Sonntag, 4. Juli 2021

Das römische Imperium unter Claudius

Im Jahr 48 ließ Claudius einen Zensus durchführen, eine Volkszählung, in der römische Bürger erfasst wurden. Das Ergebnis war beachtlich: es gab eine Million Bürger mehr als noch unter Augustus. Der Grund dafür waren Gründungen von Kolonien und Bürgerrechtsverleihungen an Provinziale. Claudius soll auch durchgesetzt haben, dass Hilfstruppensoldaten nach ihrer Entlassung aus dem Dienst das römische Bürgerrecht bekamen.

Claudius ernannte auch zahlreiche neue Senatoren und vergrößerte die Anzahl der Patrizier. Dennoch blieb das Verhältnis zwischen Kaiser und Senat etwas angespannt.

Hungersnöte versuchte der Kaiser zu lindern, indem er die die Versorgung mit Lebensmitteln effektiver organisierte. Seine Sorge für die Bevölkerung spiegelt sich auch in seinen Bauprojekten. Er ließ zwei Aquädukte fertigstellen, die unter Caligula begonnen worden waren, ein Aquädukt wurde wiederhergestellt. Besonders war Claudius an der Verbesserung der Verkehrswege gelegen. Er ließ einen neuen Hafen (portus romae) anlegen und durch einen Kanal mit dem Tiber verbinden. Der Hafen diente vorrangig der Verbesserung der Getreideversorgung der Stadt Rom. Das Hafenbecken war halbkreisförmig und von zwei Molen begrenzt, und es gab einen Leuchtturm. Dieser Hafen wurde später unter Trajan noch erweitert: es kamen ein inneres Hafenbecken und Hallen/Gebäude hinzu. Claudius gewährte den Seeleuten besondere Rechte. Er schaffte die Nahrungsmittelsteuer ab und verringerte die Steuern für Gemeinden, die von Katastrophen betroffen waren.

Claudius unternahm einen Versuch, den Fuciner See in den Abruzzen trockenzulegen und damit mehr Ackerfläche zu schaffen. Das gelang aber nicht – der See wurde erst im 19. Jahrhundert trockengelegt. Zur Regulierung des Sees ließ er einen Tunnel erbauen, der von später von Hadrian instand gesetzt wurde. Die Via Claudia zur Adria hin war ein Bauprojekt des Kaisers. Die Reliefs auf staatlichen Denkmälern zeigen Claudius in der Tradition von Augustus. Auch in seiner Religionspolitik eiferte Claudius Augustus nach. Er lehnte Huldigungen ab, die er als übertrieben ansah, und ließ sich auch nicht zu Lebzeiten als Gott verehren – Ehrungen in den Ostprovinzen waren Ausnahmen, die auch schon Augustus und Tiberius gestattet hatten.

Claudius war konservativ-altrömisch eingestellt und aktivierte alte Bräuche wieder, so wie sein Vorbild Augustus. Er ließ Astrologen vertreiben wie schon Tiberius, stattdessen förderte er die Haruspices als Wahrsager. Claudius verbot die Druiden. Auch gegenüber dem Judentum war er misstrauisch. Es lebten aber schon so viele Juden in Rom, dass Unruhen zu befürchten waren, wenn man sie zu vertreiben versuchte wie unter Tiberius. Claudius ließ ihre Versammlungen verbieten, und besonders auffällige Leute, die Unruhe stifteten, ließ er aus Rom ausweisen, wobei man nicht mehr klar unterscheiden kann, ob es sich um Juden oder Christen handelte. Streitigkeiten zwischen Juden und Griechen in Alexandria versuchte er zu schlichten. Er verlieh jüdischen Gemeinden Privilegien und dazu zählten auch die Juden in Rom.

Unter Claudius kam es wieder zu Gebietserweiterungen des römischen Reiches. Thrakien, Mauretanien, Noricum sowie Lykien und Pamphylien wurden ins Imperium eingegliedert. Judäa erhielt wieder einen König: Herodes Agrippa war in Rom aufgewachsen und ein persönlicher Freund des Kaisers. Nach dessen Tod wurde Judäa wieder römische Provinz. An der Ostgrenze des Imperiums gab es keine kriegerischen Aktivitäten. Claudius gestattete auch keinen Feldzug ins rechtsrheinische Germanien, obwohl der niedergermanische Statthalter Corbulo Ambitionen hatte.

Das bedeutendste außenpolitische Ereignis unter Claudius war die Eroberung Britanniens. Aulus Plautius setzte mit vier Legionen und zahlreichen Hilfstruppen auf die Insel über. Anlass zum Krieg waren Aufstände im Süden der Insel. Einer der Stammesfürsten hatte Rom um Hilfe gebeten. Britannien war immer auch ein Rückzugsort für Rebellen aus Gallien gewesen. Es ist auch naheliegend, dass Claudius seine Position durch einen militärischen Erfolg stärken wollte. Er kam mit Verstärkung und Kriegselefanten auf die Insel – ein enormer Aufwand! – und unterstützte seinen Feldherrn. Für die ersten Erfolge in diesem Krieg wurde Claudius ein Triumph in Rom zuerkannt. Während seiner Regierung wurde der Kaiser 27 Mal zum Imperator ausgerufen und übertraf damit fast alle anderen Caesaren. Der Krieg war damit noch nicht beendet. Erst im Jahr 49 wurde die Provinz eingerichtet. Der britische König Caractatus wurde im Jahr 51 gefangen genommen. Claudius verhielt sich gnädig und diplomatisch: der feindliche König bekam ein Landgut geschenkt, wo er sein restliches Leben verbrachte.

Vom Britannienfeldzug profitiere besonders die Provinz Gallien, wo in Vorbereitung des Krieges Straßen und Städte ausgebaut wurden. Es kam zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung.

Die Nachfolger des Claudius verhielten sich unterschiedlich. Nach den ersten Handlungen der Pietät gegenüber seinem Adoptivvater ließ es Nero bald an Respekt mangeln. Er äußerte sich abfällig und missachtete Beschlüsse des Claudius mit der Begründung, er sei irre gewesen. Ausgerechnet Nero, möchte man da einwenden. Er orientierte sich verstärkt an seiner eigenen Familie. Nero ließ sogar einen für Claudius bestimmten Tempel in eine Verteilerstation für dessen Aquädukte umwandeln. Vespasian, der unter Claudius Karriere gemacht hatte, belebte dagegen den Claudius-Kult. Die Flavier als junge Dynastie wollten an die alte julisch-claudische Dynastie anknüpfen, nur eben nicht an Nero. Später konzentrierten sich auch die Flavier auf ihre eigenen Ehrungen. Titus, Domitian und Trajan ehrten Claudius durch Münzprägungen. Trajans Vater war vielleicht unter Claudius in den Senat aufgenommen worden.

Der vierte römische Kaiser war nie für die Macht vorgesehen gewesen, und hat doch während seiner Regierungszeit einiges bewirkt. Die antiken Quellen schildern Claudius als Trottel, der von seinen Frauen und Freigelassenen beherrscht wurde. Darin kommt das schwierige Verhältnis der Oberschicht zu diesem Herrscher zum Ausdruck, der nie als Senator sozialisiert wurde.

Berühmt geworden ist der Roman von Robert von Ranke-Graves „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“. Ich habe ihn früher einmal gelesen und war damals ziemlich angetan davon. Einen erneuten Versuch habe ich schnell abgebrochen; ich finde darin vieles nicht mehr zeitgemäß. Die Beschäftigung mit Claudius fand ich etwas mühsam: mir fehlt ein persönlich motivierter Zugang und ich war nicht mit Begeisterung dabei. Aber ich habe auch Anregungen mitgenommen und vor allem der Britannien-Feldzug interessiert mich: darüber möchte ich gern mehr erfahren.

Literatur:

Ute Schall: "Claudius. Der unterschätzte Kaiser und seine Zeit", ibidem-Verlag, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-8382 1432-0

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