihrem Präfekten Claudius Livianus begleiteten den Kaiser in die Dakerkriege. Livianus ist vermutlich auf der Trajanssäule im Umfeld des Kaisers abgebildet. Er und Licinius Sura verhandelten mit den Dakern um Frieden, aber es kam zu keiner Einigung. Livianus war auch ein Freund Hadrians und eventuell noch im Partherkrieg im Stab Trajans, wenn auch nicht mehr als praefectus praetorio. Dieses Amt hatte zu jener Zeit Acilius Attianus neben Sulpicius Similis inne. Attianus war ein enger Freund Trajans und Hadrians, stammte vermutlich aus der Baetica und war zusammen mit Trajan Hadrians Vormund gewesen. In den letzten Tagen des "Optimus princeps" war er in dessen Nähe und sorgte dafür, dass die Herrschaft planmäßig auf Hadrian überging.
Literatur:
Hans Dieter Stöver: "Die Prätorianer; Kaisermacher - Kaisermörder", Langen Müller, München 1984, ISBN 3-7844-2519-4
Annette Nünnerich-Asmus: "Traian", Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, darin: Werner Eck: Traian - der Weg zum Kaisertum, ISBN 3-8053-2780-3
Yann Le Bohec: "Die römische Armee", Franz Steiner Verlag Stuttgart, 1993, ISBN 3-515-06300-5
Sonntag, 8. Oktober 2017
Trajan in Germanien (2)
Colonia Claudia Ara Agrippinensis (Köln)
Wie ich in meinem ersten Beitrag hier schrieb, bin ich in der DDR aufgewachsen. Reisen zu römischen Ruinen kamen für mich eher nicht in Frage. Ich dachte nicht einmal im Traum daran, irgendwann Rom zu sehen - oder gar Italica. Aber die Reisemöglichkeiten zwischen Ost und West lockerten sich bereits vor der Wende. Zweimal durfte ich meine Großmutter in Baden-Württemberg besuchen. Dort sah ich im Limesmuseum Aalen zum ersten Mal echte römische Hinterlassenschaften. Das Museum war faszinierend. Obwohl ich es mir vorgenommen hatte, noch einmal hinzufahren, ist bisher leider nichts daraus geworden.
Während meines zweiten Aufenthaltes in der Bundesrepublik ermöglichte mir meine Großmutter eine Reise nach Köln. Colonia Claudia Ara Agrippinensis war das Zentrum der Provinz Germania inferior. Im Unterschied zu Mogontiacum (Mainz) war es bereits zur Römerzeit eine Stadt mit repräsentativen Bauten, unter anderem einem Prätorium, Verwaltungsgebäude und Amtssitz des Statthalters. Das Prätorium zog mich magisch an. Dort weilte Trajan, als er Mitregent Nervas wurde, und dort hielt er sich auf, als die Kunde vom Tod Nervas eintraf. Colonia Claudia Ara Agrippinensis, kurz CCAA, war nicht irgendeine Station im Leben Trajans, sondern eine besondere: dort begann seine Herrschaft über das römische Imperium.
Die Reise in den Westen, es muss um 1988 gewesen sein, war an sich schon ein Ereignis für mich. Dazu kam die Fahrt mit einem Intercity von Süden nach Norden. Ich hatte keine Ahnung, was mich als DDR-Bürgerin aus dem "Tal der Ahnungslosen" in Köln erwartete. Der Lärm, die Geschäftigkeit und die Menschenmassen im Stadtzentrum überwältigten mich. Zum ersten Mal sah ich Bettler. Das Elend inmitten einer Großstadt schockierte mich. Ich habe es dort nicht lange ausgehalten und war abends völlig überreizt von den Eindrücken. Zum Glück wohnte ich bei meiner Großtante in Mönchengladbach, deren Andenken ich ebenso in Ehren halte wie das meiner Oma.
Die Suche nach dem Prätorium führte mich ins Rathaus. Natürlich hatte ich Rudolf Pörtners "Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit" gelesen und daher meine Vorstellungen, wie man in den ehemaligen Statthalterpalast gelangt - nämlich direkt mit einen Fahrstuhl im Rathaus. Als mir ein Security-Mann entgegen kam, erschrak ich ein bisschen, nahm mich aber zusammen und fragte nach dem Prätorium. Zu meiner Verwunderung wusste der Uniformierte, was ich meinte, und beschrieb mir den Weg zum Museum. Es war ganz in der Nähe, aber ohne die Beschreibung hätte ich den eher unscheinbaren Eingang in der Kleinen Budengasse wohl nicht gefunden.
Das Museum fand ich etwas schaurig, zumal ich die einzige Besucherin war und an der Kasse zwei seltsame Typen saßen. Dennoch ließ ich mir Zeit, ging langsam zwischen den gewaltigen Mauerresten entlang und dachte an die weit entfernte Vergangenheit. Die meisten Überreste stammen aus der Spätantike, aber auch Mauern aus der Zeit, die mich speziell interessiert, sind erhalten.
Anschließend sah ich mir das Römisch-Germanische Museum sowie andere sichtbare Zeugnisse aus der Römerzeit an. Ich weiß noch genau, wie ich am Römerbrunnen stand, der aber nicht zur Römerzeit erbaut wurde, sondern 1915. Natürlich verspürte ich den Wunsch, wieder einmal nach Köln zu reisen, aber ich machte mir keine allzu großen Hoffnungen, dass es noch mal klappen könnte. Sicherheitshalber warf ich eine Münze in den Brunnen, sowas soll ja helfen.
Trajan kannte die CCAA möglicherweise schon von einem früheren Aufenthalt in Germanien, den Plinius im Panegyrikus andeutet. Vielleicht besuchte er auch Vetera am Niederrhein. Zumindest war ihm die Bedeutung des Ortes bekannt, denn er gründete dort eine Stadt, die seinen Namen trug: Colonia Ulpia Trajana beim heutigen Xanten. Der dortige archäologische Park ist unbedingt einen Besuch wert.
Ich bin noch einige Male in Köln gewesen. Das Prätorium-Museum ist heute besser beleuchtet und insgesamt einladender als damals Ende der Achtziger. Der Zufall wollte es, dass wir kürzlich auf der Rückreise von Wien nach Dresden einen Aufenthalt in Köln hatten, der für einen kurzen Bummel und Besuch des Prätoriums reichte. Wer sich für römische Geschichte interessiert, sollte es gesehen haben.
Von Niedergermanien aus zog der Kaiser am Limes entlang Richtung Donaugrenze. Er widmete sich den Provinzen und dem Heer, ehe er im Herbst 99 nach Rom kam.
Literatur:
Rudolf Pörtner: Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit, Econ-Verlag Düsseldorf 1961
Helmut Signon: Die Römer in Köln, Societäts-Verlag Frankfurt, 1970, ISBN 3 7973 0196
Sonntag, 1. Oktober 2017
Trajan in Germanien (1)
Mogontiacum (Mainz)
Plinius erwähnt in seinem Panegyrikus auf Kaiser Trajan, dieser sei in seiner Jugend zehn Jahre lang Tribun von Legionen gewesen. Es ist möglich, dass Plinius übertrieben hat, denn ein solch langer Militärdienst ist ungewöhnlich für einen jungen Senator und Patriziersohn.
Marcus Ulpius Trajanus kann im Zeitraum 73/74 bis 77 unter seinem Vater in Syrien gedient haben. Als senatorischer Tribun konnte er erste militärische Erfahrungen sammeln. Die Verantwortung trugen der Legionslegat (Senator), der Lagerpräfekt (Ritter) und die ritterlichen Tribunen, die den Senatorensohn einarbeiteten, wenn nötig, bis dieser in der Lage war, den Legaten zu vertreten. Anschließend könnte der spätere Kaiser Tribun in Germanien gewesen sein. In den siebziger Jahren wurden rechtsseitige Gebiete erobert und durch Kastelle gesichert. Geleitet wurden diese Operationen vom Legaten Obergermaniens, Pinarius Clemens. Möglicherweise hat Trajan unter diesem Mann gedient und war an dessen administrativen Maßnahmen beteiligt.
Um diese Zeit erhielt das Legionslager in Mainz eine Steinmauer und Steinbauten, darunter auch größere repräsentativen Charakters. Eine feste Rheinbrücke auf Steinpfeilern und ein Aquädukt wurden gebaut. Eine neue Straße verband die Rheingrenze mit der Donaugrenze und ermöglichte schnellere Truppenbewegungen. Kaiser Domitian schließlich richtete die beiden Provinzen Germania superior und Germania inferior ein. Mogontiacum war militärisches und administratives Zentrum von Germania superior, jedoch keine Stadt. Zu jener Zeit dominierte das Doppellegionslager auf dem Kästrich, umgeben von mehreren Canabae, Lagerdörfern. Die Siedlung zwischen Legionslager und Rhein, aus der die heutige Stadt Mainz hervorging, kann unter den Flaviern entstanden sein. Im heutigen Mainz Weisenau befand sich ein Hilfstruppenlager, in dem zeitweise wahrscheinlich auch Legionäre untergebracht waren. Auch der Brückenkopf auf der rechten Rheinseite wurde durch ein Kastell gesichert. Vermutlich gab es seit dieser Zeit auch einen Statthalterpalast (Prätorium) in Mogontiacum. Aber weder über seine Lage, noch seine Ausmaße und sein Aussehen ist etwas bekannt. Leider wurde das Legionslager komplett abgerissen, so dass nur noch Straßennamen auf dem Kästrich daran erinnern.
Im Winter 88/89 empörte sich der Statthalter Obergermaniens, Antonius Saturninus, gegen Domitian. Unter denen, die gegen den Usurpator zogen, war auch Trajan. Er führte die Legion VII Gemina aus ihrem spanischen Standort Legio (Leon) nach Germanien. Als er dort eintraf, war der Aufstand bereits unterdrückt; die niedergermanischen Legionen hatten Saturninus besiegt.
Als Kaiser Nerva im Jahr 97 Trajan adoptierte und zum Mitregenten erhob, befand sich dieser als Statthalter in Mogontiacum. Er verfügte über ein Heer: die obergermanischen Legionen und Hilfstruppen sowie die der Nachbarprovinzen, welche von seinen engen Freunden kontrolliert wurden. Als Nerva starb und Trajan Kaiser wurde, blieb er noch einige Zeit in Germanien, um die Entwicklung im Rom abzuwarten, das Heer für sich zu gewinnen sowie durch Bauten und Städtegründungen an die Maßnahmen in flavischer Zeit anzuknüpfen. Dann zog der Kaiser weiter an die Donau, ehe er sich nach Rom begab.
Im Jahr 2004 bin ich mit meiner Familie erstmals in Mainz gewesen. Beim Stadtbummel sahen wir nacheinander die wichtigsten Hinterlassenschaften aus römischer Zeit: das Theater am ehemaligen Südbahnhof, den Drususstein in der Zitadelle, das Isis- und Magna Mater-Heiligtum in der Römerpassage, die Jupitersäule, den Dativius-Victor-Bogen und das Museum für antike Schifffahrt in der Nähe des Theaters. Sehenswert ist unbedingt auch das Römisch-Germanische Zentralmuseum.
Einzig sichtbare Reste aus der Römerzeit auf dem Kästrich sind der Teil eines spätrömischen Tores und etwas Straßenbelag der Via Prätoria. Dennoch ist es ein geschichtsträchtiger Ort, der berührt. Wer von dort Richtung Taunus schaut, kann sich vielleicht vorstellen, wie das Legionslager die Gegend prägte. Die Zivilbevölkerung, die von und mit der Armee lebte, profitierte vom Ausbau der Provinz, litt aber auch unter Unruhen wie dem Saturninus-Aufstand. Wurde das Heer neu organisiert wie nach dem Bürgerkrieg im Vierkaiserjahr, hatte auch das erhebliche Auswirkungen auf das Leben in den Canabae.
Trajan hielt sich nachweislich mehr als einmal in Mogontiacum auf und kannte die germanischen Provinzen aus eigener Anschauung. Tribun, Legionslegat, Statthalter, Kaiser - eine beachtliche Entwicklung! Man kann sagen, dass die Aufenthalte in Germanien wichtige Stationen im Leben dieses Mannes waren.
Literatur:
Hans Jacobi: Mogontiacum, Das römische Mainz, Regio Verlag Mainz 1996, ISBN 3-00-001115-3
Egon Schallmayer: Traian in Germanien, Traian im Reich, darin: Traian in Obergermanien und die Folgen, Saalburg-Schriften 5, 1999, Saalburgmuseum Bad Homburg; ISBN 3-931267-04-0