Blog zum historischen Roman "Im Banne des Besten" mit Informationen über die Blütezeit des Römischen Imperiums
Montag, 30. Januar 2023
Was geschah mit Parthamasiris?
Armenien war seit Augustus römisches Klientelkönigreich. Schon er hatte mit dem Gedanken gespielt, dort eine römische Provinz einzurichten, aber abschließend darauf bestanden, dass Rom den armenischen König einsetzte bzw. bestätigte. König wurde ein Verwandter des parthischen Großkönigs. Armenien war eine Art Pufferzone zwischen zwei Supermächten.
Im Zeitraum 112-113 kriselte es wieder einmal zwischen Römern und Parthern. Der armenische König Axidares war vom verstorbenen Partherkönig Pakoros eingesetzt worden, und Trajan hatte ihn akzeptiert. Der Bruder des Pakoros, Osroes oder Chosroes, setzte Axidares ab und gab dessen Bruder Parthamasiris die Herrschaft Armeniens. Damit verstieß er jedoch gegen den Vertrag. Derartige Eigenmächtigkeiten hatten auch früher schon Kriege zur Folge gehabt. .
Daraufhin wurde in Rom der Krieg erklärt. Das römische Imperium führte nur „gerechte“ Kriege, d.h. es musste einen plausiblen Grund für einen Krieg geben. Gewöhnlich wurden dem Gegner zuvor Forderungen übermittelt und eine Frist gesetzt, diese zu erfüllen. Kam es nicht zur Einigung, folgte die Kriegserklärung. Das alles war zeremoniell vorgeschrieben. In der römischen Republik gab es Priester, die Fetialen, die für die korrekten Abläufe der Diplomatie und auch des Krieges als letzten Schritt nach Scheitern der diplomatischen Bemühungen verantwortlich waren. Bei einer Kriegserklärung wurden Götter – in Rom Jupiter – als Zeugen angerufen und es mussten immer auch menschliche Zeugen anwesend sein. Die Aufgaben der Fetiales gingen auf Senat und Kaiser über, die sich jedoch immer noch an jene Regeln gebunden fühlten. Es ist überliefert, dass auch Kaiser in der Funktion der Fetiales Kriege führten. Ein römischer Kaiser regierte nicht in rechtsfreiem Raum. Und gerade von Trajan ist überliefert, dass er Gesetze und Traditionen respektierte. Ebenso hielt er sich an religiöse Vorschriften und übte sie als Priester aus. Dass er um spirituellen Beistand ersuchte, zeigt sich nicht nur auf dem Relief der Trajanssäule, wo er immer wieder Opferzeremonien leitet, sondern auch darin, dass er im Zusammenhang mit dem Partherkrieg Orakel befragte, was damals Ausdruck von Pietät (Frömmigkeit) war.
Traditionell wurde der Krieg an der Grenze erklärt, indem eine Lanze, deren Spitze mit Blut getränkt war, auf das feindliche Gebiet geschleudert wurde. Vielleicht hat diese Aufgabe ein hoher Offizier an der Grenze zu Armenien ausgeführt. Der Kaiser musste mit Einheiten seiner Garde Rom verlassen und auf dem Seeweg Richtung Antiochia aufbrechen. Zwischenstation war Athen. Osroes hat möglicherweise nicht damit gerechnet, dass es soweit kommen würde. Eine Gesandtschaft von ihm erschien in Athen vor Trajan mit dem Ziel, ihn umzustimmen. Sie hatten Geschenke bei sich (was üblich war) und baten um Frieden, forderten aber die Anerkennung des Parthamasiris als König von Armenien. Trajan reagierte deutlich mit einer Zurückweisung der Geschenke und einem Abbruch des diplomatischen Austausches. Er antwortete nicht mehr formell, sondern meinte nur, Freundschaft (Osroes hatte offenbar davon gesprochen) werde an Taten und nicht an Worten gemessen, und er würde alles Notwendige veranlassen, wenn er in Syrien sei.
Ich wundere mich darüber, dass Osroes ernsthaft an die Möglichkeit geglaubt hat, auf dieser Eskalationsstufe noch auf seinen Forderungen bestehen zu können. Es kam aber noch unglaublicher. In Antiochia, seiner Residenz, begann Trajan sofort mit den Vorbereitungen zum Feldzug. Das Heer unter dem Oberbefehl des Kaisers marschierte nach Norden, überquerte den Euphrat und konnte die armenische Stadt Arsamosata einnehmen, ohne dass es ernsthaften Widerstand gab. Weiter ging es nach Satala an der Grenze zwischen der römischen Provinz Cappadocia und Armenien. Dort kam es zu einem großen diplomatischen Treffen. Mehrere Fürsten und Könige aus dem Kaukasus und der Schwarzmeerregion erschienen dort vor Trajan, versicherten ihm ihre Loyalität und wurden von ihm entweder in ihrer Herrschaft bestätigt oder neu eingesetzt. Parthamasiris jedoch erschien nicht zu diesem Treffen. Er hatte dem Kaiser zunächst einen Brief geschrieben, den Trajan ignorierte, weil er sich darin als König bezeichnet hatte. Parthamasiris unternahm einen weiteren Versuch und bat den Kaiser in einem Schreiben, wo er den Königstitel ausließ, um die Vermittlung durch den Statthalter von Cappadocia, d.h. er wollte, dass der Statthalter von Cappadocia zu ihm kam. Trajan sandte ihm dessen Sohn. Es ging wohl um ein neues Treffen, denn Trajan war mit seinen Truppen aus Satala aufgebrochen. In Elegia in Armenien kam es dann zur Begegnung. Cassius Dio, dessen Geschichtswerk nur auszugsweise überliefert ist und der durchaus auch kritische Worte für Trajan fand, war auf Parthamasiris nicht gut zu sprechen: dieser hatte sich unangemessen verhalten.
Es begann damit, dass er zum vereinbarten Treffen mit Verspätung erschien, so dass der Kaiser auf ihn warten musste. Als er mit seinen Begleitern eintraf, empfing ihn Trajan vor seinen Soldaten, auf einem Tribunal sitzend. Ich würde das nicht einmal als Demütigung interpretieren, sondern was da geschah, musste unter Zeugen geschehen. Parthamasiris legte Trajan sein Diadem zu Füßen und wartete darauf, dass dieser es ihm wieder aufsetzen und ihn krönen würde. War ihm das Ausmaß der Krise bewusst? Kannte er den römischen Standpunkt nicht? Es wäre wohl klüger gewesen, er hätte, vielleicht vorübergehend, das Land verlassen.
Die Soldaten fingen an zu jubeln – wie bei einem Sieg – was Parthamasiris erschreckte. Er bat darum, nicht vor der Menge sprechen zu müssen, und wurde daraufhin in ein Zelt geführt, wo ihn Trajan empfing, sicher von Offizieren und Prätorianern umgeben. Dort nun sprach Parthamasiris, dass er nicht besiegt worden, sondern freiwillig in dem Glauben gekommen sei, dass man ihn gerecht behandeln und zum König krönen würde, so wie Tiridates von Nero gekrönt wurde. Trajan aber antwortete, er werde niemanden zum König von Armenien einsetzen, sondern dieses würde römische Provinz. Er erlaubte Parthamasiris, zu gehen, wohin er wolle, gab ihm aber eine bewaffnete Eskorte, um sicherzustellen, dass er nicht rebellierte. Seine parthischen Begleiter durften bei ihm bleiben, die armenischen jedoch durften ihm nicht folgen, da sie bereits römische Untertanen seien.
Kurz nach seiner Abreise wurde Parthamasiris unter ungeklärten Umständen umgebracht. Schnell verbreitete sich das Gerücht, Trajan hätte den Mord an ihm angeordnet, was der Kaiser jedoch zurückwies. Dennoch kann man ihm eine gewisse Verantwortung nicht absprechen. Allerdings hat sich Parthamasiris hochfahrend und sehr unklug verhalten. Seine Erwartungshaltung, von Trajan gekrönt zu werden, obwohl dieser es bereits offiziell abgelehnt hatte, war unrealistisch.
So, wie Cassius Dio die Ereignisse geschildert hat, verhielt sich Trajan eher besonnen und bis zu einem gewissen Grade geduldig. Man darf nicht vergessen, dass der Krieg bereits ausgebrochen war. Parthamasiris abziehen zu lassen, war sogar ausgesprochen großzügig. Ich glaube auch nicht an einen Auftragsmord, sondern an eine erneute Eskalation mit der Eskorte. Aber das ist meine private Meinung und im Grunde Spekulation.
Literatur:
Annette Nünnerich-Asmus: Traian, darin: Bellicosissimus Princeps? von Michael Alexander Speidel, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8035-2780-3n
Karl Strobel: "Kaiser Traian. Eine Epoche der Weltgeschichte", Verlag Pustet, Regensburg 201, ISBN 978-3-7917-2172-9
Cassius Dio: Epitome of Book 68
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen