Samstag, 20. Januar 2024

Er hatte mehrere Vorbilder

Das Forum Traiani war nach seiner Fertigstellung der prachtvollste öffentliche Platz im Rom der Antike. Karl Strobel kommt in seinem sehr lesenswerten Buch „Kaiser Trajan“ zu dem Schluss, dass sich Trajan zu dem Zeitpunkt, als seine Macht gefestigt war – und das war spätestens nach den siegreichen Dakerkriegen der Fall – in der Gestaltung seines Forums, seiner Siegessäule und auch allgemein an Caesar als Vorbild orientierte, während sich Hadrian „im Gegensatz dazu“ als Nachfolger des Augustus sah. Für diesen Bezug auf Augustus spricht eine Anmerkung in der Hadrian-Biografie der Historia Augusta.

Eine Bezugnahme Trajans auf Caesar ist mir in all den Jahren, in denen ich mich speziell mit der Geschichte dieses Kaisers beschäftigt habe, nicht aufgefallen. Zunächst: jeder römische Kaiser war ein Nachfolger Caesars. Der Name „Caesar“ wurde seit Augustus und Tiberius (denn erst mit Tiberius wurde der Prinzipat eine Erbmonarchie) Bestandteil des offiziellen Namens des römischen Kaisers und der Begriff „Kaiser“ ist von Caesar abgeleitet.

Der unmittelbare Erbe Caesars aber war Augustus. Mit seinem Eintritt in die Politik legte der junge Mann seinen Namen ab und übernahm den seines berühmten Verwandten, der ihn testamentarisch als Erben eingesetzt hatte. Beim Antritt und allmählichem Ausbau dieses Erbes ging Augustus sehr behutsam vor. Es ist zudem wahrscheinlich, dass er gar nicht plante, in Rom „eine Monarchie zu installieren“, wie Caesar es wohl vorhatte. Was geschah, war eine schrittweise Umgestaltung des Staates im Einvernehmen mit dem Senat – nachdem Caesars Gegner beseitigt worden waren.

Augustus inszenierte sich als „Friedenskaiser“, aber diese Bezeichnung trifft eher auf seine Innenpolitik zu. Er sorgte für eine Neuordnung und Stabilität – nach einem äußerst brutalen Bürgerkrieg. Außenpolitisch sorgten Augustus bzw. seine Feldherren für die größten Eroberungen in der Geschichte Roms.

Wer in Hadrian einen „Friedenskaiser“ nach dem Vorbild des Augustus sieht, weil er die Eroberungspolitik seines Vorgängers beendete, folgt nicht den Fakten, sondern der Propaganda. Ich glaube nicht, dass Hadrian es selbst so sah, sondern denke, dass er Augustus bewunderte – jeder verantwortungsvolle römische Kaiser kam nicht an ihm vorbei – und diese Bewunderung vermutlich betonte, um sein Verhältnis zum Senat zu verbessern. Und in diesem Verhältnis kam es wiederholt zu Krisen.

Betrachtet man die Innenpolitik Trajans und sein Verhältnis zum Senat, ist die Orientierung an der Innenpolitik des Augustus offensichtlich. Es geht um ein Verhältnis, das so gut war, dass der Senat den Kaiser auch posthum als den „Besten“ würdigte und ihn in einem Atemzug mit Augustus nannte. Der Umgang des Augustus mit dem Senat beruhte hauptsächlich auf Gesten, auf einer Atmosphäre der Freundschaft des Princeps mit den hochrangigen Senatoren. Und genauso verfuhr auch Trajan. Er wurde auf jeden Fall hervorragend beraten, und hinzukam, der er selbst ein gewisses Geschick dafür mitbrachte, seine Rolle gut zu spielen. Tiberius beispielsweise war charakterlich nicht für ein solches Rollenspiel geeignet und versagte vor allem innenpolitisch, in dem er die Erwartungen nicht erfüllte, die die Bevölkerung und die Senatoren in ihn setzten.

Augustus verabschiedete sich, als er starb, von der politischen Bühne und meinte, diejenigen, denen das Stück gefallen habe, können Beifall klatschen. Ob Trajan sich als Schauspieler fühlte, ist nicht überliefert.

In seiner Außenpolitik orientierte sich Trajan an den Flaviern, seinen unmittelbaren Vorgängern, speziell an Vespasian und Titus, die den Jüdischen Krieg persönlich leiteten. Und in dieser Tradition von Vater und Bruder stand auch Domitian. Auch diesem Kaiser war Trajan loyal ergeben gewesen, sonst hätte er dessen Herrschaft und speziell die letzten Jahre nicht überlebt. Vespasian und Titus hatten den Vater Trajans in seinem Aufstieg gefördert, er war eine Stütze der flavischen Dynastie, und in diesem Sinne wurde auch der Sohn erzogen.

Bestimmt hat Trajan den Feldherrn Caesar geschätzt und nahm ihn sich auch zum Vorbild, als er Aufzeichnungen über die Dakerkriege verfasste, die leider verloren sind. Doch er inszenierte sich nie als dessen Nachfolger. Das wäre innenpolitisch unklug gewesen. Caesar die nötige Pietät zu erweisen – schließlich zählte er zu den Staatsgöttern – und andererseits dessen Fehler zu vermeiden, das war die hohe Kunst der Diplomatie. Und diese beherrschte Trajan ebenso wie Augustus. Ob er persönlich sich Augustus besonders verbunden fühlte oder doch eher den Flaviern, ist von untergeordneter Bedeutung.

Literatur:

Karl Strobel: "Kaiser Traian. Eine Epoche der Weltgeschichte", Verlag Pustet, Regensburg 201, ISBN 978-3-7917-2172-9, S. 316, 317

Historia Augusta: Hadrianus, Artemis Verlag Zürich und München, 1976, ISBN 3 7608 3568 6

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